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Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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aus und wühlte nach ihrem Schlüssel. Er nahm ihn an sich, verließ die Wohnung und schloss hinter sich ab. Seinen eigenen Schlüssel trug er in der Hosentasche, den Ersatzschlüssel hatten sie Dennis, dem Krankengymnasten im Stock unter ihnen, gegeben. Und die Wohnungstür war solide. Anna konnte nicht entkommen.
    Auch im Treppenhaus waren die Schläge gegen die Schlafzimmertür deutlich zu vernehmen. Jan wollte nicht warten, bis Anna an der Wohnungstür stehen und ihn wieder beschimpfen würde, also lief er hinab in den Hof.
    Es regnete. Nur unter der Kastanie war der Boden noch trocken. Jan flüchtete dorthin. Hier und da lösten sich schwere Tropfen vom Blätterdach, klatschten zu Boden und verliefen sich dunkel auf den Pflastersteinen.
    Sein Hals schmerzte, er tastete ihn ab und zog schnell die Hand zurück. Bloß nicht anfassen, das war erst recht unangenehm. Auf dem Knöchel seines Zeigefingers entdeckte er einen Kratzer. Er saugte ihn aus und spuckte auf den Boden.
    Ein Nachbar kam in den Hof, sein schütteres Haar klebte am Schädel. Er stellte sich unter ein Vordach und kramte in der Innentasche seiner Jacke. Ein Kind in einem orangefarbenen Regencape trödelte in einigem Abstand hinterher. Es trat in eine Pfütze und lachte. Der Nachbar rief ungeduldig, lief wieder hinaus in den Regen, nahm das Kind an der Hand und zog es ins Haus.
    Die Kirchturmuhr schlug Mittag. Jan fand die Luft unanständig kalt. Vor einer Woche hatte er mit Chris noch draußen im Café gesessen, nun fror er trotz seines Pullis. Der Spätsommer war vorbei, der wilde Wein verfärbte sich bereits. Jan ließ seinen Blick über die Hauswand gleiten, bis hinauf zu ihrer Wohnung im vierten Stock – und stieß einen leisen Schrei aus.
    Anna saß auf dem Fenstersims des Schlafzimmers.
    Sie schaute zu den Wolken und streckte eine Hand in den Regen. Dann lehnte sie sich zur Seite und versuchte, die Regenrinne zu erreichen.
    Sie zog den Arm zurück, hob einen Fuß auf das Fensterbrett, stand auf, überkreuzte den anderen Fuß an ihrem Standbein vorbei und setzte ihn direkt neben die Kante. Jan ahnte, was sie im Sinn hatte, und tatsächlich griff sie an die Innenseite des Fensters und lehnte sich wieder hinaus zur Regenrinne, klammerte sich daran und stemmte einen Fuß dagegen. So verharrte sie etliche Sekunden.
    An der nassen Rinne konnte sie sich unmöglich mit einer Hand festhalten, um den ganzen Körper nachzuziehen. Doch so gestreckt, wie sie jetzt dastand, konnte sie wahrscheinlich ebenso wenig zurück.
    Plötzlich stieß sie sich vom Fenster ab. Für einen Moment sah es so aus, als wäre ihr der Sprung gelungen, doch sie rutschte unkontrolliert an der Rinne herab, bis sie mit den Füßen auf den wilden Wein stieß, der sich bis zum dritten Stockwerk hinaufwand – und sie abbremste.
    Sie kletterte daran hinunter, sprang den letzten Meter und drehte sich um, bereit, davonzurennen.
    Jan versperrte ihr den Weg. „Bleib hier! Ich helfe dir!“
    Mit wirrem Blick suchte sie nach einem Fluchtweg. Der Regen lief blutig über ihr Gesicht.
    Jan machte einige Schritte zur Seite, damit sie sich weniger bedroht fühlte. „Ich will dir helfen, glaub mir!“
    Sie wischte sich eine Strähne aus der Stirn. „Warum hast du das getan?“
    „ Ich wollte dich nicht verletzen, es war Notwehr, das war nicht wirklich ich.“
    Schmerz trat in ihre Augen. „Wie konntest du nur?“
    „ Mit dir stimmt etwas nicht, du benimmst dich wie eine Irre und danach kannst du dich an nichts erinnern!“
    „ Das ist Unsinn! Du bist durchgedreht, weil ich keinen Sex mit dir wollte, und hast mich eingesperrt.“ Sie machte einen Schritt auf die Ausfahrt zu.
    „ Warte, bitte!“
    Sie blieb stehen. „Jan ...“
    „ Wenn das stimmt, warum bist du aus dem Fenster gestiegen? Warum hast du nicht die Polizei gerufen?“
    „ Du hast mich verprügelt. Sieh dir an, wie mein Gesicht zugerichtet ist. Und am Hinterkopf habe ich eine Prellung. Aber sonst habe ich mich nirgends gestoßen. Das kann wirklich kein epileptischer Anfall gewesen sein.“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe und spuckte Blut aus. „Der Kommissar hätte dich wieder verhaftet.“
    Ein Streifenwagen bremste hart vor der Ausfahrt, zwei Polizisten sprangen heraus und stürmten in den Hof.
     

5. Kapitel
    Jan mochte den Herbst nicht, diese verräterische Jahreszeit. Das trübe Wetter, die sinkenden Temperaturen, die kürzeren Tage – diesen elendiglich hingezogenen Verfall des Lebens, der so

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