Will Gallows – Der Schrei des Donnerdrachen (German Edition)
vielleicht eine Ahnung,
wie
es passiert sein könnte. Aber
was
es war, wissen wir immer noch nicht.«
»Da kann uns der Chef der Eisenbahn vielleicht weiterhelfen. Kann bestimmt nicht schaden, ihm mal einen Besuch abzustatten.«
»Also dann, worauf warten wir noch?«, sagte Jez und machte sich schon auf den Weg zu der Stelle, wo Moonshine und ihr eigenes Pferd ein paar Grashalme knabberten. »Na los, komm schon, auf nach Mid-Rock City.«
Wir ritten zuerst nach Phoenix Rise. Als wir dort ankamen, war es schon fast Nacht. Darum beschlossen wir, die Pferde in den Stall zu bringen und morgen früh den ersten Zug nach Mid-Rock City zu nehmen. Zum Abendessen gab es ein kräftiges Rindergulasch, und wir berichteten Tyrone von Wilder Wolfs Festnahme.
Tyrone war schockiert. »Anscheinend ist der ganze Kaktusfelsen verrückt geworden«, sagte er. »Ich nehme jede Nacht mein Gewehr mit ins Bett, und wir passen alle auf, dass wir ja nicht zu dicht an die Grenze zu den Gatlans geraten.«
»Tja, wir werden nicht zulassen, dass sie damit durchkommen. Jez und ich wollen dem High Sheriff beweisen, dass die Gatlans zwei dreckige, gemeine Lügner sind.«
Am nächsten Morgen steckte ich ein paar Rindfleischstreifen, eine Wasserflasche und einen Beutel mit heilenden Zauberkräutern in meine Tasche, dazu noch das Blasrohr und ein Gläschen mit Froschgift. Tyrone wollte sich um Jez’ Pferd kümmern und auch darauf achten, ob Moonshine wieder nach Hause kam.
Denn danach flog Moonshine mich und Jez zum Bahnhof von Dugtown. Der Klippenflitzer kam zur gleichen Zeit wie wir dort angeschnauft.
»Danke, Shy. Wir sind bald zurück. Hoffentlich wissen wir dann schon ein bisschen genauer, was hier los sein könnte.«
»Ich könnte euch auch hinfliegen. Dann würdet ihr das Fahrgeld sparen.«
Ich streichelte ihr die Nüstern. »Du bist in der letzten Woche sehr viel geflogen, Shy. Ruh dich aus. Ich glaube, du wirst in den nächsten Tagen noch alle Kräfte brauchen – genau wie wir. Außerdem vermuten Jez und ich, dass der Klippenflitzer irgendetwas mit der Sache zu tun haben könnte. Darum wollen wir mitfahren und uns das Ganze mal aus der Nähe ansehen.«
Wir suchten uns einen Platz in einem der hinteren Waggons und starrten durch das verschmierte Fenster nach draußen. Der Zug setzte sich in Bewegung, und schon bald fuhren wir, begleitet vom gleichmäßigen
Rakata-Rakata
der Räder, an dem zerstörten Fort vorbei. Ich starrte auf die Überreste des durchlöcherten Palisadenzauns und dachte an meinen Onkel im Gefängnis. Welches Schicksal erwartete ihn?
Dann lag das Fort hinter uns, und wir überquerten die Brücke, die den östlichen Arm des Großen Kaktusfelsens mit dem Mittelstamm verband.
Jez spielte mit dem kleinen Skorpionanhänger, der an einem Lederband um ihren Hals hing.
»Weißt du noch, als du mir den geschenkt hast?«
»Die Luftschächte der Mine in Deadrock … wie könnte ich das vergessen?«
»Weißt du, dass ich ihn kein einziges Mal abgenommen habe? Das ist mein Glücksbringer.«
»Dann hoffe ich, dass er uns auch hilft, wenn wir nach Mid-Rock City kommen. Glück werden wir dort nämlich ganz bestimmt brauchen, und zwar nicht zu knapp.«
Ich hatte schon fast vergessen, wie groß der Bahnhof von Mid-Rock City war. Erst, als der Klippenflitzer mit quietschenden Bremsen am Bahnsteig anhielt, fiel es mir wieder ein: vier Bahnsteige und dazu ein riesiges Bahnhofsgebäude mit Wartesaal, Saloon, Toiletten, Büros und einer Kutschenstation für all die Leute, die von hier aus noch weiterwollten.
Wir kamen an einem Zeitungskiosk vorbei, und ich warf einen schnellen Blick auf die Schlagzeile der
Mid-Rock City Times
:
Ich kaufte mir ein Exemplar. »Da, schau mal, Jez. Hier steht, dass es jetzt schon mehrere Beben pro Tag gibt. Und schon wieder ist ein großes Felsstück abgebrochen und ins Ödland gestürzt.«
Ich dachte an Yenene, die wahrscheinlich immer noch in ihrem Schaukelstuhl saß, während um sie herum ganz Phoenix Creek in sich zusammenstürzte. Warum war sie bloß so dickköpfig? Warum konnte sie nicht einfach alles hinter sich lassen und noch einmal neu anfangen? Eigentlich hätte ich ihr möglichst schnell erzählen müssen, was ihrem Bruder zugestoßen war, aber andererseits … war es wahrscheinlich erst einmal wichtiger, Onkel Wilder Wolf vor dem Galgen zu retten.
»Yenene muss endlich Vernunft annehmen. Sie muss Phoenix Creek verlassen, Will, solange sie noch eine Chance hat.«
Wir
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