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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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sich setzte. Prue krümmte sich vor Schmerz, denn die rasche Bewegung des Pferds rüttelte ihre empfindlichen Rippen durch. Mit der einen Hand ergriff Brendan einen Schopf von Henbanes Mähne, mit der anderen deutete er auf das Lager.
    »Schafft die Kinder nach drinnen!«, brüllte er den Räubern zu. »Und bewaffnet euch. Wir haben Kojoten in der Schutzzone!« Das Pferd bäumte sich auf, und Prue schlang verzweifelt die Arme um Brendan und drückte sich eng an seinen Rücken. Nachdem der König sich davon überzeugt hatte, dass alle hastig seine Anweisungen befolgten, trieb er Henbane zum Galopp. Sie raste die Senke hinab, fort vom Lager.
    Als sie die Mündung der Schlucht erreicht hatten und scharf nach rechts auf flaches Gelände abbogen, blickte Prue sich um: Die Hütten und Verschläge schienen sich im Grün des Laubs aufzulösen – schon waren sie verschwunden und von ihrer Umgebung nicht mehr zu unterscheiden. »HÜA!«, schrie Brendan der Stute zu, und sie jagte durch das Unterholz, wich Sträuchern aus und übersprang Baumstämme. Nach einer Weile zog der Räuber an Henbanes Mähne, sodass sie tänzelnd zum Stehen
kam, und sah in die überhängenden Zweige hinauf. »Wo sind sie?«, rief er.
    Eine Stimme ertönte von oben. Prue kniff die Augen zusammen und entdeckte einen in der Baumkrone versteckten Räuber. »Weiter südlich! Hundert Meter. Bei der gespaltenen Eiche!«
    Brendan entgegnete nichts, sondern trieb das Pferd sofort wieder an, und sie rasten durch den Wald, so schnell die Stute sie tragen konnte.
    »Willst du mich denen einfach ausliefern?!«, rief Prue über das Krachen der Pferdehufe hinweg. Wie konnte es eigentlich sein, dass sie jeden, den sie traf, in solche Gefahr brachte? Sie fühlte sich wie der wirkungsvollste Unglücksbringer der Welt.
    »Das würde mir nichts nützen! Dann wären sie trotzdem noch in der Schutzzone und würden herumschnüffeln. Ich könnte sie abhängen, aber ich muss sie dazu bringen, mir zu folgen.« Er pfiff und lenkte das Pferd an einem großen moosbewachsenen Hügel vorbei. »Und du bist mein Köder, Außenweltmädchen!«
    Plötzlich durchbrachen sie eine Wand aus Brombeersträuchern und landeten mitten in einem Trupp Kojotensoldaten. Es waren mindestens fünfzehn von ihnen, wobei sie einige, die ihnen im Weg standen, einfach umwarfen.
    »Das Mädchen!«, bellte einer.
    »Der König!«, rief ein anderer.
    Mit einer geschickten Drehung seines Handgelenks lenkte Brendan
die Stute gen Osten und trat ihr in die Flanken. »HÜA!«, brüllte er, und das Pferd stürmte wieder los. Prue umklammerte Brendans Taille noch fester, während ihr Körper hart auf Henbanes bloßen Rücken knallte. Die Sträucher und Zweige schlugen ihr gegen Arme und Beine.
    Mit wütendem Gebell rannten die Kojoten hinter ihnen her. Ein Verfolgungstrupp trennte sich von der Hauptgruppe und lief jetzt auf allen vieren, sodass die Uniformen allein schon durch ihre kraftvollen Sprünge zerrissen. Jetzt, da sie nur mehr ihren tiefsten tierischen Instinkten folgten, bellten und kläfften sie freudig erregt.
    Henbane keuchte, ihre Muskeln pochten bei jedem Schritt, aber sie kannte das Gelände; Brendan brauchte sie kaum zu führen, während sie flink durch den Wald flog.
    »Schneller! Schneller, Henbane! Vorwärts!«, schrie Brendan heiser.
    Die Hunde kamen näher. Einige holten sie ein, rannten neben ihnen her und schnappten nach Henbanes Fesseln. Als Brendan das bemerkte, riss er an ihrer Mähne und sie bogen seitlich in ein Lachsbeerengestrüpp. Unmittelbar dahinter öffnete sich eine flache Sturzrinne, durch die ein Bach sich geräuschvoll seinen Weg nach unten bahnte. Mit den Fersen gab Brendan der Stute das Kommando zum Sprung, und in weniger als einer Sekunde landeten sie am anderen Ufer. Die Kojoten, die so versessen darauf gewesen waren, das
Pferd an den Fesseln zu Fall zu bringen, fielen unter lautem Gejaule ins rauschende Wasser.
    Prue warf einen vorsichtigen Blick zurück und stellte fest, dass sie zwar ein paar der Verfolger im Bach verloren hatten, der Großteil jedoch den Sprung geschafft hatte und nun wieder aufholte.
    »Sie sind immer noch hinter uns her!«, rief sie.
    Brendan trieb das Pferd noch weiter an, und im Zickzack sausten Henbanes Hufe über den weichen Waldboden.
    »Fast da«, konnte Prue Brendan flüstern hören.
    Plötzlich endete das Gebüsch, und ein kleiner, steiler Abhang führte auf einen breiten Weg, der in die Flanke des Hügels gebaut war. Henbane suchte kurz nach

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