WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)
Überraschung an. » Aber sie muss unser Geheimnis kennen, wenn sie uns helfen soll. Und ich wage zu behaupten, dass sie sogar einen gewissen Anteil an der Stillworld haben muss …«
Ein Ruck ging durch Cadal Forge. Er schien sich wieder gesammelt zu haben und drehte sich jetzt mit scharfem Blick zu Aric um. » Du bist immer noch skeptisch. Wovor hast du Angst? Vielleicht« – er richtete sich auf und sein Schatten an der gegenüberliegenden Wand wurde länger – » meinst du, dass ich es mit ihrer Macht nicht aufnehmen kann?«
Das Gesicht des jüngeren Mannes nahm die Farbe von altem Käse an. Er wandte den Blick ab. » Nein, Herr«, flüsterte Aric nach langem Schweigen. » Ich weiß, was Ihr gefunden habt und wie Ihr es benutzt.«
» Dann lass es mich für die Menschen aufsparen und führe mich nicht in Versuchung, es bei dir anzuwenden«, sagte der Magyrmeister, entspannte sich und lächelte wieder. » Mein alter Freund, sei beruhigt«, fügte er sanft hinzu. » Die Ratsherrin und ich haben uns seit meiner ›Hinrichtung‹ mehr als einmal heimlich getroffen und ich kenne ihre Schwächen. Ich breche morgen nach Weerien auf.« Er wollte Aric, der immer noch ein wenig kränklich aussah, gerade eine Hand auf die Schulter legen – als er jäh innehielt.
Alys war so fasziniert von dem Gespräch gewesen, dass sie sich aus dem Schutz der Dunkelheit immer weiter in den Raum vorgewagt hatte, um besser zu hören. Schließlich stand sie, ohne es zu bemerken, auf einer Linie mit dem Spiegel, und als Cadal Forge nun vortrat, sah er plötzlich die Reflexion eines jungen menschlichen Mädchens.
Ihre Blicke trafen sich im Spiegel und die Macht seiner kristallgrauen Augen traf Alys wie ein Hitzeschwall aus einem Brennofen. Mit einem Aufkeuchen warf sie sich zurück in die Schatten und ihr Spiegelbild verschwand.
» Was war das?«, rief Aric, während Cadal Forge blitzschnell herumwirbelte. Sein scharfer Blick musterte genau die Stelle, wo Alys und ihre drei Geschwister zitternd auf dem Boden lagen. Doch offensichtlich konnten nicht einmal seine scharfen Augen etwas erkennen, denn schon kurz darauf wandte er sich wieder seinem Verbündeten zu.
» Ich weiß es nicht«, erwiderte er. Während er weitersprach, wanderte sein Blick mehrmals zu dem Spiegel an der Wand hinüber und wieder zurück. » Aber du musst den Grauen Stab holen und einen Zauber wirken, der alles ans Licht bringt, was in diesem Raum versteckt ist. Und ich … ich muss sofort ein Portal nach Weerien weben. Wir brauchen Thia Pendriels Hilfe dringender, als ich gedacht habe.«
Aric nickte und eilte davon. Aber Cadal Forge zögerte trotz seiner Worte und schaute sinnend in die Schatten. Briony an seiner Seite stieß ein tiefes, kehliges Knurren aus, und der Blick ihrer gelben Augen ruhte starr auf Elwyns Falken, der nicht mit seiner Herrin entkommen war, sondern unbehaglich auf einem Vorsprung in den Dachsparren hockte.
Da Briony unablässig knurrte, sah der Magyr schließlich auf und folgte ihrem Blick. Dann ließ er geistesabwesend die Finger seiner rechten Hand leicht über den Roten Stab gleiten. Prompt stürzte der Falke mit einem gebrochenen Flügel auf den Steinboden hinab.
Alys hielt Claudia mit ihrer schattenhaften Hand die Augen zu, als Briony über ihn herfiel.
» Seid ihr wirklich jenseits der Spiegel, Freunde Morganas? Beobachtet ihr uns tatsächlich? Dann seht euch dies an.« Cadal Forge übertönte den Lärm, den Briony mit dem Falken veranstaltete. Erneut holte er den großen Edelstein hervor und hielt ihn in Sichtweite sowohl des Spiegels als auch der Schatten. » Seht das Herz der Tapferkeit, ein Juwel aus der Zeit der Vernichtung, neu erschaffen – von mir. Und soll ich euch verraten, wie ich es erschaffen habe?« Der Magyr sprach so gelassen, als richte er das Wort an sichtbare Gäste, ja, er schien sich sogar blendend zu unterhalten.
» Als der Rat mich in das Reich des Chaos verbannte, ist es meinem getreuen Aric gelungen, mir heimlich meinen Stab zu senden. Doch obwohl mir die ganze Macht des Roten Stabes zur Verfügung stand, hatte ich schwer zu kämpfen – ich wäre dem ungebändigten, gewaltigen Strom der Magie beinahe erlegen. Aber mein Lebenswille war stark. Ich rang wie mit einem Feind, der bezwungen werden konnte – und ich habe die magische Macht dieses Reichs bezwungen. Als ich aus einem totenähnlichen Schlaf erwachte, war alles um mich herum verlassen, aber nichts war im Chaos versunken. Alles war still. Das
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