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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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(hebt die Arme zum Himmel)
    Dort droben ist dein Vater! den ruf an!
     
    STAUFFACHER
    Tell, sag ich eurem Weibe nichts von euch?
     
    TELL
(hebt den Knaben mit Inbrunst an seine Brust)
    Der Knab’ ist unverlezt, mir wird Gott helfen.
    (reißt sich schnell los und folgt den Waffenknechten)

VIERTER AUFZUG
    ERSTE SCENE
    Oestliches Ufer des Vierwaldstättensees, die seltsam gestalteten schroffen Felsen im Westen schließen den Prospekt. Der See
     ist bewegt, heftiges Rauschen und Tosen, dazwischen Blitze und Donnerschläge.
     
    KUNZ VON GERSAU.   FISCHER
und
FISCHERKNABE.
     
    KUNZ
    Ich sahs mit Augen an, ihr könnt mirs glauben,
    ’s ist alles so geschehn, wie ich euch sagte.
     
    FISCHER
    Der Tell gefangen abgeführt nach Küßnacht,
    Der beste Mann im Land, der bravste Arm,
    Wenns einmal gelten sollte für die Freiheit.
     
    KUNZ
    Der Landvogt führt ihn selbst den See herauf,
    Sie waren eben dran sich einzuschiffen,
    Als ich von Flüelen abfuhr, doch der Sturm,
    Der eben jetzt im Anzug ist, und der
    |153| Auch mich gezwungen, eilends hier zu landen,
    Mag ihre Abfahrt wohl verhindert haben.
     
    FISCHER
    Der Tell in Fesseln, in des Vogts Gewalt!
    O glaubt, er wird ihn tief genug vergraben,
    Daß er des Tages Licht nicht wieder sieht!
    Denn fürchten muß er die gerechte Rache
    Des freien Mannes, den er schwer gereizt!
     
    KUNZ
    Der Altlandammann auch, der edle Herr
    Von Attinghausen, sagt man, lieg’ am Tode.
     
    FISCHER
    So bricht der letzte Anker unsrer Hofnung!
    Der war es noch allein, der seine Stimme
    Erheben durfte für des Volkes Rechte!
     
    KUNZ
    Der Sturm nimmt überhand. Gehabt euch wohl,
    Ich nehme Herberg in dem Dorf, denn heut
    Ist doch an keine Abfahrt mehr zu denken.
    (geht ab)
     
    |154| FISCHER
    Der Tell gefangen und der Freiherr todt!
    Erheb die freche Stirne, Tyrannei,
    Wirf alle Schaam hinweg, der Mund der Wahrheit
    Ist stumm, das seh’nde Auge ist geblendet,
    Der Arm, der retten sollte, ist gefesselt!
     
    KNABE
    Es hagelt schwer, kommt in die Hütte, Vater,
    Es ist nicht kommlich, hier im Freien hausen.
     
    FISCHER
    Raset ihr Winde, flammt herab ihr Blitze,
    Ihr Wolken berstet, gießt herunter, Ströme
    Des Himmels und ersäuft das Land! Zerstört
    Im Keim die ungebohrenen Geschlechter!
    Ihr wilden Elemente werdet Herr,
    Ihr Bären kommt, ihr alten Wölfe wieder
    Der großen Wüste, euch gehört das Land,
    Wer wird hier leben wollen ohne Freiheit!
     
    KNABE
    Hört, wie der Abgrund toßt, der Wirbel brüllt,
    So hats noch nie geraßt in diesem Schlunde!
     
    |155| FISCHER
    Zu zielen auf des eignen Kindes Haupt,
    Solches ward keinem Vater noch geboten!
    Und die Natur soll nicht in wildem Grimm
    Sich drob empören – O mich solls nicht wundern,
    Wenn sich die Felsen bücken in den See,
    Wenn jene Zacken, jene Eisesthürme,
    Die nie aufthauten seit dem Schöpfungstag,
    Von ihren hohen Kulmen niederschmelzen,
    Wenn die Berge brechen, wenn die alten Klüfte
    Einstürzen, eine zweite Sündfluth alle
    Wohnstätten der Lebendigen verschlingt!
     
    (man hört läuten)
     
     
    KNABE
    Hört ihr, sie läuten droben auf dem Berg,
    Gewiß hat man ein Schiff in Noth gesehn,
    Und zieht die Glocke, daß gebetet werde.
    (steigt auf eine Anhöhe)
     
    FISCHER
    Wehe dem Fahrzeug, das jezt unterwegs,
    In dieser furchtbarn Wiege wird gewiegt!
    |156| Hier ist das Steuer unnütz und der Steurer,
    Der Sturm ist Meister, Wind und Welle spielen
    Ball mit dem Menschen   – Da ist nah’ und fern
    Kein Busen, der ihm freundlich Schutz gewährte!
    Handlos und schroff ansteigend starren ihm
    Die Felsen, die unwirthlichen, entgegen,
    Und weisen ihm nur ihre steinern schroffe Brust.
     
    KNABE
(deutet links)
    Vater, ein Schiff, es kommt von Flüelen her.
     
    FISCHER
    Gott helf den armen Leuten! Wenn der Sturm
    In dieser Wasserkluft sich erst verfangen,
    Dann raßt er um sich mit des Raubthiers Angst,
    Das an des Gitters Eisenstäbe schlägt,
    Die Pforte sucht er heulend sich vergebens,
    Denn ringsum schränken ihn die Felsen ein,
    Die himmelhoch den engen Paß vermauren.
    (er steigt auf die Anhöhe)
     
    KNABE
    Es ist das Herrenschiff von Uri, Vater,
    Ich kenns am rothen Dach und an der Fahne.
     
    |157| FISCHER
    Gerichte Gottes! Ja, er ist es selbst,
    Der Landvogt, der da fährt – Dort schifft er hin,
    Und führt im Schiffe sein Verbrechen mit!
    Schnell hat der Arm des Rächers ihn gefunden,
    Jezt kennt er über sich den stärkern Herrn,
    Diese Wellen geben nicht auf seine Stimme,
    Diese Felsen bücken ihre

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