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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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und behauptet, dein Handy wäre geklaut worden. Weiß der Himmel, was du vertuschen wolltest!«
    »Ich wollte nichts vertuschen, ich …«
    »Hill & valley vermutet, dass du mit Müller gemeinsame Sache gemacht hast.«
    »Wie bitte?«
    »Du hast mich schon verstanden.«
    »Nein, Herbert, ich habe mit diesem Mann nichts zu schaffen.«
    »Markus sagt, es gäbe kompromittierende Fotos von dir und diesem Heini.«
    »Und woher will er wissen, wer dieser Heini ist?«
    »Sein Namen stand hintendrauf.«
    »Okay, ich kannte Müller, er trainierte im selben Fitnessstudio wie ich, aber …«
    »Wo steckst du?«
    Die Frage bringt mich aus dem Konzept. »Das kann ich dir nicht sagen, Herbert.« Der Kloß in meinem Hals wird immer größer. »Ich war nicht in dem Wagen«, schluchze ich.
    »Was?«
    »Ich war nicht in dem Wagen, Herbert!«
    »Und wie kommt dein Handy in die Karre?«
    »Man hat es mir gestohlen, wirklich.«
    »Und dein Mondeo? Hat man den auch gestohlen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Sie haben deinen Wagen gefunden, in Windeck, am Bahnhof. Mit dem Equipment einer Friedhofsgärtnerei im Kofferraum.«
    »Aber Herbert, ich … Ich wollte …«
    »Zum Teufel, Jojo! Warum hast du nicht rechtzeitig Bescheid gesagt? Warum hast du mir mein Honorar ausgezahlt, statt eure Hypothek zu bedienen? Ich kriege Rente, ich hätt’s verschmerzen können!«
    Scheiße, es läuft wirklich alles schief! Woher zum Teufel weiß Herbert auf einmal, dass wir Schwierigkeiten haben, unser Haus abzubezahlen? Hat Markus ihm das in seiner Wut gesteckt? Und was hat das verdammt noch mal mit dieser Geschichte zu tun?
    Herbert beschließt offenbar, seine Strategie zu wechseln. Unvermittelt ist sein Ton samtweich. »Komm zu mir und pack aus, Jojo! Dann gehen wir gemeinsam zur Polizei. Ich lass dich nicht im Stich, egal, was du getan hast, hörst du?«
    »Was soll ich denn getan haben, verdammt?«
    »Wenn der Kerl dich bedroht hat, wenn du dir nicht anders zu helfen wusstest …«
    »Ich habe niemanden umgebracht!«, schreie ich. »Und ich weiß nicht, wo der Kerl steckt. Wenn du meinst, ich habe ihn abgemurkst, dann zeig mir seine Leiche!«

18
    Es gibt gewisse Bekanntschaften, von denen man auf der Stelle genug hat.
    Honoré de Balzac

    »Entschuldigung, wenn ich Sie erschreckt habe«, sage ich zu der Verkäuferin, als ich mit den Jeans, drei Sweatshirts und einer Schiebermütze unterm Arm die Umkleide verlasse. »Wir proben für einen Krimi, und ein Kollege hat Probleme mit seiner Rolle. Ich hatte ihn gerade am Handy.«
    »Sind Sie Schauspielerin?« In ihren Augen glimmt Neugier auf. Ich nicke bescheiden.
    »Im Fernsehen?«
    »Ja, hin und wieder auch fürs Fernsehen.«
    »Wie heißen Sie denn?«
    »Monika Zerres«, antworte ich, ohne nachzudenken.
    »Oh, ich wusste doch, dass ich sie irgendwoher kenne!«, frohlockt die Dame. »Bestimmt habe ich sie schon in allen möglichen Filmen gesehen!«
    Ich gebe ihr ein Autogramm und verlasse den Laden mit einer neuen, fluchttauglichen Garderobe.
    Du kannst mich mal, Herbert!

    Wenn die Sache so einfach wäre. Kaum sitze ich im Wagen, steht mir der Schweiß auf der Stirn.
    Sie haben mein Smartphone in Toms Audi gefunden, und sicher werden sie genügend Fussel von mir vom Beifahrersitz pulen.
    Das Video, das Waskovic mir geschickt hat …
    Die Fotos von Thomas Müller. Wasserwellen-Tom. Und von mir. Jener Abend, den ich am liebsten komplett aus meinem Gedächtnis gestrichen hätte; doch was man zwanghaft zu vergessen versucht, bleibt einem ja meist besonders gründlich im Gedächtnis haften.

    Die Dienstagsrunde. Seit ungefähr eineinhalb Jahren trainierten wir zusammen im Fitnessstudio. Wir vier, das waren Heidi und Hans, ein Pärchen Ende 30, das sich einmal pro Woche einen Babysitter gönnte, und Tom, ein netter, unaufdringlicher Kerl, der sonst keine Verpflichtungen zu haben schien.
    Wir trainierten nicht wirklich gemeinsam, aber immer zur selben Zeit, und nach dem Training saßen wir noch eine Weile an der Saftbar zusammen. Es waren diese anfangs eher spontanen, zufälligen Treffen an der Bar, die uns irgendwie vereinten und bald zu einem festen Ritual wurden. Erst Sport, dann Saftbar. Jeden Dienstag.
    Ich kannte weder die Nachnamen der anderen noch wusste ich, wo sie wohnten oder was sie beruflich machten. Das war ja das Angenehme: Wir hockten einfach zusammen und quatschten über Gott und die Welt, doch nicht über uns selbst. Manchmal saßen noch andere dabei, manchmal nicht. Alles war völlig offen.
    An

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