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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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zog die Beine an.
    »Ich war dran!«, rief Prue und umschlang – sie wusste, wie riskant das war – Aislings Beine genau in dem Moment, als sie die Plattform verließen.
    Das Drahtseil bog sich unter dem Gewicht der zwei Mädchen durch, und Aisling schrie auf. Zu Tode erschrocken starrte Prue in den dunklen Schlund unter sich, als sie in rasendem Tempo auf die gegenüberliegende Seite rauschten. Sobald sie angekommen waren, ließ Prue Aislings Beine los, kam taumelnd zum Stehen und hatte als Erste die Wegmarkierung erreicht. Sie schlug auf dem Pfosten an und sah nach rechts, wo Curtis und sein Trupp gerade eine Treppe unterhalb der Seilbrücke hinabhasteten. Prue hatte kaum Zeit, ihren ersten Erfolg zu genießen, denn sie musste gleich nach der nächsten Markierung suchen. Sie konnte nichts finden. Schon hörte sie die anderen Kinder hinter sich, und ihre Verzweiflung wuchs. »Wo ist sie denn?«, zischte sie halblaut.
    »Kuck mal nach unten!« Das war Curtis, der von oben besser erkennen konnte, dass die nächste rote Fahne auf einem kleinen Podest am Fuße einer Eisenleiter genau unter ihnen hing. Gekonnt sprang er an ihr vorbei und rutschte mühelos an der Leiter hinunter, die Beine als Bremsen um die Holme gelegt. Die anderen folgten ihm einer nach dem anderen, und unversehens bildete Prue das Schlusslicht.
    Nun spurteten die Läufer über einen Steg, der sich durch ein Feld von scharfkantigen Felsen schlängelte, die aus der Steilwand herausragten wie riesige Zähne. Prue gab sich alle Mühe mitzuhalten, aber die jungen Nachwuchsräuber waren eindeutig besser gerüstet für diese Art von Unternehmung. Sie selbst war in letzter Zeit im Sportunterricht etwas faul gewesen, und eine verständnisvolle Lehrerin hatte sie während der Stunde die Geräte aufräumen lassen, weshalb sie überhaupt nicht in Form war. Mittlerweile tauchten aus den Eingängen und Nischen im Fels ganze Trauben von Räubern, Kindern und Erwachsenen auf, um die Läufer anzufeuern.
    »Da!«, rief ein Teilnehmer. Hinter einem nicht allzu breiten Spalt im Fels, den eine kurze Seilbrücke überspannte, wehte die nächste rote Fahne. Zwei Jungen hatten sich von der Gruppe abgesetzt und die Brücke bereits überquert. Grinsend standen sie neben der Markierung. Sie zückten beide ein Messer aus ihrer Jacke und machten sich daran, die Seile zu kappen, von denen die Brücke gehalten wurde.
    »Hey!«, rief ein Mädchen neben Prue. »Das ist nicht erlaubt!«
    »Alles ist erlaubt!«, rief einer der Jungen. Ein Seil riss ab.
    »Jeder Räuber ist auf sich gestellt!«, brüllte der andere, als die Brücke gänzlich abgetrennt war und geräuschvoll gegen den Stein knallte.
    Während die meisten die etwa drei Meter breite Felsspalte noch prüfend betrachteten, nahm Curtis Anlauf. »Links von euch!«, rief er, übersprang ohne weiteres Zögern die Kluft und landete mit einem UFF! auf der anderen Seite. Sofort machten es ihm mehrere Läufer nach. Ein paar andere konnten nicht mehr und blieben lieber stehen, sie waren zu sehr außer Atem. Prue jedoch war nicht abzuhalten. Wenn einem Klassenkameraden, der in der Grundschule im Turnen eine Sechs bekommen hatte, weil er nicht einen einzigen Klimmzug geschafft hatte, der Sprung gelang, dann konnte sie das auch. Sie nahm Anlauf.
    Sie rutschte aus, als sie sich vom Boden abstieß, und stürzte kopfüber in die Kluft.

    Iphigenia sah ein Loch. Ein schwarzes Loch. Einen Spalt. Nach einer Weile erkannte sie es als genau das Loch, das sie im Traum gesehen hatte: eine Öffnung in der Hügelflanke, die in die Erde führte, tief hinab in die unergründliche Finsternis. Zwar konnte sie vor ihrem geistigen Auge nichts Gegenständliches sehen, doch sie erahnte die Wesen, die dort unten lebten und atmeten und wuchsen. Kleine und große Geschöpfe, die seit ungezählten Jahrhunderten dort existierten. Die Dunkelheit rief nach ihr. Sie folgte.
    In der Schwärze ihrer Vision schimmerte ein Licht. Ein leuchtendes Sandkorn. Sie streckte die Hände danach aus, berührte es. Drei ineinander verschränkte Ringe drehten sich um eine zentrale Achse. Licht strömte herein, sie konnte wieder etwas sehen. Jetzt begriff sie, dass dieser Gegenstand, dieser glänzende, strahlende Gegenstand, das Zahnrad aus ihrem Traum war.
    Das goldene Objekt befand sich in der Mitte eines großen Musters, und plötzlich verschob sich Iphigenias Perspektive: Sie war nicht länger eine Beobachterin dieses Gebildes, sondern befand sich nun im Zentrum eines

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