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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Einbildung handelte es sich nicht um Wilhelm Storitz allein, sondern um eine ganze von ihm herangebildete Bande, welche in der wehrlosen Stadt ihren Teufelsspuk trieb.
    Hauptmann Haralan dagegen hielt sich meistens außerhalb unserer Festung auf. Wie von einer fixen Idee gejagt, durcheilte er unausgesetzt die Straßen der Stadt. Er forderte mich niemals auf, ihn zu begleiten. Verfolgte er irgend ein Projekt, von dem er fürchten mußte, es würde nicht meinen Beifall finden? Zählte er auf den unverläßlichen Zufall, der ihm Wilhelm Storitz zuführen würde? Wartete er darauf, daß seine Ankunft in Spremberg oder an einem anderen Orte signalisiert werde, um ihm dahin nachzueilen? Ich hätte gewiß nicht mehr versucht, ihn zurückzuhalten. Ich würde ihn im Gegenteil begleitet und auch versucht haben, uns von diesem Schurken zu befreien.
    Aber diese Möglichkeit bot sich wohl kaum! Weder in Ragz noch anderswo.
    Am Abend des 11. Juni hatte ich ein langes Gespräch mit meinem Bruder. Er schien mehr niedergedrückt denn je und ich befürchtete ernstlich, er könne krank werden. Am besten wäre es gewesen, ihn aus der Stadt zu entfernen, nach Frankreich zurückzuführen, aber er würde sich unter keinen Umständen von Myra getrennt haben. Aber war es denn nicht möglich, daß sich die ganze Familie Roderich für einige Zeit aus Ragz entferne? Diese Frage verdiente ernstliche Beachtung. Ich dachte lange darüber nach und nahm mir vor, mit Dr. Roderich darüber zu sprechen.
    An diesem Tage sagte ich am Schlusse unseres Gespräches zu Markus:
     

    »Hörst Du nicht Schritte hinter jener Türe?…« (S. 170.)
     
    »Mein armer Bruder, ich sehe, daß Du alle Hoffnung verlieren willst; das ist nicht recht. Myras Leben ist nicht in Gefahr, darüber sind die Ärzte einig. Wenn sie noch nicht im Besitze ihrer Geisteskräfte ist, so ist das doch nur ein vorübergehender Zustand, sei dessen gewiß Der Verstand muß ihr wieder zurückkehren, sie wird wieder zum vollen Bewußtsein erwachen, für Dich und die ihrigen….
    – Du willst mich vor der Verzweiflung retten, antwortete Markus mit tränenerstickter Stimme. Aber selbst wenn meine arme Myra wieder das Bewußtsein erlangt, wird sie nicht immer der Willkür dieses Ungeheuers preisgegeben sein? Glaubst Du denn, daß sein Haß befriedigt worden ist durch die bisherigen Teufeleien? Und wenn er seine Rache noch weiter treiben will?… Wenn er… O Heinrich, Du verstehst mich…. Er kann alles – und wir sind machtlos gegen ihn.
    – Nein, rief ich, nein, Markus, es ist nicht unmöglich, ihn zu bekämpfen.
    – Wieso?… Wie meinst Du das?… fragte Markus lebhaft. Nein, Heinrich, Du sprichst anders als Du denkst. Nein, wir sind wehrlos gegen diesen Elenden. Wir können uns nur vor ihm schützen, wenn wir uns in ein Gefängnis zurückziehen. Und wer sagt uns, daß er nicht trotzdem in das Haus eindringen kann.«
    Markus’ Aufregung war so groß, daß ich gar nicht zu antworten versuchte. Er hörte nur sich selbst. Schließlich preßte er meine Hände in die seinen und sagte:
    »Wer sagt Dir, daß wir in diesem Augenblicke allein sind? Ich gehe nie von einem Zimmer ins andere, in den Salon, in die Galerie, ohne die Angst, er könne mir folgen!… Es scheint mir, daß jemand neben mir steht… daß jemand mir ausweicht… daß er zurücktritt, während ich vorwärts schreite… entschwindet, wenn ich ihn fassen will….«
    Während er mit gebrochener Stimme das vorbrachte, schritt er aufgeregt hin und her, als ob er auf der Verfolgung eines unsichtbaren Wesens begriffen sei. Ich wußte nicht, was ich zu seiner Beruhigung ersinnen sollte. Am besten war es, ihn aus diesem Hause zu entfernen, ihn weit fortzubringen, weit, weit….
    »Wer weiß, fing er wieder an, ob er nicht alles belauscht hat, was wir besprechen. Wir glauben, er sei abwesend. Vielleicht ist er hier. Horch!… Hörst Du nicht Schritte hinter jener Türe?… Er ist da!… Komm!… Packen wir ihn…. Töten wir ihn!… Aber – ist das überhaupt möglich?… Hat denn der Tod Gewalt über dieses Ungeheuer in Menschengestalt?«
    In diesem beklagenswerten Zustand befand sich mein armer Bruder! Mußte ich nicht befürchten, daß nach mehreren derartigen Anfällen sein Verstand leiden und er schließlich unterliegen werde, so wie Myra unterlegen war?
    Warum mußte Otto Storitz diese fluchbeladene Erfindung gemacht haben. Warum mußte den Menschen, welchen ohnehin so viele Mittel zur Ausübung des Bösen zur Verfügung

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