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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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genau in dem Moment, als das Dutzend Kanonen am Hügelkamm ankam. Ihm fiel die Kinnlade herunter.

    Curtis entdeckte die Kanonen als Erster – die Vierermannschaften mühten sich gerade damit ab, die schweren Geschütze den Hang
hinaufzuschieben. Es mussten mehr als zehn Kanonen sein, die nun alle an der oberen Kante des Kessels aufgereiht waren. Mit Entsetzen stellte er fest, dass sie in Richtung des Hügelkamms geschwenkt wurden, auf dem er zusammen mit den Bogenschützen und Füsilieren postiert war.
    »Samuel!«, schrie er, ohne die Kanonen aus den Augen zu lassen.
    »Was denn?«, rief der Hase mit der Muskete im Anschlag, während er in die Menge unten auf der Lichtung zielte.
    »Kanonen!« Curtis zeigte auf die Geschütze.
    Samuel ließ seine Waffe sinken und riss die Augen auf. Er schluckte. »Stellung halten, Jungs.«
    »Soll das ein Witz sein?«, fragte Curtis.
    »Stellung halten«, wiederholte Samuel und legte die Muskete wieder an, wobei er nun aber die Artilleristen gegenüber ins Visier nahm, die inzwischen bereits die Kanonen luden. »Wollen doch mal sehen, ob wir nicht ein paar von denen unschädlich machen können, bevor sie zum Schuss kommen.«
    Die Reihe der Bogenschützen und Füsiliere drehte sich herum, zielte auf die Kanonenmannschaften und schoss. Überall stieg Pulverdampf auf. Curtis sah mehrere Kojoten fallen – die jedoch sofort vom Nachschub auf dem Hang hinter ihnen ersetzt wurden. Und noch während die Freischärler nachluden, Kugeln in Musketen stopften oder Pfeile aus Köchern zogen, ging das Kanonenfeuer los.

    Die Welt um Curtis explodierte.
    Schlagartig versank die lärmende Schlacht in Stille, und Curtis hörte nur mehr ein hohes Pfeifen im Ohr. Der Boden unter seinen Füßen schien zu bröckeln und eine Fontäne von Erde regnete auf ihn herab, als er nach hinten fiel und rückwärts in eine schier unendliche, bodenlose Leere stürzte.

    Prue schrie, als sie das Kanonenfeuer in der Reihe der Schützen einschlagen sah. Sie wusste, dass Curtis dort postiert war. Der Hügelkamm zerfiel unter der gewaltigen Wucht der Kugeln. Wo vorher die laubgrüne Böschung gewesen war, blieb jetzt nur mehr eine ausgedehnte Kraterfläche zurück. Erdklumpen rollten auf die kämpfenden Armeen im Kessel hinab. Von den Freischärlern oben auf dem Grat war keine Spur mehr zu sehen.
    Unten im Gewühl stand Brendan und schwang den Säbel wild über seinem Kopf. Er hatte das verstörende Schauspiel und die Verwüstungen durch die Kanonen mit angesehen und stieß ein langes, trotziges Geheul aus, ehe er sich zurück in die Schlacht stürzte.
    Schon bereitete die Artillerie der Witwe die nächste Salve vor, während ein neuer Schwall von Kojoteninfanteristen von der unteren Ebene aus den Hang hinauftoste. Prue begriff, was das bedeuten musste: Cormacs Einheit hatte es nicht geschafft, die Verstärkung der gegnerischen Truppen aufzuhalten. Der Kessel der Lichtung glich nun einem übervollen Wasserbecken und konnte die Menge der
darin kämpfenden Körper nicht mehr fassen. Und so dehnten sich die Kampfhandlungen zwangsläufig auf die angrenzenden Hänge aus – während die haushoch überlegene Kojotenarmee die systematische Niederwerfung der Wildwald-Freischärler begann.

    Curtis tauchte aus seiner Bewusstlosigkeit auf. Überall um ihn herum donnerten Millionen von Schritten. Sein Gehör war immer noch beeinträchtigt; die Welt klang, als wäre sie in einen dichten Nebel gehüllt. Als er sich umsah, stellte er fest, dass er halb in der Erde vergraben lag, knapp zehn Meter von dem Punkt entfernt, an dem er ohnmächtig geworden war. Die Füße um ihn herum, überlegte er rasch, gehörten zu den Streitkräften der Kojoten und der Freischärler, die über die von den Kanonenkugeln durchlöcherte Kammlinie gedrängt worden waren. Allmählich kam er wieder zu sich und hielt sich schützend den Arm über den Kopf, um nicht zertrampelt zu werden. In dieser Haltung kroch er von den Kämpfern weg und auf einige niedrige Pflaumenbäume zu.
    Doch kaum hatte er die Deckung der Pflanzen erreicht, als er hinter sich ein Klick hörte – eindeutig das Geräusch eines gespannten Pistolenhahns. Langsam, immer noch auf Händen und Knien, drehte er sich um. Vor ihm stand ein Kojotenfeldwebel, dessen Uniform voller Schmutz und Blutflecke war und der mit der Waffe auf ihn zielte.
    »Sieh mal einer an, der Überläufer«, sagte der Kojote, der Curtis sofort erkannte. »Das ist ja eine schöne Überraschung.« Er grinste,
und eine

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