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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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auch rechtmäßig erworben. Wenn wir genug Geld zusammengekratzt haben, kommt ein Buchhändler vorbei, und wir können uns neuen Lesestoff anschaffen.« Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Ist allerdings schon ein bisschen her, dass wir Nachschub bekommen haben. Harte Zeiten für jeden, selbst für Bibliothekare.« Er riss sich aus seinen Gedanken und wandte sich zurück an Prue. »Suchst du was Bestimmtes?«

    »Nein, nein, ich sehe mich nur um.« Sie schlenderte zu den Regalen und inspizierte die Buchrücken. Immer schon, seit sie ein kleines Kind war, hatte sie sich in Büchereien extrem wohlgefühlt, und auch wenn diese hier keine große Ähnlichkeit mit denen hatte, die Prue bisher kannte, weckte sie doch ein Gefühl von Trost in ihr. Die Bücher waren unterschiedlich eingeräumt, manche lagen aufeinandergestapelt, andere standen ordentlich in einer Reihe. Manche wirkten mit hellen Buchstaben auf glänzenden Taschenbuchumschlägen ziemlich neu, andere so, als hätten sie schon Generationen von Lesern überlebt, weshalb ihre Ledereinbände bis auf die darunter sichtbar gewordenen hölzernen Deckel abgewetzt waren. Prue las die Titel und stellte fest, dass sie keinen einzigen davon kannte: Die Herrschaft der Bäume , Mr. Slipshods Arcania , Zehn dachsfreundliche Unternehmungen in Südwald , Ein Waldianer in der Außenwelt . Dieses letzte Buch, ein zerlesenes Taschenbuch, erregte Prues Aufmerksamkeit, und sie zog es aus dem Regal. Dem Schwarzweißfoto auf dem Umschlag nach war es schon vor Jahrzehnten erschienen: Ein älterer Herr in einem Gabardineanzug und einem Hut stand lächelnd vor einem großen Granitbau, den Prue als das Gerichtsgebäude in der Portlander Innenstadt erkannte. Im Hintergrund waren einige Autos zu sehen, die wie aus einem Fünfzigerjahre-Film aussahen. Fasziniert schlug Prue das Buch irgendwo auf und las:
    deutlichen Unterschied zu dem, was man in den wohlhabenderen Städten unseres heimischen Südwalds erwarten würde. Man könnte fast meinen, dass viele der Bewohner dieser inneren Bezirke die Bäume weniger als Nachbarn, denn als Dekoration betrachten. Ich hielt einen jungen Mann auf einem Fahrrad an und fragte ihn unumwunden: Warum entfernt der Außenweltler im Allgemeinen so viel von der gesunden, gut gedeihenden heimischen Vegetation zugunsten noch weiterer dieser abstoßenden Betonbauten? Geneigter Leser, ich vermag seinen verwirrten Blick kaum zu beschreiben. Er bezeichnete das Genannte nur als »Parkhäuser«, ein Begriff, der sich, so weit ich das ermitteln konnte, auf mehrstöckige fensterlose Gebäude bezieht, die ausschließlich für das Abstellen von Automobilen genutzt werden. Ich dankte dem jungen Mann für diese Auskunft und machte mich eilends auf den Weg, da mein armer Magen bereits nach seinem Nachmittags-Schokoladenpudding knurrte, den ich ihm, wie bereits erwähnt, seit meinen Beschwerden am Abend zuvor nicht gestattet hatte.
    Prue stellte das Buch zurück und wollte gerade nach einem anderen greifen, mit dem verlockenden Titel Die verschollenen Briefe: Lewis und Clark in Wildwald , als ein Geräusch sie aufschreckte.
    »Prue!« Es war Curtis.
    Prue drehte sich um und sah ihren Freund mit geröteten Wangen und lächelnd im Eingang der Höhle stehen. Sie hatten sich früh am Morgen getrennt, als Curtis zum Räubertraining musste. Prue hatte nicht mitgedurft, da sie den Eid nicht abgelegt hatte, doch das störte sie gar nicht. Sie hatte das Stöhnen der anderen Kinder beim Klang des Morgenhorns gehört und still dem Himmel gedankt, dass sie noch etwas länger schlafen durfte. Sie und Curtis hatten verabredet, sich in der Nachmittagspause im Nachwuchsquartier zu treffen. Seit Prues Ankunft im Lager war das der übliche Tagesverlauf.
    »Wir durften früher gehen«, erklärte Curtis und winkte dem Bibliothekar. »Und ich hab gehört, dass du hier bist. War ja klar, du Bücherwurm.«
    »Es ist toll hier«, sagte Prue. »Lauter Bücher, die im Wald geschrieben und verlegt wurden. Ich meine, sieh dir das an.« Sie zog das Buch heraus, das sie zuletzt inspiziert hatte. »Lewis und Clark! Die waren hier!«
    Curtis nahm ihr das Buch weg und warf einen kurzen Blick darauf, bevor er es zurückstellte. »Kann schon sein. Aber komm jetzt, wir laufen das Schluchtrennen!«
    »Ihr macht was?«
    »Wir laufen das Schluchtrennen«, erläuterte Curtis ungeduldig. »Das ist ein Wettrennen für Nachwuchsräuber, findet jeden Donnerstag statt. Es ist wie ein Hindernislauf. Sie fangen schon

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