Wildwood
mit blitzschnellen Hieben erledigte. Mittlerweile hatten noch weitere Räuber die Entfernung zwischen den Hügelkämmen überwunden und waren in hitzige Gefechte verwickelt.
Voller Wut darüber, wie rasch seine Truppe besiegt worden war, bellte der Kojotenhauptmann die Bauern und Räuber gegenüber an, steckte sein Schwert weg und wandte sich zur Flucht. Curtis war der Erste, der den Abgang des Hauptmanns bemerkte. Eilig zückte er seine Schleuder und legte einen Stein in die Schlaufe.
»Ich hab ihn«, rief er.
Prue sah ihn von der Seite an.
Curtis kniff ein Auge zu und begann vorsichtig, Schwung zu holen. Er spürte, wie das Gewicht des Kiesels die Schleuder bogenförmig über seine Schulter wölbte. Er schätzte den Abstand zwischen sich und dem uniformierten Kojoten ab. Dieser schlug sich gerade ins Gehölz, sodass man unter den tiefer hängenden Zweigen nur noch seinen Zweispitz auf- und abhüpfen sah. Ehe jedoch seine Uniform komplett verschwunden war, stieß Curtis einen gellenden Schrei aus und ließ die Schleuder los. Die Zeit schien stehen zu bleiben.
Curtis beobachtete den Stein, wie er hoch in der Luft über die Schlucht flog.
Und beobachtete, wie er mit einem lauten Plopp unten in das Bachbett plumpste.
Geknickt hob er den Kopf; der Hauptmann entkam ins Gebüsch. Doch da hörte er plötzlich einen Pfeil quer über den Abgrund sausen, der mit einem dumpfen Schlag im Rücken des Hauptmanns landete. Der Kojote ging zu Boden und krachte in das tiefgrüne Unterholz.
Als Curtis aufblickte, stand Brendan mit gespanntem Bogen da, dessen Sehne noch von dem Geschoss zitterte. Er sah Curtis an und lächelte. Curtis spürte, wie er rot wurde.
Dann drehte der König sich um und suchte die andere Seite der Schlucht nach versprengten Soldaten ab. Alles war ruhig. Zufrieden bedeutete er der Kolonne, weiterzumarschieren.
»Toller Schuss«, flüsterte Prue über die Schulter.
»Dich möchte ich mal sehen«, blaffte Curtis.
FÜNFUNDZWANZIG
In der Stadt der Ahnen
A ls der Hügelrücken zu steil zum Gehen wurde, wandte sich der Pfad südwärts; er überquerte den Grund der Schlucht und schlängelte sich in engen Serpentinen auf der anderen Seite wieder hinauf. Jenseits des Kamms wurde der Boden flacher und führte bald zu einer weniger tiefen Senke, in der ein breiter Bach floss. Eine kleine Holzbrücke führte über das Flüsschen, und von dort aus kletterte der Pfad im Zickzack die Böschung hoch. An der Brücke erweiterte sich der Weg zu einer Lichtung, und dort machte die Armee von Bauern und Räubern Rast.
Prue und Curtis gingen durch die Menge hindurch zum Wasser, und Curtis tauchte die Hand in den plätschernden Bach und schöpfte sich das kalte Nass in den Mund. Prue stand neben ihm, die Hände in die Hüften gestützt.
Brendan kam zu ihnen. »Mir ist aufgefallen, dass du unbewaffnet bist, Außenweltlerin«, sagte er. »Eigentlich respektiere ich Männer und Frauen, die mit bloßen Händen kämpfen, aber danach siehst du mir gar nicht aus.«
Stirnrunzelnd entgegnete Prue: »So richtig hab ich noch nicht darüber nachgedacht. Aber vielleicht könnte ich ja gewaltlos mithelfen, wenn du damit einverstanden wärst.«
»Aber sicher«, sagte Brendan. »Kommt nach vorn an die Spitze der Kolonne, du und Curtis. Ich könnte euch gut gebrauchen, um Befehle nach hinten zu überbringen.«
Als die Soldaten genug getrunken hatten, stieß Brendan einen kurzen und schrillen Pfiff aus. Sofort stellten sich alle wieder in Reih und Glied auf und erklommen den Hang hinter der Brücke. Curtis und Prue liefen ganz nach vorn zu Brendan und dem Fuchs Sterling.
»Wie weit ist es denn noch bis zu diesem – wie hieß das gleich?«, fragte Curtis, nachdem sie den Grat erreicht hatten.
Brendan behielt die gesamte Truppe im Auge und zeigte dann für alle gut sichtbar auf die Kammlinie Richtung Osten, der sie folgen mussten. »Der Hain der Ahnen. Liegt genau östlich von hier, ungefähr eine Stunde Fußmarsch, vielleicht auch weniger.«
Die nächste Frage stellte Prue. »Und was ist der Hain der Ahnen?«
»Die Stätte einer vergessenen Zivilisation«, erklärte Sterling und reihte sich hinter Prue und Curtis ein. »Niemand weiß viel darüber, aber man glaubt, dass Wildwald früher eine blühende Metropole war, voller Philosophen, Künstler und Bauern. Es heißt, dass sie vor Jahrhunderten und Aberjahrhunderten unterging – eine ganze Kultur wurde innerhalb weniger Jahrzehnte ausgelöscht. Opfer einer unbarmherzigen
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