Will Gallows – Der Schrei des Donnerdrachen (German Edition)
ihn sehen?«, fragte ich ihn.
»Ich wüsste nicht, was dagegenspräche. Er sitzt im Gefängnis von Mid-Rock City. Warst du schon mal da?«
»Nein.«
»Ich lasse dich von einem meiner Männer hinbringen. Du darfst deinen Onkel fünf Minuten lang besuchen, nicht länger, verstanden?«
»Ja, Sir. Danke.« Er hielt mir die Tür auf und ich ging hinaus. »Ich werde seine Unschuld beweisen.«
Kaum war ich wieder bei Jez im Zimmer, sprang sie von ihrer Pritsche. »Ich komme mit«, sagte sie. »Ich habe meine Chefin gefragt, ob ich ein paar Tage freinehmen kann, und sie hat ja gesagt. Du hast doch nichts dagegen, Will, oder?«
»Soll das ein Witz sein? Ich freue mich über jede Hilfe. Aber bist du dir wirklich sicher? Ich habe nämlich das Gefühl, dass diejenigen, die das Ganze angezettelt haben, nicht besonders erfreut reagieren werden, wenn wir hinter ihnen herschnüffeln.«
Sie warf mir einen Blick zu, der mir unmissverständlich deutlich machte, dass ich mit dieser Frage nur meinen Atem verschwendet hatte. Ich grinste und nickte. »Das heißt also, dass du dir sicher bist.«
Wir blieben noch eine Weile in Jez’ Zimmer, dann klopfte es an die Tür. Jez machte auf. Der Wachposten, der uns am Forteingang aufgehalten hatte, stand grinsend vor uns.
Jez starrte ihn böse an. »Nicht du schon wieder«, stöhnte sie.
»Das Gleiche könnte ich auch sagen. Was habe ich eigentlich verbrochen, dass ich mich die ganze Zeit mit euch Kindern abgeben muss?«
Ich setzte meinen Hut auf. »Scheint wohl Ihr Glückstag zu sein. Na, dann, gehen wir.«
Ich schaute noch kurz bei Moonshine im Stall vorbei und sagte ihr, was wir vorhatten. Dann gingen wir hinter dem Wachposten her zum Fort hinaus und hinunter in die Stadt. Die Sonne brannte vom Himmel, wie immer auf dem Mittelstamm – so kam es mir zumindest vor. Das Troll-Viertel mit den eng beisammenstehenden Häusern erinnerte mich irgendwie an Oretown. Auf den Straßen war niemand zu sehen.
»Dein Onkel steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten«, sagte der Wachposten, als wir am Galgen von Mid-Rock City vorbeikamen. Die Schlinge baumelte im Wind. Als mir klarwurde, dass Onkel Wilder Wolf, falls er schuldig gesprochen wurde, hier seine letzten Atemzüge tun würde, spürte ich, wie mir die Magensäure in die Kehle stieg.
»Das Ganze ist ein Täuschungsmanöver. Aber Sie glauben mir bestimmt genauso wenig wie alle anderen, also bringen Sie uns einfach zum Gefängnis, und fertig.«
»Du brauchst nicht gleich sauer zu werden, junger Mann. Da vorne ist es schon.«
Das Gefängnis von Mid-Rock City war ein tristes Steinhaus, das einen frischen Anstrich gut hätte gebrauchen können. Es besaß eine schmale Tür und ein noch schmaleres, vergittertes Fenster.
Der Wachposten ging als Erstes hinein, und wir folgten ihm. Wir gelangten in einen Gang mit vier Zellen, der sich über die halbe Länge des Gebäudes erstreckte. In der anderen Hälfte standen nichts weiter als ein Schreibtisch und ein Stuhl. Dort saß der Gefängniswärter. Er erhob sich bei unserem Eintreten und spannte den Hahn seines Revolvers. Doch kaum hatte er die Uniform des Himmelskavalleristen gesehen, steckte er die Waffe wieder weg.
»Wie viele Gäste hast du denn zurzeit in deiner kleinen Pension untergebracht, altes Haus?«, erkundigte sich der Wachposten.
»Die Hütte ist voll.« Der Gefängniswärter grinste. »Acht Mörder, die allesamt auf den Galgen warten: Peitschenschwänze, Menschen, Schlangenbäuche und, du wirst es kaum glauben, sogar zwei Elfen!«
Aber es gab doch nur vier Zellen! Der Wachposten hatte meinen verwirrten Blick anscheinend bemerkt und flüsterte mir zu: »Der Alte schielt schlimmer als eine tausend Jahre alte Schildkröte. In Wirklichkeit sind es nur vier Gefangene.«
Der Wärter drehte sich zu uns um. Erst jetzt bemerkte ich, dass er mit beiden Augen direkt auf seine Nasenspitze schaute. Es sah sehr seltsam aus. Wie sicher mochte ein Gefängnis mit einem schielenden Gefängniswärter wohl sein?
»Was kann ich für euch tun?«, sagte er und musterte mich – beziehungsweise, da er ja alles doppelt sah, uns beide – von Kopf bis Fuß.
»Die Kinder hier würden gerne deinen neuesten Gast besuchen, diesen mörderischen Zauberelf«, sagte der Wachposten.
»Die
beiden
Elfen meinst du wohl. Ich hab zwei davon in der hintersten Zelle sitzen.«
»Ja, von mir aus.« Der Wachposten stöhnte. »Fünf Minuten, und keine Sekunde länger.«
Der Wärter richtete seine verirrten Pupillen auf Jez
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