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Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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die Probleme gab, die sie zu vermuten schien. Wenn sie einen Grund für ihre Sorgen geliefert bekäme und dazu das Geständnis, dass man sie lange nicht eingeweiht hatte, würde sie sich in ihrer Straße einnisten, am liebsten im selben Haus.
    So gut es ging, lenkte er sich ab. Ein Teil seiner Germanisten-Clique war aus den Sommerferien zurückgekehrt, sie trafen sich täglich, spielten Tischtennis und Beach-Volleyball, paddelten und segelten oder lagen am Ufer und lasen. Nur wenn er alleine war, beschlich ihn Unbehagen, und er schrieb düstere Gedichte, die ihn weiter beunruhigten.
    Ende September – die Uni hatte ihren Betrieb wieder aufgenommen, so dass sie ihr freies Draußenleben einschränken mussten, auch wenn das spätsommerliche Wetter anhielt – rief er bei Chris an. Es war ihm unangenehm, er wusste nicht recht, wie er es formulieren sollte, doch kaum hatte er die Möglichkeit eines Treffens zu zweit anklingen lassen, schlug sie ihm enthusiastisch vor, gleich am nächsten Tag einen Kaffee im Volkspark Friedrichshain zu trinken.
    Das Café lag zwischen zwei aus den Trümmern des Weltkrieges aufgeschütteten Hügeln. Es war ein friedlicher Nachmittag, die Bäume strahlten vor dem sattblauen Herbsthimmel, der Springbrunnen plätscherte im flachen Teich, nur gelegentlich erscholl der Ruf eines Hundebesitzers oder einer Mutter, deren Kind sich zu weit entfernt hatte.
    Chris kam ausnahmsweise fast pünktlich. Noch während sie ihr Rad anschloss, sprudelte sie los, dass sie in der Ballettschule neuerdings für eine gemeinsame Aufführung mit dem Fachbereich Artistik probten, Höhepunkt würde eine Pärcheneinlage auf einem fliegenden Bett werden, das bereits in der Tanzhalle aufgehängt worden war, so hoch, dass sie gerne die weibliche Hauptrolle übernehmen würde – da würde sie endlich einmal wieder etwas in einem Bett erleben. Aber das sei den Artistik-Schülern vorbehalten, wobei sie sich überlege, ob sie nicht wechseln solle, die Artisten seien schräger als die steifen Ballerinen und im Schnitt wesentlich männlicher. Jan lenkte das Gespräch mehrmals auf Anna, den eigentlichen Grund, weswegen er das Treffen gewünscht hatte, und Chris sprang ebenso oft zu anderen Themen weiter.
    Als Jan Anna gegenüber erwähnte, dass er sich mit Chris getroffen hatte, nickte sie nur. Das war typisch, sie nahm die Dinge zur Kenntnis, ohne eine Regung zu zeigen.
    Nach diesem beschwingten Nachmittag mit Chris fragte er sich, warum er Anna liebte. Nicht ob, nur warum. Er begehrte sie, er bewunderte ihre unbeugsame Stärke, die ihm abging – aber wo berührte sie seine Seele? Erschrocken stellte er fest, wie fern sie sich geworden waren. Nein, es war nicht die getriebene Anna der letzten Wochen und Monate, auch nicht die souveräne Anna, wie sie sich gab und selbst sah – es war das unbedachte Wesen in ihr, das in seltenen Momenten aus seinem Panzer schlüpfte und spielte. Selbst da blieb sie ein wenig ernst, nicht streng, nur angetan. Wie ein Kind, das noch ein Wunder darin erlebte, dass es mit seinen Buntstiften Tiere und Menschen zu schaffen vermochte. Er dachte daran, wie verliebt sie in ihren kleinen Wasserfall in Alaska gewesen war, an ihre Freude über das Regal, das sie aus Fundstücken gebastelt hatten, an ihr Staunen, dass es ihr gelungen war, ihm zu seinem Geburtstag eine solche Überraschung zu bereiten. Diese innige, unabgeklärte Beziehung zur Welt, die sie sich manchmal erlaubte, oder besser: die ihr manchmal geschah, wenn sie sich nicht dagegen sträubte, das liebte er an ihr über alles.
    Anfang Oktober lud er Anna in ein modernes Ballett ein, Caravaggio im Schillertheater. Während der Bauarbeiten an der Staatsoper waren die Vorstellungen dorthin ausgelagert worden, und obwohl diesem muffigen 50er-Jahre-Bau der Charme fehlte, hatte Jan nach der exzellenten Pressekritik Karten gekauft. Tatsächlich begeisterte ihn die Inszenierung. Der Renaissancemaler erstand zu unheimlichem Leben, in tanzenden Bildern voller Gewalt, die Figuren glitten aus dem goldenen Rahmen, der bühnenbreit an der Rückwand schwebte, spiegelten sich, verschmolzen vielgliedrig, trennten sich wieder und durchschnitten sich die Kehle mit blitzenden Dolchen. Anna sagte in der Pause kaum ein Wort und wurde während der zweiten Hälfte immer unruhiger, ballte die Hände zur Faust und zitterte schließlich so heftig, dass Jan sie nach draußen brachte.
    Sie sei wohl krank, entschuldigte sie sich. Er legte ihr die Hand auf die Stirn, sie

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