Wildwood
rothaarigen Räuberkönig, stürmte den Hügel hinab wie eine breite Wasserwand, die einen Damm überspült – und krachte mit lautem Getöse in die ahnungslose Kojotenarmee: Körper prallten aufeinander, Eisen klirrte, Schlachtrufe gellten durch die Luft und hallten vom Marmor der zerstörten Stadt wider. Die Füsiliere der Gouverneurin waren unvorbereitet, ihre Musketen nicht geladen, weshalb sie gezwungen waren, sich mit dem Bajonett zur Wehr zu setzen. Selbst die Schwertkämpfer der Kojoten mussten sich erst einmal ohne ihre Waffen verteidigen. Das verschaffte den Freischärlerneinen taktischen Vorteil, bis ihre Gegner genug Freiraum errungen hatten, um überhaupt ihre Schwerter zu ziehen.
Inmitten des Gewühls wendete Alexandra ihr Pferd, trat ihm in die Flanken und brachte sich auf einer Steinplattform in Sicherheit. Dort setzte sie das Kind aufrecht in eine Satteltasche, sodass sein rosa Gesichtchen aus dem Lederbeutel herausragte. Dann nahm sie die Zügel in die eine Hand und zog mit der anderen ihre Klinge.
»Kojoten!«, schrie sie. »Zum Angriff!«
Sofort rannte eine Verstärkungstruppe über den Hügelkamm in den Kessel der Lichtung hinunter und stürzte sich kopfüber in die Menge der Kämpfenden. Jetzt waren sie vorbereitet und ihre Säbel blitzten im dichten Gedränge. Hinter ihnen tauchte eine lange Reihe von Füsilieren auf, die sogleich begannen, ihre Musketenläufe mit Pulver und Kugeln zu laden. Nach ihrer anfänglichen Überlegenheit sah es nun so aus, als verlören die Freischärler an Boden.
»Prue!«, ertönte da eine Stimme unterhalb des Grats, auf dem sie postiert war. Es war Brendan; er war halb den Abhang hinaufgerannt, musste sich aber gleichzeitig einen besonders großen Kojoten mit dem Schwert vom Leib halten.
»Ja?«, rief sie.
»Lauf zu Sterlings Einheit!«, rief er zwischen den Hieben über seine Schulter. »Sag ihnen, sie sollen vorrücken!«
»Geht klar!«, brüllte Prue zurück und sprang auf.
Die Soldaten kauerten im tiefgrünen Efeuteppich, während sie auf die Schlachtgeräusche hinter dem Hügelkamm hörten. Curtis vernahm die lauten Stimmen, das Scheppern von Eisen, das Knallen von Schüssen und verzog das Gesicht. Sein Herz raste. Sterling lag seitlich auf dem ansteigenden Boden und lauschte ebenfalls. Seine Augen flackerten ungeduldig.
»Verflucht noch mal«, murmelte er. »Warum greifen wir nicht einfach an?«
Da übertönten Schritte im Unterholz den Lärm des Kampfes in der Ferne.
»Prue«, rief Curtis, als er seine Freundin entdeckte. Sie rannte geduckt, und ihre Kleider waren voller Blätter und Spinnwebfäden.
Sterling lief ihr entgegen. »Was gibt’s?«
»Los«, keuchte sie völlig außer Atem. »Brendan sagt, ihr sollt vorrücken.«
Die Augen des Fuchses leuchteten auf. »Endlich!« Er drehte sich zu den zweihundert Männern, Frauen und Tieren hinter sich um und befahl: »Auf in die Schlacht.«
Prue und Curtis wechselten einen stillen Blick, dann sprangen alle mit einem gemeinsamen Schrei auf und erstürmten den Hügelkamm.
Viel Glück , sagte Prue lautlos, als Curtis von der Welle der Soldaten in die Schlacht gerissen wurde.
SECHSUNDZWANZIG
Die Wildwald-Freischärler
C urtis blieb auf Anweisung des Fuchses zusammen mit den Bogen- und Gewehrschützen hinter der Angriffseinheit zurück und wartete etwas oberhalb des Kessels. Er blickte der restlichen Truppe nach, als sie sich in den Tumult stürzte: Ein Schwarzbär, der einen Dreschflegel schwang, ging mit verblüffender Begeisterung auf den Feind los und zog eine Schneise bewusstloser Kojoten hinter sich her. Ein mit zwei kurzen Schwertern bewaffneter Räuber lieferte sich ein heftiges Gefecht mit einem Kojoten; der Kojote schien die Oberhand zu gewinnen, bis ein Hase, dessen
Hinterbacken in blauem Jeansstoff steckten, zwischen seine Füße kroch. Ehe der Soldat wusste, wie ihm geschah, hatte der Hase den Bindfaden in seinen Pfoten um die Kojotenknöchel gezogen, sodass dieser mitten im Hieb zu Boden krachte.
Unterdessen thronte die Gouverneurswitwe inmitten des Getümmels hoch zu Ross und mähte um sich herum alles nieder: Räuber und Bauern gingen unter dem blitzenden Stahl ihres langen Schwerts zu Boden. Jeder Versuch, sie aus dem Sattel zu holen, scheiterte; niemand auf diesem Schlachtfeld konnte sich mit ihren Fechtkünsten messen. Gebannt beobachtete Curtis, wie sie sich ihren Weg durch das Gedränge bahnte, den Blick fest auf die hintere Treppe gerichtet, die zur dritten Ebene der
Weitere Kostenlose Bücher