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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Leben. Ein einziger Funke reichte, um das ganze Gebäude in die Luft zu jagen. Der bei der Herstellung freigesetzte Staub war imstande, einem die Lunge zu verstopfen wie Plastilin. Das Dekontaminationsteam musste gerufen werden, bevor Will hineingehen und Beweise sammeln konnte. Allein die Dekontamination dieser Labors trieb die örtlichen Polizeieinheiten und Sheriffs Departments in den Bankrott, und der Staat war nicht bereit, Hilfe zu leisten.
    Will drängte sich manchmal der Eindruck auf, dass für einen gewissen Typ von Bergbewohner die Methamphetaminproduktion eine andere Art des Whiskey-Schwarzbrennens war, eine Möglichkeit, ihre Kinder mit Kleidung und Nahrung zu versorgen. Es fiel ihm ziemlich schwer, die Junkies, denen er auf den Straßen von Atlanta begegnete, mit einigen der durchschnittlichen Menschen in Zusammenhang zu bringen, die in den Hügeln den Stoff zusammenbrauten. Wobei Will nicht sagen wollte, dass sie alle Engel waren. Einige waren grässlich, absoluter Abschaum, der alles tat, um seine Sucht zu finanzieren. Andere musste man differenzierter sehen. Will traf sie im Lebensmittelgeschäft, in der örtlichen Pizzeria oder sonntags mit ihren Kindern vor der Kirche. Normalerweise nahmen sie das Zeug nicht selbst. Es war für sie nur ein Job, eine Chance - für einige die einzige -, Geld zu verdienen. Menschen starben, Leben wurde zerstört, aber das ging sie nichts an.
    Will wusste nicht, wie sie das eine so sauber vom anderen trennen konnten, aber in Michael Ormewood erkannte er eine ähnliche Tendenz. Der Detective tat seine Arbeit - und allem Anschein nach sehr gut -, aber dann gab es auch noch diesen anderen Teil von ihm, der genau den Menschen, denen er helfen sollte, schadete.
    Betty machte ihr Geschäft unter einen Busch. Danach bückte sich Will, um das Häufchen einzutüten. Auf dem Rückweg warf er die Tüte in einen Abfallkorb. Will ertappte sich dabei, wie er bei der Nachbarin ins Fenster schaute und sich fragte, wann sie zurückkommen würde. Als hätte sie seine Gedanken erraten, zerrte Betty an der Leine und zog ihn zu der Auffahrt.
    »Schon gut«, besänftigte er sie und schloss seine Haustür auf. Er bückte sich, um sie von der Leine zu lassen. Sie schlitterte durchs Zimmer, sprang auf die Couch und machte es sich auf den Kissen bequem. Jeden Morgen bevor er zur Arbeit ging reihte er die Kissen an der Rückenlehne des Sofas auf, und jeden Abend hatte Betty es geschafft, sie wieder umzuwerfen, um sich daraus ein Lager zu bauen. Er hätte es auch einen Thron nennen können, aber für einen erwachsenen Mann war es peinlich, so über einen kleinen Hund zu denken.
    Will ging in sein Schlafzimmer und zog das Jackett aus. Er knöpfte gerade die Weste auf, als das Telefon klingelte. Zuerst erkannte er die hohe, schrille Stimme nicht, die da hektisch aus dem Hörer drang.
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Will. »Wer ist dran?«
    »Ich bin's, Cedric«, heulte der Junge. »Jasmine ist verschwunden.«
    Offensichtlich hatte Cedric auf Will gewartet, denn die Haustür ging auf und der Junge kam herausgelaufen, kaum dass Will in die Parklücke gefahren war.
    »Sie müssen was tun«, flehte der Junge. Sein Gesicht war verquollen vom Weinen. Vom Möchtegerngangster dieses Vormittags keine Spur mehr. Er war ein verängstigter kleiner Junge, der sich Sorgen machte um seine Schwester.
    »Das wird schon alles wieder«, tröstete ihn Will, obwohl er wusste, dass diese Worte rein gar nichts bedeuteten. Er fühlte sich einfach verpflichtet, sie zu sagen.
    »Kommen Sie.« Cedric fasste ihn bei der Hand und zerrte ihn auf das Gebäude zu.
    Will folgte dem Jungen in die dritte Etage. Auf dem Absatz wollte er eben Cedric fragen, was denn eigentlich los sei, als er die alte Frau in der Tür stehen sah.
    Sie trug ein ausgewaschenes, purpurrotes Hauskleid mit passenden Strümpfen, die ihr auf die geschwollenen Knöchel gerutscht waren. In der einen Hand hatte sie einen Stock, in der anderen ein schnurloses Telefon. Sie trug eine Brille mit dickem Plastikrahmen, und die Haare standen ihr wirr vom Kopf ab. Die Stirn war misstrauisch gerunzelt.
    »Cedric«, sagte sie, und ihre tiefe Stimme hallte durch den langen Korridor. »Was machst du mit diesem Mann?«
    »Er Polizist, Granny. Wird uns helfen.«
    »Er ist Polizist«, korrigierte ihn die alte Frau. »Und das bezweifle ich sehr.«
    Will hielt noch immer Cedrics Hand, und jetzt zog er mit der anderen seine Marke aus der Tasche. Er trat einen Schritt vor, um sie

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