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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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auf einen der Stühle zu setzen, doch Unthanks Eingeständnis hielt ihn abrupt davon ab. »Was soll das heißen, nah dran?«
    »Das ist eine fabelhafte Arbeit, das kann ich Ihnen sagen. Ein absolut einzigartiges Stück. Meiner Ansicht nach sollte der Konstrukteur, der sich das augedacht hat, den Nobelpreis oder so was bekommen. Ich meine, es ist einfach so gut.« Selbst Unthank war bewusst, dass er Zeit schindete.
    »Hören Sie, Mr. Unthank: Entweder Sie haben das Zahnrad oder nicht. Also?«
    »Ich habe es nicht.« Das plötzliche Bekenntnis fühlte sich merkwürdig gut an.
    »Und warum nicht?«
    »Ich brauche mehr Zeit.«
    »Mehr Zeit?« Rogers Gesicht war beträchtlich röter geworden. Sein gepflegter Bart zuckte am Kinn. »Wir haben nicht mehr Zeit .«
    »Ein Teil von solcher Komplexität – ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Konkurrenten mehr Glück haben.«
    »Meine Konkurrenten sind tot.«
    Unthank schluckte einmal ziemlich laut. »Aha«, röchelte er.
    »Aber ich kann mich nicht darauf verlassen, dass nicht andere an ihrer Stelle auftauchen werden. Es muss jetzt geschehen, Mr. Unthank. Sonst muss ich mir einen anderen Mechaniker suchen.«
    Von diesem eigenartigen und rachsüchtigen Mann gefeuert zu werden, schien sehr ernste Folgen nach sich zu ziehen. »Das wird nicht nötig sein, glaube ich. Ich …«
    Seine gestammelte Gegenrede wurde von einem lauten Klopfen an der Tür unterbrochen. Unthank lächelte Roger verlegen an und rief: »Was gibt’s denn?«
    »Joffrey, mein Lieber.« Es war Desdemona. »Mr. Wigman möchte dich sprechen.«
    Roger zog eine Augenbraue hoch. Joffrey spürte Schweißtropfen auf seiner Stirn entstehen. »Sag ihm …« Ein unangekündigter Besuch vom Cheftitanen? Das roch nach Ärger für den gestressten Unthank. »Sag ihm, ich hab zu tun.«
    Ein weiteres Klopfen ertönte, jetzt um einiges lauter, als käme es von einem viel größeren Menschen als der schlanken Desdemona Mudrak. »Maschinenteile!«, donnerte eine Männerstimme. Das Wort jagte Unthank einen ängstlichen Schauer über den Rücken. Es war Brad Wigman persönlich.
    »Schnell!«, zischte Unthank. »In den Wandschrank!«
    Roger sah ihn beleidigt an. »Warum um alles in der Welt …«
    Aber Unthank schob ihn bereits auf eine Tür gegenüber dem Schreibtisch zu.
    »Unthank, ich kann Sie da drin hören«, bellte Wigman. »Was ist los?« Er rüttelte an der Klinke, doch Joffrey hatte die Tür hinter Roger wieder abgeschlossen. »Verdammt, Mann. Lassen Sie mich rein.«
    Unthank bemühte sich, Rogers gemurmelte Einwände zu beschwichtigen, während er ihn zum Schrank brachte. »Glauben Sie mir«, sagte er. »Es ist besser, wenn er nicht von Ihnen erfährt.« Endlich gab der Mann mit dem Kneifer nach und ließ sich von Joffrey in den Schrank stecken, zwischen Tintenpatronenschachteln und Limonadenkästen.
    Genau in dem Moment flog die Tür auf. Desdemona hatte auf Wigmans Geheiß den Ersatzschlüssel geholt und aufgesperrt. Als Unthank sich umdrehte, war der Türrahmen beinahe vollständig von der breitschultrigen Gestalt Brad Wigmans, dem Cheftitan, ausgefüllt.
    »Hallo, Mr. Wigman«, quiekte Unthank.
    Wigman suchte misstrauisch den Raum ab. »Was geht hier vor? Warum hat das so lange gedauert?«
    »Ich bitte um Verzeihung. Die Tür klemmt gern mal. Wollte ich schon ewig reparieren.« An dieser Stelle tat Joffrey, als würde er die Klinke einer sorgfältigen Inspektion unterziehen. »Ts, ts«, machte er. »Was die einem heutzutage …«
    Doch seine billige Ausrede wurde unterbrochen, denn Wigman stapfte geradewegs auf ihn zu, wie er es oft zu tun pflegte, und stellte sich so dicht vor Unthank, dass der das Lieblingsmundwasser des Cheftitanen riechen konnte: Frischer Zimtzweig. »Lassen Sie den Mist, Maschinenteile«, sagte Wigman. »Was treiben Sie hier?«
    Eine Zeit lang blieben die beiden so stehen, Nase an Nase – besser gesagt eher Nase an Hemdkragen, da Unthank seinem Chef nur bis zur Schulter reichte. Die Schweißtröpfchen auf Joffreys Stirn verwandelten sich in ausgewachsene Tropfen und rannen ihm seitlich am Gesicht herab. Wigman beobachtete einen davon auf seinem Weg vom Haaransatz zum Kinn. Unthank konnte nur krampfhaft lächeln.
    »Nur, also, äh, arbeiten«, quetschte Joffrey mühsam heraus.
    »Woran arbeiten Sie denn gerade, Maschinenteile?«
    »Ach, Sie wissen schon, dies und das. Maschinenteile herstellen eben.«
    »Was für Maschinenteile genau?«
    »Muttern«, erwiderte Unthank. »Schrauben.

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