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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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nickte.
    Prue war baff. »Das glaube ich einfach nicht!«, rief sie. »Es geht ihm gut! Und er hat tatsächlich gekämpft! Mit der Gouverneurin! Das kann nicht wahr sein.«
    »Ist es aber«, erwiderte der Räuber. »Hat sogar unsere beste Haubitze
kaputtgemacht. Im Alleingang hat er das Blatt gewendet, glaub mir. An dem Tag hab ich viele Männer verloren.« Traurig schüttelte er den Kopf. »Aber ich quatsche dich hier voll, dabei hab ich mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Brendan. Man nennt mich den Räuberkönig.«
    Prue errötete. »König!«, sagte sie verlegen. Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, mit wem sie es hier zu tun hatte. »Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Hoheit. Ich heiße Prue.«
    Brendan winkte ab. »Ach, fang hier bloß nicht mit Hoheit und so was an. Den Titel benutze ich hauptsächlich, um Leute zu erschrecken. Was auch ganz gut funktioniert. Und gesiezt wird bei uns nicht, wir sind alle gleich.«
    »Also«, fragte Prue, »wenn ihr Räuber seid, warum habt ihr dann nicht versucht, mich auszurauben? Macht man das nicht so als Räuber?«
    Brendan legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Tja, das stimmt schon. Aber kleine Mädchen zu beklauen, die vom Himmel fallen, ist nicht unbedingt unser Spezialgebiet. Wir sind auf Reiche aus, Lieferanten und so was – haben’s auf den Verkehr auf der Langen Straße zwischen Nordwald und Südwald abgesehen. Wir betrachten uns gern als Befreier. Wir befreien das Geld von Leuten, die alles für selbstverständlich halten.«
    Prue lächelte höflich, obwohl ihr der Gedankengang des Räubers seltsam vorkam. Sie wechselte das Thema. »Dieser andere Außenweltler
heißt Curtis. Ich muss ihn finden! Wir sind zusammen hergekommen und wurden getrennt, als die Kojoten uns gefunden haben, aber das war, bevor ich Richard getroffen habe und in die Villa gefahren bin, wo ich …«
    »Halt, halt«, unterbrach Brendan. »Immer mit der Ruhe, sonst bricht dir vor lauter Aufregung noch die Rippe durch. Eins nach dem anderen: Warum bist du überhaupt hier?«
    »Mein Bruder«, erzählte Prue etwas langsamer. »Mein Bruder, ein kleines Baby, wurde von Krähen entführt. Und hierher gebracht. Nach Wildwald.«
    »Oho!« Brendan pfiff durch die Zähne. »Du hast zwei Außenweltler verloren? Ganz schönes Pech.«
    »Ja, stimmt«, sagte Prue trübselig. »Und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich war gerade auf dem Weg nach Nordwald, als wir abgeschossen wurden. So schaffe ich das nie.«
    Der Räuberkönig nickte. »Ist ein weiter Weg nach Nordwald. Und zudem eine gnadenlose Gegend. Da wimmelt es von Kojoten.«
    Prue sah den Mann flehentlich an. »Können Sie mir … äh, kannst du mir vielleicht helfen? Bitte? Ich hab einfach so furchtbare Angst, dass etwas Schreckliches passiert ist. Und jetzt hat Curtis sich auch noch den Kojoten angeschlossen – ich bin total durcheinander!« Unfreiwillig begann sie zu weinen.
    Brendan runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, was ich dir sagen
soll, Prue. Wir haben hier mit diesem Krieg mehr als genug um die Ohren. Ich kann nicht auch noch kleinen Mädchen helfen, ihre Brüder zu finden.«
    Da ertönte ein Klopfen am Türrahmen der Hütte.
    »Brendan!«, rief jemand. »Kojoten! In der Schutzzone!«
    Brendan sprang auf. »Was?«, rief er besorgt. »Auf welcher Höhe?«
    »Zweiter Wachposten!«, kam die Antwort.
    Der König fluchte unterdrückt. »Es ist unmöglich, dass sie uns finden konnten – so weit draußen waren sie noch nie. Außer …« Er hielt inne und musterte Prue.
    »Du kommst mit mir!«, rief er, ging in die Hocke und warf sich Prue über die Schulter wie einen schlaffen Sandsack. Sie schrie auf vor Schmerz, als ihre geprellte Rippe gegen sein Schulterblatt stieß. Eilig rannte er hinaus auf den freien Platz, der von rustikalen Hütten und windschiefen Verschlägen umgeben war. Das Lager befand sich im flacheren Abschnitt einer tiefen, breiten Senke, und es herrschte lebhaftes Treiben: Männer und Frauen waren mit verschiedenen Arbeiten beschäftigt, Kinder vergnügten sich in der Nähe der Feuerstelle mit kleinem Holzspielzeug.
    »Aisling!«, rief Brendan nun. »Sattle mir Henbane und bring sie zu mir!«
    »Was machst du denn?«, fragte Prue.
    »Dich hier wegbringen«, antwortete Brendan. »Sie haben deinen
Geruch gewittert. Hinter dir sind sie her. Und du führst die gesamte Kojotenarmee genau zu uns.«

    Henbane war eine geschmeidige Fuchsstute. Sie wieherte aufgeregt, als Brendan aufstieg und Prue schwungvoll hinter

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