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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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und Katzen und einem alten blinden Mann mit Holzaugen. Zwei Tage waren vergangen, seit sie ins Niemandsland der Peripherie gekommen waren, und während die anderen Kinder sich hier zu Hause fühlten und ihr Leben genossen, waren Elsie und Rachel seltsam unzufrieden. Allein schon, weil in wenigen Tagen ihre Eltern aus Istanbul zurückkehren würden, hoffentlich mit ihrem Bruder im Schlepptau. Kaum auszumalen, wie traurig die Mehlbergs wären, wenn sie bei ihrer Rückkehr entdeckten, dass sie bei dem Versuch, ein Kind wiederzufinden, die anderen beiden verloren hatten. Deshalb war es von allergrößter Wichtigkeit, dass Elsie und Rachel da wären, sonst würden ihre Eltern zweifellos vor Kummer sterben.
    Allerdings sah es nicht so aus, als könnten sie etwas dagegen unternehmen. Der Zauber der Peripherie war eindeutig sehr stark – warum sonst sollten diese ganzen Kinder und Hunde und Katzen hier festsitzen? Zudem hatte Elsie plötzlich ganz stark das Gefühl, dass ihr Bruder gar nicht in Istanbul war. Diese Ahnung hatte sie vorher schon einmal gehabt, als sie Curtis ’ Schulkameradin im Herbst auf dem Kürbisfeld getroffen hatte. Jetzt, mit dem Wald und seiner verzauberten Grenze, schien das alles ein gemeinsames Bild zu ergeben.
    Dennoch fügten die Schwestern sich in den Alltag der anderen Kinder ein und suchten sich eigene Aufgaben, um ihren Beitrag zu der Gemeinschaft zu leisten, in der sie unfreiwillig gelandet waren.
    Trotz anfänglichen Widerstands stellte Rachel fest, dass das Zerkleinern und Stapeln von Feuerholz einen Bereich ihres Gehirns ansprach, der sich nach Struktur sehnte. Das Hacken linderte Frustrationsgefühle, und das Aufschichten der Scheite kam ihr vor wie ein raffiniertes Tetris-Spiel. Elsie war noch zu jung für schwere körperliche Arbeit, weshalb sie das Flicken von Kleidern übernahm. Außerdem probierte sie, ihre Unerschrockene Tina durch eine möglichst naturgetreue Nachbildung aus ein paar Stöckchen und einer Handvoll Moos zu ersetzen. Kaum war diese fertig, wurde sie von den jüngeren Mädchen (und ein paar Jungen) darum beneidet, sodass Elsie einiges zu tun hatte, um die Nachfrage ihrer Kundschaft nach dem Waldspielzeug zu befriedigen.

    Abends versammelten sich die Kinder immer auf dem Fußboden des Wohnzimmers, wo ein fröhliches Feuer im Kamin prasselte. Dann ließ sich Carol auf dem wackligen Schaukelstuhl nieder, und alle quetschten sich um ihn herum, wo sie Platz fanden. Seine unvermeidliche Pfeife paffend erzählte Carol auf Wunsch gern aus seiner Zeit in der Undurchdringlichen Wildnis – »dem Wald«, wie er sie nannte –, und die Kinder lauschten hingerissen den faszinierenden Geschichten über sprechende Tiere, im Einklang mit der Natur lebende Mystiker und das Kommen und Gehen von Königen und Vogelprinzen und Gouverneurregenten. In allen Erzählungen allerdings wich er der Frage aus, wie er eigentlich in der Peripherie gelandet war und was genau er getan hatte, das die Bewohner des Waldes so verärgert hatte, dass sie ihn in diese seltsame Zwischenwelt verbannt hatten.
    Wenn die Jüngeren langsam müde wurden, schlurften die Kinder in ihre Betten. Alle fanden einen einigermaßen bequemen Schlafplatz, obwohl mittlerweile jeder verfügbare Winkel mit kleinen Lagern aus Fellen ausgelegt war. Anfangs hatten die wenigen Schlafzimmer noch ausgereicht, dann wurde der Dachboden dazugenommen, und über kurz oder lang war auch der voll gewesen, sodass seitdem für die stetig wachsende Anzahl von Kindern überall im Haus Schlafgelegenheiten aufgebaut worden waren. Wobei eben nur ihre Anzahl wuchs. Das war einer der Vorteile des Zeitstillstands in der Peripherie – die Kleinen, deren Schlafplatz zum Beispiel leicht in einen Wandschrank passte, wurden niemals zu groß dafür.
    Und so ging ein Tag in den anderen über, und genauso würden sie auch weiterhin verstreichen. Zumindest stellten Elsie und Rachel sich das so vor. Das heißt, bis sie etwas sehr Seltsames entdeckten, etwas, das sie im ersten Moment nicht ganz begreifen oder erklären konnten.
    Es geschah eines Nachmittags. Das Feuerholz war aufgestapelt und das Putzen erledigt. Die meisten Kinder freuten sich auf ein paar Stunden ohne Hausarbeit und waren damit beschäftigt, im verschneiten Garten ein Feld für Himmel und Hölle aufzuzeichnen. Elsie und Rachel saßen auf der Veranda und sahen zu, als sie Michael und Cynthia entdeckten, die gerade losziehen wollten, um ein paar Fallen aufzustellen. Rachel fragte, was sie

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