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Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition)

Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition)

Titel: Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Clark
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Laufenden, bestärkten ihn in seiner Entschlossenheit, informierten ihn über neue Vorschläge zur Politik und koordinierten die politische Unterstützung für seine Initiativen in der Arbeiterfrage. Zum großen Teil war es diesen und anderen Anhängern zu verdanken, dass Wilhelm bei Kabinettsdebatten neben dem gefürchteten Kanzler bestehen konnte, sich kundig zu den aktuellen Ereignissen äußerte und die politischen Optionen mit beeindruckender Gewandtheit und Selbstsicherheit auslotete.
    Bismarck ließ in seinen Memoiren kein gutes Haar an diesen Personen und bezeichnete zum Beispiel von Heyden als einen Mann, der unter Künstlern vielleicht als Bergbauexperte durchgehen werde und umgekehrt unter Bergbaubeamten als Künstler. Nach seinem Abschied aus dem Amt schürte Bismarck unablässig Pressegerüchte über die mysteriösen »Hintermänner«, die einen so unverhältnismäßig starken Einfluss auf die höchste Regierungsgewalt ausübten. In Wirklichkeit war der Einfluss »unverantwortlicher« Personen, die dem Monarchen nahe standen, jedoch institutionell in der preußischen Machtstruktur durch die Funktion der zivilen und militärischen Kabinette verankert. Jedenfalls war der Umstand, dass Außenstehende das Ohr des Königs hatten, schon seit langem ein charakteristisches Merkmal des Hoflebens in Preußen. In seinen Memoiren verglich Bismarck die neuen Berater des Kaisers mit der »Coterie von ehrgeizigen Strebern«, die zur Zeit der Thronbesteigung Wilhelms I. entstanden war und »bei demselben [dem Monarchen] das Missverhältnis zwischen edlen Intentionen und mangelhafter Kenntnis des praktischen Lebens ausgebeutet hatte«. 34 Tatsächlich ist häufig zu beobachten, dass höfische Systeme generell zur Herausbildung solcher Beratercliquen neigen, die eine Alternative zu offiziellen Kanälen präsentieren und damit dazu beitragen, dass der Monarch seine Autonomie erfolgreich wahrt. 35 In solchen Situationen gibt nicht der offizielle Rang oder Zuständigkeitsbereich den Ausschlag, sondern die Nähe zum Monarchen. Wie der politische Theoretiker Carl Schmitt ausführte, ist der daraus resultierende Wettstreit um Einfluss und Gunst ein zentrales Problem des Verfassungsrechts, denn wer immer den Machthaber instruiert oder informiert, hat bereits an der Macht teil, unabhängig davon ob er der zuständige, zeichnungsberechtigte Minister ist. 36 Wenn die Entstehung eines außerkonstitutionellen Beraterkreises um Wilhelm II. so viel Aufmerksamkeit unter den Zeitgenossen erregte, so lag das nicht zuletzt an dem außergewöhnlich starken Einfluss, den Bismarck bislang in der Exekutive ausgeübt hatte. Während der beiden vorhergehenden Herrschaften hatte er über sein de facto Machtmonopol in der zivilen Sphäre das »Vorzimmer der Macht« um die Person des Monarchen weitgehend unterdrückt.
    Im Januar 1890 sah sich Wilhelm wegen der Eskalation des Streits mit Bismarck gezwungen, die Optionen, die ihm nach der deutschen Reichsverfassung offenstanden, genauer auszuloten. In Anbetracht der dominierenden Stellung Bismarcks innerhalb der Exekutive war es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, eine Gesetzesvorlage ohne seine Kooperation einzubringen. Die preußische Regierung konnte gegen den Willen des Ministerpräsidenten und Handelsministers (beide Ämter hatte Bismarck inne) kein Gesetz zum Arbeiterschutz in den preußischen Landtag einbringen. Ebenso wenig konnte die preußische Delegation im Bundesrat gegen den Willen des preußischen Außenministers, der das Stimmverhalten dieser Delegation festlegte (wiederum Bismarck), ein solches Gesetz diesem Organ vorlegen. Ein Weg blieb jedoch bei der komplizierten preußisch-deutschen Verfassung: Wenn ein anderer Bundesfürst überredet werden konnte, einen Vorschlag nach den vom Kaiser vorgegebenen Linien in den Bundesrat einzubringen, dann konnte Bismarck nicht verhindern, dass der Vorschlag von den versammelten Vertretern auch diskutiert wurde.
    Die Umstände der Thronbesteigung Wilhelms II. boten günstige Vorzeichen für eine solche Zusammenarbeit unter Monarchen. Fünf Tage vor der Antrittsrede hatte Wilhelms Onkel, Großherzog Friedrich von Baden, in einem Rundschreiben an die übrigen Staatsoberhäupter vorgeschlagen, dass sich die Monarchen persönlich um Wilhelm gruppierten, wenn er den Reichstag eröffnete, um zu bestätigen, dass »der Kaiser auch in ihrem Namen spricht, wenn er Friede verheißt und die Wohlfahrt des Reiches zu fördern gelobt«. 37 Mehrere Monarchen

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