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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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    STAUFFACHER
(ruft)
    Der Apfel ist gefallen!
    (indem sich alle nach dieser Seite gewendet und Bertha zwischen Rudenz und den Landvogt sich geworfen, hat Tell den Pfeil
     abgedrückt)
     
    RÖSSELMANN
    Der Knabe lebt!
     
    |146| VIELE STIMMEN
    Der Apfel ist getroffen!
     
    (Walther Fürst schwankt und droht zu sinken, Bertha hält ihn)
     
    GESSLER
(erstaunt)
    Er hat geschossen? Wie? der Rasende!
     
    BERTHA
    Der Knabe lebt! kommt zu euch, guter Vater!
     
    WALTHER TELL
(kommt mit dem Apfel gesprungen)
    Vater, hier ist der Apfel   – Wußt’ ichs ja,
    Du würdest deinen Knaben nicht verletzen.
     
    TELL
(stand mit vorgebognem Leib, als wollt’ er dem Pfeil folgen – die Armbrust entsinkt seiner Hand – wie er den Knaben kommen
     sieht, eilt er ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen, und hebt ihn mit heftiger Inbrunst zu seinem Herzen hinauf, in dieser
     Stellung sinkt er kraftlos zusammen. Alle stehen gerührt)
     
    BERTHA
    O gütger Himmel!
     
    WALTHER FÜRST (
zu Vater und Sohn)
    Kinder! meine Kinder!
     
    STAUFFACHER
    Gott sei gelobt!
     
    |147| LEUTHOLD
    Das war ein Schuß! Davon
    Wird man noch reden in den spätsten Zeiten.
     
    RUDOLPH DER HARRAS
    Erzählen wird man von dem Schützen Tell,
    Solang die Berge stehn auf ihrem Grunde.
    (reicht dem Landvogt den Apfel)
     
    GESSLER
    Bei Gott! der Apfel mitten durch geschossen!
    Es war ein Meisterschuß, ich muß ihn loben.
     
    RÖSSELMANN
    Der Schuß war gut, doch wehe dem, der ihn
    Dazu getrieben, daß er Gott versuchte.
     
    STAUFFACHER
    Kommt zu euch, Tell, steht auf, ihr habt euch männlich
    Gelößt, und frei könnt ihr nach Hause gehen.
     
    RÖSSELMANN
    Kommt, kommt und bringt der Mutter ihren Sohn.
     
    (Sie wollen ihn wegführen)
     
    GESSLER
    Tell, höre!
     
    |148| TELL
(kommt zurück)
    Was befehlt ihr, Herr?
     
    GESSLER
    Du stecktest
    Noch einen zweiten Pfeil zu dir – Ja, ja,
    Ich sah es wohl – Was meintest du damit?
     
    TELL
(verlegen)
    Herr, das ist also bräuchlich bei den Schützen.
     
    GESSLER
    Nein Tell, die Antwort laß ich dir nicht gelten,
    Es wird was anders wohl bedeutet haben.
    Sag mir die Wahrheit frisch und frölich, Tell,
    Was es auch sei, dein Leben sichr’ ich dir.
    Wozu der zweite Pfeil?
     
    TELL
    Wohlan, o Herr,
    Weil ihr mich meines Lebens habt gesichert,
    So will ich euch die Wahrheit gründlich sagen.
    (er zieht den Pfeil aus dem Goller und sieht den Landvogt mit einem furchtbaren Blick an)
    Mit diesem zweiten Pfeil durchschoß ich – Euch,
    |149| Wenn ich mein liebes Kind getroffen hätte,
    Und Eurer – wahrlich! hätt’ ich nicht gefehlt.
     
    GESSLER
    Wohl, Tell! Des Lebens hab ich dich gesichert,
    Ich gab mein Ritterwort, das will ich halten –
    Doch weil ich deinen bösen Sinn erkannt,
    Will ich dich führen lassen und verwahren,
    Wo weder Mond noch Sonne dich bescheint,
    Damit ich sicher sei vor deinen Pfeilen.
    Ergreift ihn, Knechte! Bindet ihn!
     
    (Tell wird gebunden)
     
    STAUFFACHER
    Wie, Herr?
    So könntet ihr an einem Manne handeln,
    An dem sich Gottes Hand sichtbar verkündigt?
     
    GESSLER
    Laß sehn, ob sie ihn zweymal retten wird.
    – Man bring ihn auf mein Schiff, ich folge nach
    Sogleich, ich selbst will ihn nach Küßnacht führen.
     
    RÖSSELMANN
    Das dürft ihr nicht, das darf der Kaiser nicht,
    Das widerstreitet unsern Freiheitsbriefen!
     
    |150| GESSLER
    Wo sind sie? Hat der Kaiser sie bestätigt?
    Er hat sie nicht bestätigt – Diese Gunst
    Muß erst erworben werden durch Gehorsam.
    Rebellen seid ihr alle gegen Kaisers
    Gericht und nährt verwegene Empörung.
    Ich kenn euch alle – ich durchschau euch ganz –
    Den nehm ich jetzt heraus aus eurer Mitte,
    Doch alle seid ihr theilhaft seiner Schuld,
    Wer klug ist, lerne schweigen und gehorchen.
    (er entfernt sich, Bertha, Rudenz, Harras und Knechte folgen, Frießhardt und Leuthold bleiben zurück)
     
    WALTHER FÜRST
(in heftigem Schmerz)
    Es ist vorbei, er hats beschlossen, mich
    Mit meinem ganzen Hause zu verderben!
     
    STAUFFACHER
(zum Tell)
    O warum mußtet ihr den Wüthrich reizen!
     
    TELL
    Bezwinge sich, wer meinen Schmerz gefühlt!
     
    STAUFFACHER
    O nun ist alles, alles hin! Mit euch
    Sind wir gefesselt alle und gebunden!
     
    |151| LANDLEUTE
(umringen den Tell)
    Mit euch geht unser letzter Trost dahin!
     
    LEUTHOLD
(nähert sich)
    Tell, es erbarmt mich – doch ich muß gehorchen.
     
    TELL
    Lebt wohl!
     
    WALTHER TELL
(sich mit heftigem Schmerz an ihn schmiegend)
    O Vater! Vater! Lieber Vater!
     
    TELL

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