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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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anderen Seite.« Das kam von Elsie.
    Michael hatte die meiste Zeit geschwiegen. Auch er stopfte sich Tabak in die Pfeife. Schließlich sagte er: »Was stand da? War irgendwas drauf?«
    Rachel nickte, denn sie hatte sich die eingeritzten Zeichen eingeprägt. »Ein Pfeil, und ein Bild von einem Vogel.«
    Carol atmete geräuschvoll aus. Es klang wie »Huuu!«
    Alle Kinder sahen ihn an.
    »Das könnte ungefähr stimmen«, sagte er. Endlich steckte er die Pfeife in den Mund und nahm nachdenklich einen langen Zug. »Ein Wegweiser. Zeigt Richtung Vogelfürstentum, wenn ich mich recht entsinne.«
    Michael blickte den alten Mann gespannt an, und Cynthia ließ den Löffel fallen, mit dem sie Milch in ihren Tee rührte.
    »Sieht aus, als hätte ihr beiden einen Weg aus der Peripheriefalle gefunden«, sagte Carol. »Eine Lücke vielleicht. Könnt ihr euch an irgendetwas Ungewöhnliches unterwegs erinnern? Etwas, das aussah wie ein Durchgang oder etwas in der Art? Ich hab schon mal von so was gehört. Risse oder Löcher. Aber ich selbst hab nie einen erlebt.«
    »Eigentlich nicht«, sagte Elsie. »Ich meine, an so was würde ich mich bestimmt erinnern. Ich glaube nicht, dass ich genau denselben Weg wieder zurückgegangen bin. Ich hatte zwar Efeu an die Bäume gebunden, aber trotzdem war es nicht Schritt für Schritt die gleiche Strecke, als ich Rachel die Straße gezeigt habe.«
    Rachel nickte zur Bestätigung. Geistesabwesend klopfte sie mit dem Finger auf das gelbe Etikett an ihrem Ohr.
    »Tja«, sagte Carol nach einer langen Pause. »Wir werden uns eure Straße wohl mal ansehen müssen.«
    Michael wirkte erschrocken. »Es könnte aber ein langer Weg sein, Carol. Bist du sicher, dass du das schaffst?«
    Carol winkte freundlich ab in die Richtung, aus der die Stimme des Jungen kam. »Das wird schon gehen. Außerdem könnte ich einen kleinen Spaziergang ganz gut gebrauchen. Ich hocke schon ein bisschen zu lange hier auf meinen alten Knochen.« Erneut zog er an der Pfeife. Das Scheppern von Geschirr im Spülbecken hatte aufgehört, alle Kinder hatten sich in ihre Betten zurückgezogen. Das Kerzenlicht spiegelte sich in den aufgemalten Pupillen von Carols Augen. »Jetzt ist es dunkel«, sagte er. »Am besten brechen wir beim ersten Tageslicht auf. Die Kleinen weihen wir mal lieber nicht ein, nicht, dass sie sich falsche Hoffnungen machen. Könnte nur eine optische Täuschung gewesen sein, ein besonders ausgetretener Wildwechsel durch die Peripherie vielleicht. Das ist nicht böse gemeint, Mädchen, in diesem Wald kann man leicht mal durcheinanderkommen. Die haben hier so einige Tricks.« Er klopfte die Pfeife gegen seine Latzhose, und die Asche rieselte zu Boden. »Könnte aber auch sein, dass es unser Weg hier raus ist.«
    Michael beäugte die beiden Schwestern, während er rauchte. Cynthia rührte in ihrem Tee. Carol rieb seinen Stiefelabsatz in dem Aschehäufchen, das er gemacht hatte. »Könnte sein«, wiederholte er.

NEUNZEHN
    Sir Timothys Abschied ins Jenseits
    D ie Maulwürfe scheuten weder Kosten noch Mühen bei der Beerdigung des Hochmeisters Sir Timothy Mole. In der Galarüstung seines Großvaters wurde er auf einer mit den grünsten Flechten ausgelegten Bahre von der Festung weggetragen. Die Stadtbewohner säumten die verschlungenen Straßen, um die Prozession vorbeiziehen zu sehen. Klagerufe erfüllten die Luft, so dankbar war man Sir Timothy und seinen tapferen Rittern, den Tyrannen Dennis vertrieben zu haben. Der verbüßte nun im tiefsten Verlies des Kerkers von Fanggg eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Eine winzige Blaskapelle führte den Zug an. Sie spielte eine beschwingte Fanfare, die für Curtis ’ Ohren gleichzeitig fröhlich und herzzerreißend klang. Er und Prue beobachteten das Geschehen von dem offenen Platz außerhalb der Stadtmauern aus.
    Die Prozession folgte einem ausgetretenen Pfad in einen Teil der Höhle, den Curtis bisher nicht gesehen hatte. Etwa zehn Meter von der Stadtmauer entfernt befand sich ein großer See, der von einem stetigen Tropfen von der nicht erkennbaren Höhlendecke gespeist wurde. Curtis begriff, dass das wohl der See sein musste, der den Maulwürfen als Zeiteinteilung diente, wenn sie sagten: »vor soundso vielen Entleerungen und Wiederauffüllungen des großen Sees«.



Junge und Alte hatten vom Stadttor bis zum Ufer ein Spalier gebildet. Als der Zug schließlich am Wasser eintraf, sprach die Schwester des Verstorbenen, die Sibylle Gwendolyn, noch ein paar Worte, ehe die

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