Will Trent 01 - Verstummt
zehn Cent in die Haare schmieren kann, und dann wurde er ganz nervös und hat ihr zwei Vierteldollar gegeben.«
Will fragte sich, wie wahrscheinlich es war, dass er im Münzbehälter zwei Vierteldollar mit den Fingerabdrücken des Mörders darauf finden würde. Und dann fragte er sich, ob es wirklich Aleeshas Mörder war, der das Mädchen für den Anruf bezahlt hatte. Warum sollte der Mörder jemanden bezahlen, damit der sein eigenes Verbrechen meldet?
»Hast du den Mann erkannt?«, fragte Will.
Der Junge blätterte wieder in der Post in seiner Hand.
»Meinst du, du würdest ihn wiedererkennen, wenn du ein Foto von ihm siehst?«
»Er war weiß«, antwortete Cedric. »Ich habe ihn nicht sehr gut gesehen. Ich war hier.«
Will drehte sich zu der Telefonzelle um. Das Licht auf dem Parkplatz und bei den Briefkästen war so hell, dass es einen Blinden geblendet hätte, aber die Telefonzelle lag im Dunkeln.
»Was meinst du, was passiert ist?«, wollte Will wissen.
Cedric antwortete nicht sofort, sondern hantierte wieder mit der Post herum. »Sie hat es mir immer gesagt«, antwortete er schließlich. »Wenn sie mit Luther wegging, hat sie es mir immer gesagt, damit ich mir keine Sorgen mache.«
»Nachdem Jasmine angerufen hatte, in welche Richtung ging der Mann weg?«
Cedric deutete die Straße hinauf zur Ausfahrt.
»Er hatte kein Auto?«
»Weiß ich nicht«, erwiderte der Junge. »Wir waren hier, weil wir zu Freddy's wollten, und er hat uns zu sich gerufen. Jazz hat mir gesagt, ich soll zu Freddy gehen, aber ich bin geblieben, um auf sie aufzupassen.«
Will fragte sich, warum dieses Mädchen im Dunkeln zu einem fremden Mann ging. Vielleicht geriet sie noch schneller auf die schiefe Bahn, als ihre Großmutter ahnte.
Er fragte: »Wo ist Freddy's?«
Cedric deutete über die Straße zu einem anderen Gebäude. »Ist Jasmine nach dem Anruf mit dir gegangen?« »Danach ja.«
»Und der Mann ist die Straße entlanggelaufen, zur Hauptstraße?«
Cedric nickte und nagte an der Unterlippe, als wüsste er noch mehr.
Will ließ ihm Zeit, und schließlich sagte der Junge: »Jazz hat gesagt, sie hätte auf der Treppe Schreie gehört. Leesha hat geschrien.«
»Was hat sie geschrien?«
»Jazz weiß es nicht. Sie hat einfach geschrien, als würde man ihr was tun; aber das hat sie schon öfter gemacht, wissen Sie. Leesha nimmt manchmal Männer mit hinauf, und die sind oft gemein zu ihr, aber sie sagt, es macht ihr nichts aus.«
»Cedric«, sagte Will und legte dem Jungen wieder die Hand auf die Schultern. »Du musst jetzt ganz ehrlich zu mir sein. Hat
Jasmine gesehen, wer Aleesha das angetan hat? Hat irgendjemand mit ihr geredet, irgendwas zu ihr gesagt?«
Cedric schüttelte den Kopf. »Sie hat mir gesagt, sie hat nichts gesehen, nichts gehört.«
»Hat sie es gesagt, wie sie es heute Vormittag gesagt hat, dass man, wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, auf den Gedanken kommen könnte, dass sie damit ausdrücken wollte, sie hat vielleicht schon was gehört, nur will sie es niemandem erzählen?«
»Nein«, sagte Cedric bestimmt. »Das hätte sie mir gesagt.«
Will wusste nicht, ob das stimmte oder nicht. Jasmine wollte ihren Bruder beschützen. Sie hätte ihm nie etwas verraten, das ihn in Gefahr bringen würde.
Cedric griff in die Hosentasche und zog einen Zwanzig-Dollar-Schein heraus. »Das hat sie übrigens von mir gewollt«, erklärte er. »Ich habe das Geld
genommen, das sie von dem Mann für den Anruf bekommen hatte. Deshalb ist sie hinter mir hergerannt.« Er versuchte, Will das Geld zu geben.
»Heb es für mich auf«, sagte Will, weil er wusste, dass er mit dem Schein nichts anfangen konnte. »Jasmine ist nicht weggelaufen, weil du das Geld genommen hast, Cedric. Das weißt du doch, oder?«
Als der Junge die Achseln zuckte, rutschte ihm die Post aus der Hand. Will bückte sich, um ihm beim Aufsammeln zu helfen. Den Farben nach waren es vorwiegend Rechnungen und Werbung. Wahrscheinlich hatte Will die gleichen Supersonderangebote zu Hause in seinem Briefkasten.
Er schaute zu den Briefkästen hoch. »Cedric?«
»Ja?«
»Hat Aleesha hier auch einen Briefkasten?« »Ja«, antwortete Cedric und deutete zu einem der höheren Kästen.
Will stand auf und prägte sich die Nummer ein. »Jetzt bringe ich dich wieder rein, okay?«
»Ich schaff das schon allein.«
»Ich muss in Aleeshas Wohnung noch was nachprüfen. Ich bring dich hinauf.«
Cedric schlich die Treppen ziemlich langsam empor. Er schloss die Tür
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