Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
Vom Netzwerk:
öffnen Sie mir?“, fragte Jan irritiert.
    „ Weil ich Ihnen zumindest einen Tee anbieten möchte. Und außerdem kann ich nicht schlafen.“
    Jan drückte die Tür auf und trat in einen verwilderten Garten. Es war hier heller als auf der anderen Seite der Hecke, vielleicht, weil der See das Mondlicht spiegelte. Ein Kiesweg führte zu einer verspielten Jugendstilvilla. Jan ging am matten Weiß einiger Birken vorbei und bewunderte, wie schwungvoll der runde Turm und der vergitterte Balkon und das säulengetragene Vordach ineinanderflossen, zusammengewoben durch Mosaikbänder und Blumenfresken.
    Plötzlich erstarrte er. Neben einem der schmalen Fenster im ersten Stock, in einem dunklen Winkel, hielt sich eine Frau versteckt! Sie war nackt. Und es war nicht Anna – Jan atmete tief aus und lächelte –, sondern eine Statue. Nun entdeckte er weitere Männer und Frauen aus Marmor.
    Herr Benounes öffnete die Tür, Licht fiel über einige flache Stufen. Er wartete, bis Jan herangekommen war, nickte ihm zu und trat zurück ins Innere. Jan folgte ihm.
    Die Formen des Saals waren so ausgefallen wie das Äußere der Villa, doch der Schmuck war verloren gegangen. Am Kuppeldach drehte sich eine Spirale hinauf, die früher einmal mit Mosaiken ausgelegt gewesen sein mochte, sich nun jedoch nur noch durch die hellere Farbe des Putzes abhob. Zwei Stahlbügel kreuzten sich am höchsten Punkt, bestimmt hatten sie einst als Halterung für einen Kronleuchter gedient. Und die Treppe, die von astartigen Stützen getragen frei an der Wand hinaufschwebte, konnte damals nicht mit diesem spießigen Geländer gesichert gewesen sein.
    „ Entschuldigen Sie“, sagte Jan, „erst sage ich, es ist dringend, und dann schaue ich herum und komme nicht zur Sache.“
    „ Ich freue mich, wenn dieser Ort zu Ihnen spricht, und bin gerne so lange still.“ Herr Benounes trug einen braunen Morgenmantel mit goldenen Stickereien an den Borten und angegraute Frotteepantoffeln, wie man sie in Hotels geschenkt bekam. „Welchen Tee bevorzugen Sie?“
    „ Ähm ... Darjeeling?“
    „ Wie wäre es mit einem weißen Tee? Bai Mudan? Der trinkt sich gut zur späten Stunde.“
    „ Gerne. Aber falls es nochmal klingelt, dürfen Sie niemand einfach so reinlassen.“
    Herr Benounes wiegte den Kopf. „Diese Villa gehörte zwar bedauerlicherweise während des Dritten Reichs einem General, aber er ist nicht dazu gekommen, daraus eine Festung zu machen. Ein Besucher, der mir Böses will, wird nicht klingeln. Das Grundstück ist zum See hin offen und an einer Seite hat mein Märchenwall eine Lücke, weil einige der Eiben abgestorben sind.“
    „ Und Sie haben keine Angst?“
    „ Es gehört zu meinem Beruf, Umgang mit Menschen zu pflegen, die abrupt aggressiv werden können. Ich arbeite auch im forensischen Bereich, wo ich immer wieder Kranken begegne, die getötet haben.“
    „ Anna hat voller Hass von Ihnen gesprochen.“
    „ Mir drohen Patienten ab und an, dass sie mir die Augen auskratzen werden. Und Schlimmeres.“
    „ Aber Anna hat in kurzer Folge drei Menschen angegriffen.“
    „ Bei Zweien wissen wir es mit Sicherheit.“
    „ Sie haben wirklich keine Angst?“
    „ Ein wenig schreckhaft bin ich seit dem Anruf der Polizei.“
    Jan wusste nicht, ob der spöttische Blick der Schreckhaftigkeit galt oder einem anderen Gedanken, jedenfalls blieb Herr Benounes eine Weile in diesem Ausdruck stumm verhaftet, ehe er sagte: „Jetzt mache ich uns einen Tee und wir unterhalten uns in aller Ruhe. Inschaallah.“
    „ Eine Frage hätte ich davor. Haben Sie vielleicht ein Ladegerät für mein Handy?“ Jan holte es hervor.
    „ Nein, tut mir leid. Ich habe ein anderes System.“
    Herr Benounes begleitete ihn zum angrenzenden Salon, dem das gleiche Schicksal widerfahren war wie dem Empfangssaal: Die Reliefs an den Wänden waren abgeklopft und selbst das Parkett war abgeschliffen worden, nur in der Mitte waren die Einlegearbeiten erhalten, tanzende Musikerinnen und wilde Tiere. Dem vormaligen Besitzer mochte es genügt haben, sie mit einem großen Teppich zu überdecken.
    Jan schlenderte an den Bücherregalen entlang. Romane und philosophische Werke, auf Deutsch, Englisch, Französisch und Arabisch, oftmals mit alten Leinen- oder Ledereinbänden.
    Ein Geräusch ließ ihn herumfahren. Herr Benounes bugsierte ein Tablett zu dem verschnörkelten Jugendstiltischchen im hinteren Teil des Raumes. Während er servierte, fragte er: „Sie mögen Bücher?“
    Jan kam zu ihm und

Weitere Kostenlose Bücher