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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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Schorle entgegen und nippte daran.
    Zwischen den Schlucken sprach sie weiter. »Und alles nur für Undurchdringliche Wildnis, Brad. Der Mann sagt, er wird Joffrey in die U . W. lassen, wenn er dieses Maschinenteil für ihn macht.«
    »Ach wirklich? Er will ihn … reinlassen? Einfach so?«
    »Ja, wirklich. Aber wie ist das möglich? Es ist nicht möglich. Brad, du als alter Freund. Du und Betsy« – Betsy war Mrs. Wigman, eine triathlonbegeisterte Mutter von fünf Kindern und Mitglied des Schulaufsichtsrats; sie war Desdemona schon immer gegen den Strich gegangen –, »ihr wart immer so freundlich. Seit ich in Amerika bin. Ich bitte dich. Bitte mach, dass Joffrey diesen Wahnsinn mit der Undurchdringlichen Wildnis aufhört. Es schadet dem Geschäft. Es schadet dem Quintett. Es schadet mir.« Sie schielte aus dem Augenwinkel nach ihm, um zu überprüfen, ob ihre Geschichte auch ins beabsichtigte Ziel traf.

    Wigman wirkte abwesend, er kaute auf der Unterlippe. Als er merkte, dass sie ihre Bitte fertig vorgetragen hatte, zuckte er zusammen. »Oh«, sagte er. »Oh, ja. Also das ist klar.« Er rückte seine Krawatte gerade und schob den Knoten dichter an den Hals. »Weißt du, ich hab zu ihm gesagt: Lass diesen Quatsch mit der Undurchdringlichen Wildnis. Hab’s ihm oft genug gesagt. Aber es klingt nicht so, als hätte er mir groß zugehört. Ich mach dir einen Vorschlag, Dessie. Wie wäre es, wenn ich mal auf einen Sprung in die Fabrik käme und einen kleinen Plausch mit deinem Mann halten würde? Glaubst du, das würde ihn wieder ein bisschen auf Kurs bringen?
    Desdemona verzog den Mund zu einem breiten Lächeln, sodass ihr einer Goldzahn zu sehen war. »Ja, ganz bestimmt.«
    »Gut, gut. Ich werde das gleich in die Wege leiten. Unter uns gesagt, Dessie, wir kriegen das schon hin. Dein Mann ist schneller wieder normal, als du Umweltschutzgesetzeslücke sagen kannst.«
    »Umweltschutzgesetzeslücke«, sagte Desdemona verschmitzt.
    Wigman lächelte. »Siehst du. So ist es recht. Komm, ich bring dich noch zur Tür.«
    Sie schlenderten durch die Messingtüren in die Lobby. Wigman hatte beim Gehen die Hand auf Desdemonas Schulter gelegt. Als sie vor dem Schreibtisch seiner Sekretärin ankamen, sagte Wigman: »Hallo, mein Goldstück, machen Sie mir doch bitte mal einen Termin für eine kleine Stippvisite zur Fabrik des Maschinenteiltitans, so schnell Sie es deichseln können.« Er zwinkerte Desdemona zu.
    »Aber sicher, Mr. Wigman«, sagte die Sekretärin und begann, mit einem rosa lackierten Fingernagel auf die Computermaus einzustechen, um sich durch den Kalender ihres Chefs zu klicken. Unterdessen tätschelte Wigman Desdemona den Rücken.
    »Also, Dessie«, sagte er. »Du fährst jetzt zurück in euer kleines Waisenhaus und entspannst dich. Nimm dir diesen Unsinn nicht zu sehr zu Herzen. Das haben wir in null Komma nichts wieder in Ordnung gebracht.«
    »Brad«, sagte Desdemona mit einem Seitenblick auf die Sekretärin, um zu sehen, ob sie auch die vertrauliche Anrede mit dem Vornamen bemerkt hatte. »Bradley. Das ist so lieb. So nett von dir. Du bist wirklich ein wahrer Freund. Wenn irgendjemand ihn wieder auf wichtige Dinge lenken kann, nämlich auf Maschinenteile, dann du.«
    »Und genau das werden wir auch tun.« Er tätschelte sie erneut. »Und jetzt geh nur, Dessie. Wir sehen dich bald wieder.«
    Desdemona lächelte schüchtern, hauchte ein weiteres Danke und lief dann zum Aufzug. Wigman blickte ihr nach. Sobald sie hinter der Lifttür verschwunden war, legte er die Hand auf sein markantes Kinn und strich geistesabwesend über die frisch rasierte Haut. Durch die Glasfront, aus der die westliche Wand der Lobby bestand, betrachtete er den dichten Wald hinter den Scheiben auf eine völlig neue Art und Weise. Das war ihm früher einfach nicht in den Sinn gekommen. Jetzt aber bekam die grüne Mauer eine ganz neue – wie hatte Desdemona es genannt? – Jackist . Sie zog ihn an. Zog ihn an wie noch nie zuvor.
    »Am Mittwoch könnten Sie, Mr. Wigman«, sagte die Sekretärin und riss ihn aus seinen Gedanken.
    »Mittwoch. Wunderbar. Tragen Sie es ein.« Damit drehte er sich um und ging zurück durch die prunkvolle Messingtür.

    Was Wigman nicht wusste: Am Saum des grünen Waldes, eingehüllt von Schnee, lag ein merkwürdiges Band, das niemand, der aus der Außenwelt stammte, durchdringen konnte. Genau dort saßen Elsie und Rachel Mehlberg nun fest, zusammen mit sechsunddreißig Kindern, mehreren Dutzend streunender Hunden

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