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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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wirklich notwendig?« Erneut nahm er einen Schluck Limo und blickte durch die Fensterfront gegenüber dem Sofa. Er befand sich im obersten Stockwerk eines sehr hohen Turms, aus dem man eine weite Landschaft von Schornsteinen, Lagerhäusern und Chemietanks überblickte. Eine dicke Dunstschicht hatte sich wie eine Art durchsichtiger Schleier über die Aussicht gelegt und verlieh der Welt etwas beinahe Traumartiges. Man konnte sich vorstellen, dass diese Landschaft sich endlos in die Ferne erstreckte, doch in Wirklichkeit endete sie abrupt an einer hohen grünen Mauer am Rande des Sichtfelds. Dem Mann zog sich der Magen zusammen. Auch wenn er diesen Anblick jeden Tag sah, versetzte er ihm immer wieder einen Stich.
    Ein Kling! ertönte, und die Aufzugtür auf der gegenüberliegenden Seite des Raums öffnete sich und spuckte einen stämmigen Mann im grauen Overall aus. Er ging zu einem runden Schreibtisch in der Mitte des Zimmers (das einzige Hindernis zwischen dem Sofa und der massiven bronzenen Flügeltür gegenüber) und schrieb seinen Namen auf ein Papier, das ihm die Sekretärin reichte. Danach setzte er sich auf einen der Stühle neben dem Sofa, auf dem der andere Mann schon wartete.
    »Unthank«, grüßte der stämmige Mann.
    »Higgs«, erwiderte Unthank vom Sofa.
    Danach schwiegen beide. Higgs nahm sich die Ausgabe von Moderner Bergbau und blätterte durch die Seiten. Er roch nach Asphalt. Unthank nippte an seiner Lemony Zip.
    Kling! Zwei weitere Männer kamen herein. Sie waren beide sehr, sehr groß. Man hätte sie wohl als »gertenschlank« beschreiben können, dachte Unthank sich. Einer trug einen weißen Kittel, der andere war in einen ausgebeulten gelben Schutzanzug gehüllt. Auch sie schrieben ihren Namen auf den Zettel der Sekretärin und nahmen bei Unthank und Higgs Platz.
    Die vier Männer nickten einander zu und begrüßten sich mit einer Litanei von Nachnamen: »Higgs.« »Tumson.« »Unthank.« »Tumson.« »Dubek.« »Higgs.« »Unthank.« »Dubek.« Dubek war der im Schutzanzug, Tumson der mit dem Kittel.
    Daraufhin trank Joffrey Unthank einen weiteren Schluck Limonade und starrte wieder aus dem Fenster auf den dunkelgrünen Fleck Wald in der Ferne. Er ärgerte ihn nach wie vor. Mit einer leichten Drehung des Handgelenks sah er rasch auf die Uhr, es war schon fast Viertel vor zehn. Desdemona hatte er gesagt, er wäre um elf zurück. Er warf einen Blick auf die riesige messingfarbene Tür gegenüber. Quer über den Spalt zwischen den beiden Flügeln verlief ein in Bronze gegossenes Relief eines massigen Frachtkahns, und Unthank überlegte kurz, was es wohl gekostet haben mochte. Im gleichen Moment öffnete sich der Spalt, das Schiff teilte sich in der Mitte, und die Tür ging auf. Ein großer, muskelbepackter Mann in einem eng sitzenden dreiteiligen Anzug stolzierte in den Raum.
    »Meine Herren!«, dröhnte er. Flankiert wurde er von zwei extrem breitschultrigen Kerlen mit braunen Strickmützen.
    Die vier Männer auf den diversen Stühlen und Sofas standen allesamt gleichzeitig auf. Dabei kullerte Joffreys Hut auf den Boden, und er bückte sich unbeholfen danach. Als er sich wieder aufrichtete, bemerkte er, dass er immer noch die Limoflasche in der Hand hielt, und stellte sie auf dem Couchtisch ab. Der Mann in dem Anzug beobachtete das Ganze leicht amüsiert. »Guten Tag, Mr. Wigman«, sagte Joffrey.
    »Bitte«, meinte Wigman, »kommen Sie doch herein.«
    Opulent war das einzige Wort, das den riesigen Raum hinter der Flügeltür beschrieb. Eine Wand bestand komplett aus Fenstern, die anderen waren mit unterschiedlichen, mannshohen Werbeplakaten für die Reederei Wigman Shipping bedeckt. Unterbrochen wurden die Plakate hier und da von gerahmten Zeitschriften-Titelblättern, auf denen Mr. Wigman breit lächelnd unter Überschriften wie »Industrieller des Jahres!« und »Die Welt tanzt nach Wigmans Pfeife!« abgebildet war. Niedrige Säulen aus glänzendem Metall schufen eine Art Hindernisparcours im gesamten Zimmer. Darauf standen Pokale, die dem großartigen Industriellen verliehen worden waren, neben einigen antik aussehenden Kunstwerken, die sicherlich nicht auf rechtmäßige Art und Weise erworben worden waren, wie Joffrey annahm. Die Mitte des Raumes nahm ein sehr langer Konferenztisch ein, der ganz offensichtlich aus einem riesigen uralten Baum gefertigt war, denn die auf Hochglanz polierte Platte wies die knorrige Maserung des Stamms auf.
    Die vier Männer warteten auf Anweisungen. Mr. Wigman

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