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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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sagt, du nehmst es auf mit jedem Schützen?
     
    WALTHER TELL
    Und das muß wahr seyn, Herr – ‘nen Apfel schießt
    Der Vater dir vom Baum auf hundert Schritte.
     
    GESSLER
    Ist das dein Knabe, Tell?
     
    TELL
    Ja, lieber Herr. GESSLER
    Hast du der Kinder mehr?
     
    |135| TELL
    Zwey Knaben, Herr.
     
    GESSLER
    Und welcher ists, den du am meisten liebst?
     
    TELL
    Herr, beide sind sie mir gleich liebe Kinder.
     
    GESSLER
    Nun Tell! Weil du den Apfel trifst vom Baume
    Auf hundert Schritte, so wirst du deine Kunst
    Vor mir bewähren müßen – Nimm die Armbrust –
    Du hast sie gleich zur Hand – und mach dich fertig,
    Einen Apfel von des Knaben Kopf zu schießen –
    Doch will ich rathen, ziele gut, daß du
    Den Apfel treffest auf den ersten Schuß,
    Denn fehlst du ihn, so ist dein Kopf verloren.
     
    (Alle geben Zeichen des Schreckens)
     
    TELL
    Herr   – Welches Ungeheure sinnet ihr
    Mir an – Ich soll vom Haupte meines Kindes –
    – Nein, nein doch, lieber Herr, das kömmt euch nicht
    |136| Zu Sinn   – Verhüts der gnädge Gott – das könnt ihr
    Im Ernst von einem Vater nicht begehren!
     
    GESSLER
    Du wirst den Apfel schießen von dem Kopf
    Des Knaben   – Ich begehrs und wills.
     
    TELL
    Ich soll
    Mit meiner Armbrust auf das liebe Haupt
    Des eignen Kindes zielen – Eher sterb ich!
     
    GESSLER
    Du schießest oder stirbst mit deinem Knaben.
     
    TELL
    Ich soll der Mörder werden meines Kinds!
    Herr, ihr habt keine Kinder – wisset nicht,
    Was sich bewegt in eines Vaters Herzen.
     
    GESSLER
    Ey Tell, du bist ja plötzlich so besonnen!
    Man sagte mir, daß du ein Träumer seyst,
    Und dich entfernst von andrer Menschen Weise.
    Du liebst das Seltsame   – Drum hab’ ich jezt
    |137| Ein eigen Wagstück für dich ausgesucht.
    Ein andrer wohl bedächte sich – Du drückst
    Die Augen zu, und greifst es herzhaft an.
     
    BERTHA
    Scherzt nicht, o Herr! mit diesen armen Leuten!
    Ihr seht sie bleich und zitternd stehn – So wenig
    Sind sie Kurzweils gewohnt aus eurem Munde.
     
    GESSLER
    Wer sagt euch, daß ich scherze?
    (greift nach einem Baumzweige, der über ihn herhängt)
    Hier ist der Apfel.
    Man mache Raum   – Er nehme seine Weite,
    Wies Brauch ist – Achzig Schritte geb ich ihm –
    Nicht weniger, noch mehr – Er rühmte sich,
    Auf ihrer hundert seinen Mann zu treffen –
    Jezt Schütze triff, und fehle nicht das Ziel!
     
    RUDOLPH DER HARRAS
    Gott, das wird ernsthaft – Falle nieder Knabe,
    Es gilt, und fleh den Landvogt um dein Leben.
     
    WALTHER FÜRST
(bei Seite zu Melchthal, der kaum seine Ungeduld bezwingt)
    Haltet an euch, ich fleh euch drum, bleibt ruhig.
     
    |138| BERTHA
(zum Landvogt)
    Laßt es genug seyn Herr! Unmenschlich ists,
    Mit eines Vaters Angst also zu spielen.
    Wenn dieser arme Mann auch Leib und Leben
    Verwirkt durch seine leichte Schuld, bei Gott!
    Er hätte jezt zehnfachen Tod empfunden.
    Entlaßt ihn ungekränkt in seine Hütte,
    Er hat euch kennen lernen, dieser Stunde
    Wird er und seine Kindeskinder denken.
     
    GESSLER
    Oefnet die Gasse   – Frisch! Was zauderst du?
    Dein Leben ist verwirkt, ich kann dich tödten,
    Und sieh, ich lege gnädig dein Geschick
    In deine eigne kunstgeübte Hand.
    Der kann nicht klagen über harten Spruch,
    Den man zum Meister seines Schicksals macht.
    Du rühmst dich deines sichern Blicks! Wohlan!
    Hier gilt es, Schütze, deine Kunst zu zeigen[,]
    Das Ziel ist würdig und der Preiß ist groß!
    Das Schwarze treffen in der Scheibe, das
    Kann auch ein andrer, der ist mir der Meister,
    |139| Der seiner Kunst gewiß ist überal,
    Dems Herz nicht in die Hand tritt noch ins Auge.
     
    WALTHER FÜRST
(wirft sich vor ihm nieder)
    Herr Landvogt, wir erkennen eure Hoheit,
    Doch lasset Gnad’ vor Recht ergehen, nehmt
    Die Hälfte meiner Haabe, nehmt sie ganz,
    Nur dieses Gräßliche erlasset einem Vater!
     
    WALTHER TELL
    Großvater, knie nicht vor dem falschen Mann!
    Sagt, wo ich hinstehn soll, ich fürcht mich nicht,
    Der Vater trift den Vogel ja im Flug,
    Er wird nicht fehlen auf das Herz des Kindes.
     
    STAUFFACHER
    Herr Landvogt, rührt euch nicht des Kindes Unschuld?
     
    RÖSSELMANN
    O denket, daß ein Gott im Himmel ist,
    Dem ihr müßt Rede stehn für eure Thaten.
     
    GESSLER
(zeigt auf den Knaben)
    Man bind ihn an die Linde dort!
     
    |140| WALTHER TELL
    Mich binden!
    Nein, ich will nicht gebunden seyn. Ich will
    Still halten, wie ein Lamm und auch nicht athmen.
    Wenn ihr mich bindet, nein, so kann ichs nicht,
    So

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