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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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Leibeskräften angestemmt,
    Den hintern Gransen an die Felswand hin –
    Jezt schnell mein Schießzeug fassend, schwing ich selbst
    Hochspringend auf die Platte mich hinauf,
    Und mit gewaltgem Fußstoß hinter mich
    Schleudr’ ich das Schifflein in den Schlund der Wasser –
    Dort mags, wie Gott will, auf den Wellen treiben!
    So bin ich hier, gerettet aus des Sturms
    Gewalt und aus der schlimmeren der Menschen[.]
     
    |164| FISCHER
    Tell, Tell, ein sichtbar Wunder hat der Herr
    An euch gethan, kaum glaub ichs meinen Sinnen –
    Doch saget! Wo gedenket ihr jezt hin,
    Denn Sicherheit ist nicht für euch, wofern
    Der Landvogt lebend diesem Sturm entkommt.
     
    TELL
    Ich hört’ ihn sagen, da ich noch im Schiff
    Gebunden lag, er woll’ bei Brunnen landen,
    Und über Schwytz nach seiner Burg mich führen.
     
    FISCHER
    Will er den Weg dahin zu Lande nehmen?
     
    TELL
    Er denkts.
     
    FISCHER
    O so verbergt euch ohne Säumen,
    Nicht zweymal hilft euch Gott aus seiner Hand.
     
    TELL
    Nennt mir den nächsten Weg nach Arth und Küßnacht.
     
    FISCHER
    Die offne Straße zieht sich über Steinen,
    |165| Doch einen kürzern Weg und heimlichern
    Kann euch mein Knabe über Lowerz führen.
     
    TELL
(giebt ihm die Hand)
    Gott lohn euch eure Gutthat. Lebet wohl.
    (geht und kehrt wieder um)
    – Habt ihr nicht auch im Rütli mit geschworen?
    Mir däucht, man nannt euch mir –
     
    FISCHER
    Ich war dabei,
    Und hab den Eid des Bundes mit beschworen.
     
    TELL
    So eilt nach Bürglen, thut die Lieb’ mir an,
    Mein Weib verzagt um mich, verkündet ihr,
    Daß ich gerettet sey und wohl geborgen.
     
    FISCHER
    Doch wohin sag ich ihr, daß ihr geflohn?
     
    TELL
    Ihr werdet meinen Schwäher bei ihr finden
    Und andre, die im Rütli mit geschworen –
    Sie sollen wacker seyn und gutes Muths,
    |166| Der Tell sey frei und seines Armes mächtig,
    Bald werden sie ein weitres von mir hören.
     
    FISCHER
    Was habt ihr im Gemüth? Entdeckt mirs frei.
     
    TELL
    Ist es gethan, wirds auch zur Rede kommen.
    (geht ab)
     
    FISCHER
    Zeig ihm den Weg, Jenny   – Gott steh ihm bey!
    Er führts zum Ziel, was er auch unternommen.
    (geht ab)

ZWEYTE SCENE
    Edelhof zu Attinghausen
     
    Der
FREIHERR,
in einem Armsessel, sterbend.
WALTHER FÜRST, STAUFFACHER, MELCHTHAL
und
BAUMGARTEN
um ihn beschäftigt.
WALTHER TELL
knieend vor dem Sterbenden.
     
    WALTHER FÜRST
    Es ist vorbei mit ihm, er ist hinüber.
     
    STAUFFACHER
    Er liegt nicht wie ein Todter   – Seht, die Feder
    |167| Auf seinen Lippen regt sich! Ruhig ist
    Sein Schlaf und friedlich lächeln seine Züge.
     
    (Baumgarten geht an die Thüre und spricht mit jemand)
     
    WALTHER FÜRST
(zu Baumgarten)
    Wer ists?
     
    BAUMGARTEN
(kommt zurück)
    Es ist Frau Hedwig, eure Tochter,
    Sie will euch sprechen, will den Knaben sehn.
     
    (Walther Tell richtet sich auf)
     
    WALTHER FÜRST
    Kann ich sie trösten? Hab ich selber Trost?
    Häuft alles Leiden sich auf meinem Haupt?
     
    HEDWIG
(hereindringend)
    Wo ist mein Kind? Laßt mich, ich muß es sehn –
     
    STAUFFACHER
    Faßt euch, bedenkt, daß ihr im Haus des Todes –
     
    HEDWIG
(stürzt auf den Knaben)
    Mein Wälty! O er lebt mir.
     
    WALTHER TELL
(hängt an ihr)
    Arme Mutter!
     
    |168| HEDWIG
    Ists auch gewiß? Bist du mir unverlezt?
    (betrachtet ihn mit ängstlicher Sorgfalt)
    Und ist es möglich? Konnt’ er auf dich zielen?
    Wie konnt’ ers? O er hat kein Herz   – Er konnte
    Den Pfeil abdrücken auf sein eignes Kind!
     
    WALTHER FÜRST
    Er thats mit Angst, mit schmerzzerrissner Seele,
    Gezwungen that ers, denn es galt das Leben.
     
    HEDWIG
    O hätt er eines Vaters Herz, eh er’s
    Gethan, er wäre tausendmal gestorben!
     
    STAUFFACHER
    Ihr solltet Gottes gnädge Schickung preisen,
    Die es so gut gelenkt –
     
    HEDWIG
    Kann ich vergessen,
    Wie’s hätte kommen können – Gott des Himmels!
    Und lebt’ ich achtzig Jahr   – Ich seh den Knaben ewig
    Gebunden stehn, den Vater auf ihn zielen,
    Und ewig fliegt der Pfeil mir in das Herz.
     
    |169| MELCHTHAL
    Frau, wüßtet ihr, wie ihn der Vogt gereizt!
     
    HEDWIG
    O rohes Herz der Männer! Wenn ihr Stolz
    Beleidigt wird, dann achten sie nichts mehr,
    Sie setzen in der blinden Wuth des Spiels
    Das Haupt des Kindes und das Herz der Mutter!
     
    BAUMGARTEN
    Ist eures Mannes Loos nicht hart genug,
    Daß ihr mit schwerem Tadel ihn noch kränkt?
    Für seine Leiden habt ihr kein Gefühl?
     
    HEDWIG
(kehrt sich nach ihm um und sieht ihn mit einem großen Blick an)
    Hast Du

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