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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Gleichgewicht zu verlieren. »Ashley... ?«
    »Nein«, entgegnete er und streckte die Hand aus, um die Frau zu stützen. Er hatte nie in Betracht gezogen, dass sie mehr als eine Tochter haben könnte. »Aleesha«, sagte er. »Ich bin wegen Aleesha hier.«
    Sie blinzelte und machte ein verwirrtes Gesicht. »Was?«
    Will war nun selber etwas verwirrt. Hatte er den Namen am Briefkasten falsch gelesen? War er in der falschen Straße? »Sie sind doch Miriam Monroe?«
    Sie nickte. Der Hund begann zu bellen.
    »Bitte entschuldigen Sie«, fuhr Will fort. »Man sagte mir, dass sie eine Tochter namens Aleesha haben.«
    »Ich hatte mal eine Tochter«, entgegnete sie nun. Ihre Stimme klang geistesabwesend, als hätte sie ihr Kind schon vor langer Zeit verloren, und ihre nächsten Worte zeigten, dass sie es genau so empfand. »Aleesha verließ uns, als sie noch ein Teenager war, Officer. Wir haben sie seit fast zwanzig Jahren nicht gesehen.«
    Will wusste nicht so recht, was er sagen sollte. »Darf ich reinkommen?«
    Sie lächelte, trat von der Tür zurück und schob den Hund sanft mit dem Fuß zur Seite. »Ich habe wohl meine Manieren vergessen.«
    »Kein Problem«, meinte Will und dachte, dass er, gleichgültig, wie oft er so etwas machte, nie würde vorhersehen können, wie Eltern auf die Nachricht über den Verlust ihres Kindes reagieren würden.
    »Sollen wir in den Salon gehen?«, fragte sie.
    Will versuchte, das größte Foyer nicht anzuglotzen, das er je in einem Privathaus gesehen hatte. Eine riesige Treppe führte hinauf ins Obergeschoss, und über seinem Kopf hing ein Lüster, der sich gut in einem Opernhaus gemacht hätte.
    »Den haben wir aus Bologna«, erklärte Miriam, während sie ihn in das angrenzende Zimmer führte. »Tobias, mein Mann, ist ein Amateursammler.
    »Aha«, sagte Will, als erklärte das alles. Er dachte an die Behausungen, die er in den letzten Tagen besucht hatte. Aleeshas schäbige zwei Zimmer, die vollgestellte Wohnung, in der Eleanor Allison ihre Enkel
    großzog. Das hier war schlicht und einfach ein Herrenhaus, von den dicken Teppichen auf den Böden bis zu der farbenfrohen afrikanischen Volkskunst an den Wänden ein Haus, in dem man wohnte, wenn Geld keine Rolle spielte.
    Miriam setzte sich in einen bequem aussehenden Sessel, und der Hund machte es sich zu ihren Füßen gemütlich. »Darf ich Ihnen eine Limonade anbieten?«
    »Nein danke«, antwortete Will und nahm auf der Couch Platz. Die Polsterung war hart, und Will vermutete, dass dieses Zimmer nicht sehr häufig benutzt wurde. Er fragte sich, ob der Flügel vor dem Erkerfenster nur zur Dekoration dort stand. Außerdem fragte er sich, was er da eigentlich tat. Will hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass man schnell zur Sache kommen sollte, wenn man Eltern die Nachricht vom Tod ihres Kindes überbrachte. Es hinauszuzögern machte alles nur noch schlimmer, wenn die Information dann tatsächlich ausgesprochen war. Will war nicht Miriam Monroes bester Freund; seine Aufgabe bestand darin, ihr die Wahrheit zu sagen und dann wieder zu gehen.
    Warum tat er es dann nicht?
    Vielleicht, weil die Stimme dieser Frau, ihre Ausstrahlung etwas Tröstendes hatte. Ihr Gesicht wäre eine gute Illustration für den Begriff »Mutter« gewesen. Als Will noch ein kleiner Junge war, hatte er geglaubt, dass schwarze Kinder mehr geliebt wurden als weiße - aus dem einfachen Grund, weil sich unter den etwa hundert Kindern im Atlanta Children's Home immer nur maximal zwei Afroamerikaner befanden. Schon komisch, wie Klischees sich im Kopf eines Kindes festsetzen konnten.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie nun. Ihre Stimme klang sehr kultiviert, und sie schaffte es, auf ihre Uhr zu schauen, ohne dabei ungeduldig zu wirken.
    »Tut mir leid, dass ich Ihnen einen Schrecken eingejagt habe. Ich nehme an, dass die Frau, mit der ich sprach, Ihnen sagte, dass ich angerufen hätte.«
    »Sie sagte, dass jemand angerufen hätte, aber ich habe keinen Polizisten vor meiner Tür erwartet.«
    »Tut mir leid«, sagte er noch einmal und zog Spiralblock und Stift heraus. Er tat das nur zur Schau, vorwiegend um den Leuten zu vermitteln, dass sie seine volle Aufmerksamkeit hatten. Beim Herausziehen des Stiftes aus der Brusttasche hatte er seinen Recorder eingeschaltet.
    »Es scheint Sie nicht zu überraschen, dass ich wegen Aleesha hier bin«, sagte er.
    »Vermutlich nicht. Aleesha hatte sich für ein Leben entschieden, mit dem ihr Vater und ich nicht einverstanden waren. Es

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