Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
noch einmal im Zimmer um. »Kein Glück bei der Suche nach einer anderen Unterkunft?«
    Sie hatte ihn das beim letzten Mal auch schon gefragt. »Sollte ich mir was anderes suchen?«
    »Ich weiß auch nicht, John. Sieht aus, als würde das Loch hier langsam zu klein für Sie werden.«
    »Na ja, ich...«
    »Es gibt da ein Haus drüben an der Dugdale. Ein Mr. Applebaum führt es. Ich rufe noch heute Abend dort an, wenn Sie wollen.«
    »Ja«, sagte er. Sie hatte ihm bisher noch keine Hilfe angeboten, und jetzt beunruhigte es ihn, dass sie es tat. Trotzdem meinte er: »Vielen Dank« und: »Das wäre nett.«
    »Sie ziehen dann aber wirklich schnell um, hören Sie? Wie morgen zum Beispiel?«
    Er verstand die Eile nicht, aber er antwortete: »Okay.«
    Sie hängte sich die Handtasche um und kramte darin nach ihren Schlüsseln. »Und, John?«
    »Ja, Ma'am?«
    »Was immer Sie eben aus dem Fenster geworfen haben, als ich Ihnen den Rücken zukehrte«, sie schaute von ihrer Handtasche hoch und grinste ihn verschmitzt an, »sorgen Sie dafür, dass es Ihnen nicht in Ihre neue Unterkunft folgt.«
    Er öffnete den Mund, aber sie schüttelte nur den Kopf.
    »Ich mag es ganz und gar nicht, wenn jemand versucht, einen meiner Schützlinge reinzulegen«, sagte sie. »Wenn Sie wieder einfahren - und glauben Sie mir, fünfundsechzig Prozent Ihrer Bewährungskollegen tun es -, dann, weil Sie selber Mist gebaut haben und nicht weil irgendein blöder, übereifriger Atlanta-Bulle Ihnen was anhängen will.«
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Michael hatte sie angerufen. Er hatte gefunden, was John ihm unten in seinen Werkzeugkasten gelegt hatte, und beschlossen, sich zu wehren. Der einzige Grund, warum John jetzt nicht sofort wieder ins Gefängnis wanderte, war der, dass Ms. Lam sich an die Regeln hielt.
    »Passen Sie auf sich auf, John.« Sie deutete mit ihren Autoschlüsseln auf ihn. »Und denken Sie daran, Junge, ich habe ein Auge auf Sie.«

Kapitel 27
    20.48 Uhr
    Bettys Krallen klackerten über die Straße, als Will mit ihr die Runde machte. An ihrem ersten gemeinsamen Abend hatte er versucht, sie zum Joggen mitzunehmen, letztendlich musste er sie aber fast den ganzen Weg tragen. Es
    hatte ihn genervt, wie sie sich mit heraushängender Zunge und angezogenen Hinterläufen in Wills Handfläche schmiegte, während er versuchte, die merkwürdigen Blicke zu ignorieren, die man ihm zuwarf.
    Poncey-Highlands war ein ziemlich durchschnittliches Viertel mit ein paar Künstlern, die gerade mal so überlebten, einigen Schwulen und hier und dort auch einem Obdachlosen. Von seiner Veranda hinter dem Haus konnte Will das Carter Center sehen, in dem sich die President Carter's Library befand. Und der Piedmont Park war nur ein kurzes Stück entfernt. An den Wochenenden brachte ihn die Ponce de Leon direkt zum Stone Mountain Park, wo er Rad fuhr, Wanderungen unternahm oder sich einfach ins Gras setzte und die Sonne genoss, die über dem größten Brocken nackten Granits in Nordamerika aufging.
    So schön die Berge North Georgias auch gewesen waren, hatte Will doch die Vertrautheit der Heimat vermisst, das instinktive Wissen, wo sich alles befand, welche Gegenden sicher waren, welche Restaurants von außen zwar schäbig wirkten, aber das beste Essen und den besten Service in der Stadt boten. Er liebte die Vielfalt, etwa, dass sich am Ende seiner Straße direkt gegenüber einer regenbogenbunten Hippiekolonie eine Mennonitenkirche erhob. Oder auch, dass Obdachlose einem die Mülltonne durchwühlten und einen anschrien, wenn sie nichts Brauchbares fanden. Atlanta war schon immer seine Stadt gewesen, und hätte Amanda Wagner gewusst, wie glücklich er war, wieder hier zu sein, hätte sie ihn wahrscheinlich schneller in die Hügel zurückgeschickt, als er »gegrilltes Hähnchen« sagen konnte.
    »Hjya.« Ein entgegenkommender Jogger flirtete, und seine wie gemeißelt aussehende Brust glänzte im abendlichen Mondlicht. Da Will sein ganzes Leben in einer Stadt mit einem hohen Schwulenanteil verbracht hatte, wusste er, dass diese Art der flüchtigen Anmache eher als schmeichelhaft denn als Angriff auf seine Männlichkeit zu betrachten war. Und natürlich, wenn man mit einem nur sechs Pfund schweren Hündchen an einer rosa Leine spazieren ging, erregte man Aufsehen, egal, wo man wohnte.
    Will lächelte bei dem Gedanken, welch lächerlichen Anblick er bieten musste, aber dieses Lächeln verflog schnell wieder, als er im Geist zu dem Thema zurückkehrte, das ihn schon

Weitere Kostenlose Bücher