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WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)

WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)

Titel: WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Debatte darüber beendet, wer in die Wildworld vorangehen würde.
    Alys hielt inne, betrachtete sich und ihre Geschwister im Flurspiegel und befingerte dabei den feinen Seidenbeutel, der an einem Schnürsenkel um ihren Hals hing. » Wartet einen Moment ab, nachdem ich durch bin«, sagte sie schließlich. » Wenn etwas Gefährliches auf der anderen Seite ist – wie Cadal Forge –, werde ich schnell zurückkommen.«
    Sie zögerte. » Sind alle so weit? Muss niemand mehr aufs Klo oder so?«
    » Nein! Wir sollten uns besser beeilen!« Claudia konnte es kaum mehr erwarten.
    » Richtig«, antwortete Alys. Sie straffte die Schultern, stellte sich direkt vor den Spiegel und hob eine Hand, als wolle sie einen Perlenvorhang zur Seite schieben. Dann machte sie einen kleinen Schritt.
    » Alys hinter den Spiegeln«, murmelte Charles und lachte nervös.
    Da beugte Janie sich vor und verpasste Alys mit aller Kraft einen plötzlichen Stoß in den Rücken.
    » He …«
    » Pass auf!«
    Charles streckte die Hand nach Alys aus, aber es war zu spät. Sie fiel direkt in den Spiegel. Doch der Spiegel splitterte nicht. Stattdessen flammte ein Kaleidoskop von Farben auf. Charles sah eine orangerote Gestalt, die in einem blaugrünen Wirbel versank. Dann waren die Farben mit einem Mal fort, ohne auch nur ein Kräuseln, das anzeigte, dass sie jemals existiert hatten. Das nächste, was Charles sah, war sein eigenes Spiegelbild, das ihm mit offenem Mund entgegenstarrte.
    Wutentbrannt fiel er über Janie her. » Warum hast du das getan ?«
    Janies purpurfarbene Augen waren eine Spur größer als gewöhnlich, aber sie erwiderte ganz gelassen: » Ich wollte nur helfen. Ich dachte, wenn ich sie nicht anstoße, würde sie niemals von selbst gehen.«
    Charles und Claudia waren viel zu aufgeregt, um lange wütend zu sein. » Gehen wir ihr nach«, sagte Claudia. » Ich jedenfalls gehe.« Und mit diesen Worten tauchte sie in den Spiegel, als hätte sie tagaus, tagein nie etwas anderes getan. Es war wie bei Alys: Eine orangerote Gestalt versank in einem blaugrünen Farbenmeer.
    Nachdem der Spiegel wieder wie ein ganz normaler Spiegel aussah, warf Charles seiner Zwillingsschwester einen raschen Blick zu, dann senkte er den Kopf und stürmte los. Er spürte die Oberfläche des Spiegels nicht, als er hindurchschlüpfte, aber für einen Moment schien die Luft dicker zu werden und um ihn herum zu erzittern. Als seine Füße wieder festen Boden berührten, stellte er fest, dass er sich in einem Raum befand, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Und in dem Alys und Claudia sich staunend umschauten.
    » Es hat funktioniert«, sagte Charles und blickte ungläubig an sich hinab. Sein Körper war tatsächlich völlig unbeschadet durch einen Spiegel geglitten!
    » Und da kommt Janie!«, rief Claudia aufgeregt.
    Zu beobachten, wie jemand aus dem Spiegel kam, war noch merkwürdiger, als jemanden darin verschwinden zu sehen. Zuerst erschien die orangerote Gestalt, dann schwang sich Janies körperloses Bein heraus und schließlich stand Janie selbst da.
    » Ist das nicht ein komisches Gefühl?«, fragte Claudia mit einem wohligen Schaudern.
    Charles nickte. » Wie elektrisierter Wackelpudding.«
    » Scht!«, machte Alys und sah sich unbehaglich um. Sie befanden sich erneut in einem Flur oder Korridor, aber die Decke wölbte sich jetzt etwa sieben Meter über ihren Köpfen, und der Boden und die Wände bestanden aus rauen, bleichen Kalksteinblöcken. Das Bogengewölbe wies zahlreiche massive, eisenbeschlagene Holztüren auf, und die ganze Szenerie wurde von Fackeln beleuchtet, die rauchlos in einem unheimlichen Blau flackerten.
    » Wir sind in Morganas Burg«, flüsterte Claudia, während Charles an ein Fenster trat, das tief in die Mauer eingelassen war. Durch die dicken Glasscheiben erkannte er einen vom Mondlicht erhellten Innenhof.
    » Ich sehe niemanden dort draußen«, flüsterte er. » Und ich höre auch nichts.«
    Alle lauschten. In dem massiven Gemäuer herrschte Totenstille.
    Alys stieß den Atem aus. » Vielleicht ist Cadal Forge gar nicht hier«, sagte sie leise, » aber wir müssen auf jeden Fall vorsichtig sein. Also, Charles und Claudia, ihr geht in den Kerker – äh, ich meine Keller . Wenn ihr Morgana findet, dann bringt ihr sie sofort auf die menschliche Seite hinüber. Danach kommt ihr wieder hierher und gebt uns Bescheid.« Obwohl Alys Angst hatte, war sie schließlich zu dem Schluss gekommen, dass Morganas Sicherheit wichtiger war als ihre eigene.

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