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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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»Schönen guten Tag, wie ist das werte Befinden?«
    »Sehr gut, danke«, gab Curtis zurück. »Und nein, ich glaube nicht, dass ich das noch will.«
    Die Ratte machte einen Schritt nach vorn und streckte eine Hand aus. »Was dagegen, wenn ich es esse?«
    Curtis dachte kurz nach: Die Vorstellung, sein Essen freiwillig ausgerechnet mit einer Ratte zu teilen, verstörte ihn etwas. Aber dann kapitulierte er. »Bitte, mach nur.«
    Septimus grinste und strich sich das verfilzte Fell auf dem Kopf glatt. »Nur zu gern«, sagte er, stürzte sich kopfüber in die Schüssel und schlabberte mit wilder Begeisterung die Suppe auf.
    Nachdem er fertig war, stieß Septimus einen Mini-Rülpser aus und lehnte sich dann träge mit dem Rücken an die Gitterstäbe von Curtis’ Käfig. Er verschränkte die Pfoten hinter dem Kopf und schloss die Augen. »Aaaaaa«, machte er. »Es geht doch nichts über ein Ruhepäuschen nach einem guten Essen.« Nach einer Weile zog er ein Augenlid hoch und sah Curtis an. »Warum bist du eigentlich hier?«

    Curtis setzte sich wieder hin. Es war ganz nett, etwas Gesellschaft in der Zelle zu haben, das musste er zugeben. »Ich bin ein Überläufer«, sagte er. »Eine Art Deserteur. Ich habe herausbekommen, was die Gouverneurin vorhat und konnte es nicht zulassen. Also ließ sie mich hier einsperren.«
    »Au weia«, sagte Septimus. »Das ist ziemlich übel.« Er zögerte, bevor er fragte: »Was hat sie denn vor?«
    »Sie will den kleinen Bruder meiner Freundin dem Efeu opfern, damit sie mit seiner Hilfe das ganze Land unterwerfen kann.«
    Allgemeines Gemurmel erhob sich in den umliegenden Käfigen. »Was?«, raunte einer der Räuber.
    »Herrje«, meinte Septimus. »Das ist aber wirklich übel. Efeu, sagst du? Schlimmes Zeug.« Und nach einer Pause: »Ist es der Gemeine Efeu? Oder das andere Zeug? Ich verwechsle das immer; ich glaub, eins von beiden ist hier eingeschleppt worden und verdrängt unsere heimischen …«
    Da unterbrach ihn Cormac ungeduldig: »Septimus, wenn der Efeu ein menschliches Kind verzehren muss, um allmächtig zu werden, dann dürfen wir wohl davon ausgehen, dass er von der verdrängenden Sorte ist.«
    Septimus nickte ernst. »Hartnäckiges Gewächs, dieser Efeu.«
    »Und vergessen wir nicht die hartnäckige Hexe , die dem Efeu menschliches Blut verabreichen will, um ihn ihrem Befehl zu unterwerfen!« , rief Seamus und schleuderte seinen Blechnapf mit einem
Scheppern zur Seite. »Diese böse Schlange kriegt noch, was sie verdient, das könnt ihr mir glauben!«
    Von unten meldete sich Dmitri, der Kojote, zu Wort. »Und was wollt ihr bitte schön dagegen unternehmen, in euren überdimensionalen Vogelkäfigen?«
    Seamus sprang auf und rüttelte an den Stäben. »Denk bloß nicht, dass du davonkommst, du Hund! Dein Wurf zu Hause wird auch nicht verschont, wenn der Efeu über den ganzen Wald kriecht. Sie benutzt euch doch nur, diese Witwe! Und sobald sie hat, was sie will, wird sie euch alle fallen lassen.«
    Dmitri grummelte etwas Unverständliches, drehte Seamus den Rücken zu und strich pfeifend mit der Pfote über die Suppenschale.
    Doch jetzt war Seamus’ Zorn angestachelt, und er begann, an den Stäben seines Käfigs zu rütteln. »Freiheit für Wildwald!«, rief er, und dann noch einmal lauter: »FREIHEIT FÜR WILDWALD!«
    Die anderen Räuber stimmten mit ein und schlugen ihre Blechnäpfe gegen die Holzstäbe. Sofort war die Höhle von einem höllischen Dröhnen erfüllt; das metallische Scheppern hallte von den Wänden wider. Da tauchte unten im Eingang plötzlich der Wärter mit zwei bewaffneten Soldaten auf.
    »Nicht so laut da oben, ihr Penner!«, schimpfte er. »Sonst üben wir mit euch Zielschießen.« Um der Drohung des Wärters Nachdruck zu verleihen, hob einer der begleitenden Soldaten sein Gewehr ans Auge und richtete es wahllos auf jeden schaukelnden Käfig.

    Die Ratte Septimus hüpfte aus ihrer bequemen Position und krabbelte seitlich an Curtis’ Käfig hoch. Septimus packte das Seil, sah sich zu Curtis um und flüsterte: »An dieser Stelle verabschiede ich mich! Bis später!« Und damit war er verschwunden.
    Einer der Räuber warf dem Wärter gedämpft eine Beleidigung an den Kopf.
    »Jetzt reicht es endgültig!«, brüllte dieser. »Kein Frühstück morgen!«
    Die Männer protestierten spöttisch.
    »Und kein Mittagessen!«
    Endlich verstummten die Gefangenen. Das einzig verbleibende Geräusch war das Quietschen der Käfige an den Seilen. »Na dann, Licht aus!« Die

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