Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Sie hasteten Ellenbogen an Ellenbogen eine Treppe hinunter und über einen Steg, der zu einem Felsvorsprung führte, von dem aus man die auf dem Westturm des Lagers wild flatternde letzte Wegmarkierung sehen konnte. Prue nahm an, dass die anderen Nachwuchsräuber in irgendeinem Winkel der Schlucht aufgehalten worden waren. Jetzt waren nur noch sie und Curtis übrig.
Sie wechselten einen raschen Blick, und dann rasten sie los, über eine schwankende Seilbrücke zurück zu der Wendeltreppe, die um den Holzturm herum nach oben führte. Das letzte bisschen Rücksicht, das ihr Verhalten bisher noch geprägt hatte, war verschwunden. Prue zerrte an den Fransen von Curtis ’ Schulterklappen, während er ihr bei jeder Gelegenheit die Ellbogen in die Seiten rammte. Jede Zurückhaltung war nun verschwunden, und so erkletterten sie die Spitze des Turms, wo beide auf den Boden fielen, einander zerrten und schubsten und die letzten Meter bis zu der wehenden Fahne krochen.
Es war Prue, die sich losriss, der es gelang, sich an ihrem Freund vorbei und bis auf eine Fingerlänge an die Markierung heranzuschieben. Doch dann passierte etwas. Etwas, das sie in diesem Moment nicht begreifen oder erklären konnte. Zu Tode erschrocken erstarrte sie, und Hoffnungslosigkeit durchströmte ihren gesamten Körper.
Die drei schwarzen Füchse, nun von ihrer Kleidung befreit, pirschten sich näher an die Mystiker heran, die alle die Arme ausgestreckt hatten, als wollten sie die trägen Schneeflocken fangen, die aus dem schiefergrauen Himmel rieselten. Den Attentätern kam dieses Benehmen merkwürdig vor, sie waren daran gewöhnt, dass ihre Opfer jammerten und um Gnade winselten, wenn das Ende nah war. Letztendlich war es aber gleichgültig. So würde das Ganze nur weniger unschön ablaufen. Darla warf den beiden anderen Füchsen einen schnellen Blick zu: Es war so weit.
Und dann erwachte der Boden zum Leben.
Plötzlich bebte und erzitterte das Gras unter ihren Pfoten, schlängelte sich zwischen ihre Krallen und um ihre Knöchel herum. Sobald es sich um ihre Beine gewunden hatte, klammerte es sie fest und hielt sie dadurch gefangen. Die beiden männlichen Füchse schnappten und knurrten und versuchten wütend, sich loszureißen. Einer von ihnen war in die Nähe eines niedrigen Gagelstrauchs gekommen, der jetzt emsig seine langen Blätter in das Fell des Fuchses verwickelte. Darla, die von ein paar Büscheln hoher Gräser festgehalten wurde, bellte die Mystiker laut an.
Iphigenia hob die Hände dem Gagelstrauch entgegen und schloss die Augen. Ein erdiges Reißen war zu hören, und dünne weiße Wurzelranken brachen aus dem Boden und schlangen sich um den Körper eines der männlichen Füchse. Sein Knurren wurde zu einem hilflosen Jaulen, als die Wurzeln, die eine breite Furche in die Erde gegraben hatten, ihn langsam hinunterzogen. Innerhalb von wenigen Augenblicken waren an der Stelle, an der er gestanden hatte, nur noch ein paar lockere Erdhaufen und ein Stück schwarzes Fell zu sehen.
Darla und der andere Fuchs sahen hilflos zu, wie ihr Gefährte lebendig begraben wurde. Doch nun verstärkten sie ihre Bemühungen, sich zu befreien, noch einmal. Das Gras um ihre Pfoten riss, und die beiden Füchse schüttelten ihre Fesseln ab und sprangen mit gefletschten Zähnen los, um sich auf die Kehlen der Mystiker zu stürzen.
»Lauf, Älteste!«, rief der graue Koyote Bion, während er sich den angreifenden Kitsunes in den Weg warf. In einem Gewirr aus Zähnen, Fell und Fleisch krachten ihre Körper aufeinander. Iphigenia, jäh aus ihrer Meditation gerissen, kippte nach hinten und landete mit einem schmerzerfüllten Aufschrei auf dem Boden. Hätten sich nicht die Grashalme zu ihren Füßen erhoben, um ihren Sturz abzufangen, hätte sie vielleicht nicht mehr aufstehen können. Nun aber half ihr die menschliche Mystikerin Eutropia auf die Beine und stützte ihren Arm, während die Füchse hinter ihnen erbittert miteinander rangen.
»Zu den Bäumen!«, stieß Iphigenia mühsam hervor. »Unsere einzige Hoffnung.«
Verzweifelt humpelte die Älteste, gestützt von zwei ihrer Mitstreiter, auf den Rand der Lichtung zu, der Lärm des Kampfes hallte ihnen über die Wiese nach. Ein Schrei kam von Bion: »LAUFT!«, rief er den fliehenden Mystikern zu.
Iphigenia blickte sich um und sah, dass er niedergestreckt worden war, seine Schnauze lag flach auf der schlammigen Erde. Blut sickerte aus seiner Nase. Die beiden Kitsunes fletschten die Zähne und nahmen die
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