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Wilhelm II.

Wilhelm II.

Titel: Wilhelm II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Gebiet angliedern und sich dadurch zum mindesten die Garantie verschaffen, daß sie
im Falle eines Konfliktes mit Rußland
die serbische Armee nicht gegen sich, sondern auf ihrer Seite haben würde». Deutlicher hätte der Kaiser nicht sprechen können; und als die Österreicher acht Monate später um die deutsche Rückendeckung baten, falls sich ihr Angriff auf Serbien zum Kontinentalkrieg ausweiten sollte, brauchten sie über die Antwort nicht im Zweifel gewesen sein.
    Auch im Westen schritten die Vorbereitungen auf den großenKrieg mit Siebenmeilenstiefeln voran. Im November 1913 führte der belgische König Albert in Potsdam Gespräche mit Wilhelm II. und Moltke, die deren Entschlossenheit klar erkennen ließen, in Kürze über sein Land und Frankreich herzufallen. Ganz im Sinne der Drohungen, die er im Januar 1904 Leopold II. gegenüber ausgesprochen hatte, erklärte Wilhelm dem neuen König, der Krieg gegen Frankreich sei unausweichlich und unmittelbar bevorstehend. Angesichts der erdrückenden Überlegenheit seiner Armee sei sich Deutschland des Sieges sicher, und der König täte gut daran, sich dem Vormarsch nicht zu widersetzen. In Übereinstimmung mit seinem Souverän bekräftigte Moltke dem Gast gegenüber, daß der Krieg mit Frankreich nahe sei. «Eure Majestät werden sich gewiß vorstellen können, was für ein unwiderstehlicher Enthusiasmus das ganze deutsche Volk an diesem Tag mitreißen wird. […] Nichts wird dem furor teutonicus widerstehen können, wenn er erstmal entfesselt ist.» Der Generalstabschef drohte mit schlimmen Folgen, sollte sich das kleine Nachbarland dem Angriff in den Weg stellen. «Die kleinen Staaten haben einen großen Vorteil mit uns zu gehen, denn die Konsequenzen werden hart sein für jene, die gegen uns sein werden.» Wieder einmal gingen die Drohungen des Kaisers wie ein Lauffeuer um die Welt – sie spielten bei der Formulierung des berüchtigten Kriegsschuldparagraphen des Versailler Vertrags noch eine Rolle. Daß sie ernst gemeint waren, das beweisen die zahlreichen kriegerischen Randbemerkungen, die Wilhelm II. in diesen Tagen gegen Frankreich krakelte: «Sie sollen uns nur kommen! Dann werden wir mit Gottes Hülfe
endgültig
mit ihnen
abrechnen
!» oder auch: «Es handelt sich um unser Ansehen in der Welt gegen das von allen Seiten gehetzt wird! also Nacken steif und Hand ans Schwerdt!»
    Falls immer noch die Frage ungeklärt sein sollte, wie sich England in einem europäischen Konflikt verhalten würde, so war Wilhelm II. voller Zuversicht, daß der machtpolitische Hebel seines Schlachtflottenbaus sein Wunder wirke: «England
kommt uns
, nicht trotz, sondern
wegen Meiner Kaiserlichen Marine
!!» jubelte er im Oktober 1913. Genau zu diesem Zeitpunkt gab Tirpitz seinen engsten Mitarbeitern kund, daß er seinenEinfluß für die Herbeiführung eines baldigen Krieges einsetzen werde, auch ohne das Ziel seiner Flottenpolitik erreicht zu haben. «Die Frage, […] ob Deutschland seine Weltstellung wenn nötig England gegenüber erkämpfen soll – mit dem großen Einsatz, den dieser Kampf in sich schließt – oder ob es sich auf die Stellung als europäische Kontinentalmacht zweiter Ordnung von vorn herein beschränken soll, diese Frage ist letzten Endes Sache des politischen Glaubens. Schließlich scheine es einer großen Nation würdiger, um das höchste Ziel zu kämpfen und vielleicht ehrenvoll unterzugehen als ruhmlos auf die Zukunft zu verzichten.»
Der Kaiser in der Julikrise 1914
    Drei Wochen
vor
der Ermordung Franz Ferdinands in Sarajevo am 28. Juni 1914 hatte Kaiser Wilhelm II. prophezeit: «Es kommt bald das III. Kapitel des Balkankrieges, an dem wir alle betheiligt sein werden.» Genau wie im November 1912, als der Entschluß zum Krieg zum ersten Mal gefaßt wurde, befahl der Monarch jetzt der Reichsleitung: «Klarheit im Verhältniß zu England schaffen!» Entsprechend richtete Bethmann Hollweg am 16. Juni – zwei Wochen
vor
dem Attentat in Sarajevo – noch einmal die Gretchenfrage an Lichnowsky, wie England sich verhalten würde, falls ein «beliebiger, auch ganz untergeordneter Interessengegensatz zwischen Rußland und Österreich-Ungarn die Kriegsfackel entzünden» sollte. Am selben Tag zitierte der Generalquartiermeister im Generalstab, Georg Graf von Waldersee, der sich wie Moltke für die Herbeiführung eines Krieges ausgesprochen hatte, die Militärbevollmächtigten der drei nichtpreußischen deutschen Königreiche zu sich und bat sie, bis auf

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