Wildwood
Soldaten waren zu Boden gegangen und warfen sich in einem erbitterten Ringkampf hin und her, die Kiefer
jeweils in die Kehle des anderen verbissen. Ihr schmerzerfülltes und wütendes Jaulen erregte natürlich sofort die Aufmerksamkeit des restlichen Zugs, und der Kommandant rannte brüllend auf die ineinander verkeilten Soldaten zu. Er hatte sein Schwert gezogen, und als er die beiden Kojoten erreichte, packte er den erstbesten, den er in die Pfoten bekam – Vlad –, riss ihn aus der Keilerei und hielt ihm die Klinge an die Kehle.
»Ich lasse eure Köpfe auf Stöcke aufspießen!«, fluchte er. »Ich lasse euch vierteilen, so wahr mir Gott helfe.« Er schleuderte Vlad zu Boden und wirbelte mit gezücktem Schwert herum, sodass die Spitze nur um Haaresbreite vor Dmitris Maul schwebte. Jetzt sprach er langsamer. »Und du, du zerlumpter, rotzschnäuziger, erbärmlicher Nichtsnutz von einem Kojoten: Ich bin bereit, es hier und jetzt zu beenden.« Dmitri winselte, und der Kommandant holte mit dem Schwert weit aus. Curtis stockte der Atem, und Prue vergrub den Kopf in den Händen, um die grausige Szene, die folgen würde, nicht mit ansehen zu müssen.
Plötzlich kam ein leichter Wind auf und wisperte durch die Bäume hinab, strich über Prue und Curtis hinweg, von den Füßen bis zum Hals, und weiter über den Vorsprung und auf die Wiese hinunter – wo das brutale Geschehen abrupt zum Stillstand kam: Mit einem Mal zuckte jedes Kojotenohr, witterte jede Kojotenschnauze. Der Kommandant schnaubte, während das Schwert regungslos über seinem Kopf schwebte. Dmitri, dessen Strafe offensichtlich zumindest vorübergehend ausgesetzt worden war, atmete auf und sah sich um. Vorsichtig nahm Prue die Hände vom Kopf. Der Kommandant hob langsam die Nase und sog tief und ausgiebig die Luft ein.
»MENSCHEN!«, durchbrach er dann donnernd die Stille und zeigte mit dem Schwert auf die Farne über sich. »OBEN IM WALD!«
In einem plötzlichen Ausbruch von Aktivität stürmten mehrere Soldaten, die den Kommandanten flankiert hatten, los und kletterten die Böschung zu Prue und Curtis hinauf.
»WEG HIER!«, schrie Curtis und stieß sich vom Boden ab. Hastig
krabbelte Prue auf die Füße und hechtete aus dem Gebüsch vom Abhang weg. Hinter ihr ertönte das wilde Gebell der Kojoten, die das Plateau erklommen hatten und durch die Farne jagten. Prue rannte zurück, bis sie die Schlucht erreichte, durch die sie gekommen waren, doch als sie einen großen Schritt über den Rand machte, verfing sich ihr Fuß im Dornengestrüpp und sie stürzte kopfüber hinunter.
Curtis hatte eine andere Richtung eingeschlagen und lief den Hügel weiter hinauf. In dieser dicht bewaldeten Gegend ging es steil und unerbittlich bergauf; die Birkenzweige und Brombeerranken schlugen ihm gegen Gesicht und Arme und bremsten seinen gehetzten Lauf. Die Kojoten hingegen waren an das Gelände gewöhnt und rasten auf allen vieren durch das Unterholz. Curtis hatte kaum zehn Meter der Böschung geschafft, als ihm der erste von ihnen auf den Rücken sprang und ihn zu Boden riss.
»Jetzt gehörst du mir!«, zischte der Kojote, und schon wurden Curtis’ Arme und Beine stramm gezogen und fest auf den Boden gerammt, als weitere Soldaten am Schauplatz seiner Gefangennahme eintrafen.
»C-Curtis?«, murmelte Prue, als sie wieder zu sich kam. Für kurze Zeit musste sie bewusstlos gewesen sein; mit dem Gesicht nach unten, einem stechenden Kopfschmerz und dem metallischen Geschmack von Blut im Mund lag sie im Farnkraut der Schlucht. Fernes Geheul
schreckte sie jäh auf und machte ihr mit einem Schlag bewusst, wo sie sich befand. Dicht am Boden kroch sie durchs Unterholz und spähte über den Rand der Schlucht. Offensichtlich hatten die Soldaten ihren unfreiwilligen Kopfsprung in den Graben nicht bemerkt und stattdessen Curtis zur Strecke gebracht. Von ihrer Position aus konnte sie beobachten, wie er von den Kojoten auf die Füße gezerrt wurde. Langsam näherte sich ihm der Kommandant, packte Curtis am Mantelkragen und steckte seine Schnauze hinein – zuerst auf der einen Seite, dann auf der anderen Seite des Halses –, um ihn zu beschnüffeln. Prue konnte die Angst in Curtis’ Augen sehen; er war umringt von einer Gruppe Kojoten, die auf allen vieren um seine Füße herumschlichen, jaulten und schnappten. Der Kommandant bellte eine Reihe von Befehlen, woraufhin der Gefangene gefesselt und einem der größeren Tiere auf den Rücken geworfen wurde. Dann verschwand der Trupp im
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