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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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Neuigkeiten betrifft, die sie in Erfahrung bringen.«
    Penny sah sie mitfühlend an. »Tut mir leid. Ich krieg nicht mit, was da unten passiert. Ich mache nur sauber.«
    Prue blickte ihr nach, als sie in den Flur hinausging und die Tür hinter sich schloss. Dann ging sie zu dem Spiegel, der auf einem uralt aussehenden Frisiertisch stand, wuschelte in ihren Haaren herum und betrachtete sich. Sie sah müde aus; unter ihren Augen lagen dunkle Ringe, und die Haare waren vom Schlafen zerzaust. Eine Weile stand sie einfach nur da, ließ die Zeit langsam über sich hinwegschwappen und dachte an ihre Eltern und wie verzweifelt sie sein mussten, da Prue und Mac nun schon zwei Tage verschwunden
waren. Bestimmt waren sie der Polizei als vermisst gemeldet worden, und ein Suchtrupp würde die Parks und Gassen von St. Johns und der Innenstadt von Portland durchkämmen. Prue fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis die Polizei die Suche aufgäbe und stattdessen Vermissten-Fotos von ihr und Mac auf Milchtüten und im Postamt auftauchen würden. Etwas später würden sie die Fotos vielleicht sogar digital bearbeiten, wie Prue es im Fernsehen gesehen hatte – um das Gesicht eines Mädchens, das zahnlose Lächeln eines Kleinkinds dem Fortschreiten der Zeit und des Alters anzupassen. Sie seufzte schwer und ging ins Bad. Vielleicht würde ja ein heißes Bad alles wieder gutmachen.

ZEHN
Auftritt der Räuber · Ein geheimnisvoller Brief
    I n Reih und Glied stehen! Alles bleibt in Formation!«, bellte die Gouverneurswitwe, während sie hinter einer langen Aufstellung von Kojotensoldaten, die am Rand einer tiefen und breiten Senke postiert waren, auf und ab marschierte. Curtis hatte Mühe, Schritt zu halten. Die Flanken der Senke fielen sanft von der Kammlinie ab, wodurch mehrere Soldatenreihen Platz fanden. Ganz vorne kauerten mit Musketen bewaffnete Füsiliere im Frauenhaarfarn, der
den Hang bedeckte. Unmittelbar hinter ihnen standen Schützen, die Bogen im Anschlag und mit einem Arsenal an Pfeilen vor sich auf dem Boden. Eine dritte, breitere Reihe bestand aus Infanteriehunden, Fußsoldaten, die einander in Erwartung der bevorstehenden Schlacht aufgeregt ankläfften und nervös mit den Hinterpfoten scharrten.
    »Macht Platz für die Kanonen!«, rief jemand, und als Curtis sich umblickte, sah er, wie eine ganze Batterie von Kanonen – mindestens zehn Stück – den hinteren Abhang über der Lichtung, auf der das Zeltlager stand, hochgeschoben wurden. Vier Soldaten plagten sich an jeder Kanone ab, denn auf dem unebenen Waldboden kamen die schweren Holzräder nur mühsam voran. Als sie endlich die letzte Reihe der Infanterie erreicht hatten, schlurften die Kojoten aus dem Weg, damit die Kanonen in einem Abstand von etwa fünf Metern auf dem höchsten Punkt des Kamms aufgestellt werden konnten. Kaum waren sie an ihrem Ziel angelangt, brachen die Soldaten, die das schwere Gerät geschoben hatten, zusammen, wurden aber sofort von ihren befehlshabenden Offizieren angeblafft und in die Formation geschubst.
    Während Alexandra etwas abseits stand und einen Feldwebel zurechtwies, dessen Kolonne in Unordnung war, schlängelte Curtis sich durch die Soldaten nach vorne – wobei er jedem, der sich umdrehte und ihm salutierte, ein »Rühren« zuwarf. Als er bei den Bogenschützen ankam, spähte er von hinten über ihre Schultern, um
einen Blick auf den Feind zu erhaschen, der einen solch imposanten Aufmarsch militärischer Macht rechtfertigte.
    Die gegenüberliegende Seite der Senke war leer.
    Curtis blickte nach rechts und links auf die scheinbar endlosen Reihen von Kojoten, die unverwandt den Kamm auf der anderen Seite des Tals anstarrten. Er fragte sich, was um alles in der Welt sie sehen konnten, was er nicht sah. Wieder wandte er sich der Senke zu und blinzelte. Immer noch nichts; nur die Stämme von Tannen und Eichen, die aus dem dichten Unterholz zwischen Farnen und Scheinbeeren emporwuchsen. Er flüsterte dem Bogenschützen neben sich zu: »Gegen wen kämpfen wir denn?«
    »Die Räuber«, antwortete der Soldat und schob schnell nach: »Herr Offizier.«
    Curtis nickte wissend. »Alles klar«, raunte er. Aber er konnte immer noch nichts erkennen.
    Ein Moment verging.
    »Wo sind sie?«
    »Wer, die Räuber?«, fragte der Soldat, dem es sichtlich unangenehm war, von einem Ranghöheren auf diese Weise angesprochen zu werden.
    »Ja«, sagte Curtis.
    »In den Bäumen da drüben, Herr Offizier.« Der Schütze deutete auf den

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