Will Trent 01 - Verstummt
die andere Hälfte in Frieden leben.«
»Du hast nicht mit ihm geschlafen?«
»Natürlich habe ich mit ihm geschlafen.«
Will bekam ein flaues Gefühl im Magen, aber er konnte nicht wirklich sagen, dass er überrascht war. »Willst du reinkommen?«
»Lass uns hier draußen bleiben«, entgegnete sie und bückte sich steif, um auf der Veranda Platz zu nehmen.
Will setzte sich widerwillig neben sie. Er drückte sich den Hund an die Brust. Betty zog den Kopf ein und steckte die Schnauze in seine Weste.
»Es ist Samstag«, sagte Angie. »Warum trägst du diesen Anzug?«
»Er steht mir gut.«
Sie stieß ihn mit der Schulter an und neckte ihn: »Bist du sicher?«
Er versuchte, einen Witz daraus zu machen. »Weißt du, ich trage keine Unterwäsche.«
Sie ließ ein tiefes, obszönes Lachen hören.
Er lächelte, weil er die Ungezwungenheit zwischen ihnen beiden genoss. »Warum ist das eigentlich sexy, wenn du es sagst, aber nicht, wenn ich es sage?«
»Weil der Typ Mann, der keine Unterwäsche trägt, normalerweise mit den Hosentaschen voller Bonbons auf Spielplätzen rumhängt.«
»Ich habe Bonbons in der Hosentasche«, erwiderte er. »Willst du die Hand reinstecken und nachsehen?«
Sie lachte wieder. »Das ist doch alles nur Gerede, Mr. Trent. Alles nur Gerede.«
»Ja«, gab er zu. »Da hast du wahrscheinlich recht.«
Sie schauten beide auf die Straße hinaus. Eine leichte Brise trug den Verkehrslärm der Ponce de Leon zu ihnen, Hupen, Geschrei. In der Entfernung hörte Will Windspiele bimmeln, ein Radfahrer fuhr am Haus vorbei.
»Ich liebe dich«, sagte Angie sehr leise.
Betty bewegte sich. Will spürte ein Flattern in seiner Brust. »Ich weiß.«
»Du bist mein Leben. Du warst immer da.«
»Ich bin es noch immer.«
Sie seufzte tief. »Ich hab mit dir geredet, als ich in diesem Keller war. Bevor du gekommen bist.« Sie hielt inne, und er wusste, dass sie an diesen
schrecklichen Ort dachte. »In diesem Augenblick habe ich dir versprochen, dich zu verlassen, wenn ich lebend dort rauskomme.«
»Ich habe noch nie erwartet, dass du deine Versprechen hältst.«
Sie schwieg wieder. Ein zweiter Radfahrer fuhr vorüber, das metallische Sirren der Räder klang wie eine Wiese voller Grillen. Will überlegte, ob er ihr den Arm um die Schultern legen solle, dachte dann aber an die Glasscherbenwunde. Er wollte eben den Arm um ihre Taille schlingen, als sie sich ihm zuwandte.
»Ich bin wirklich schlecht für dich.«
»Viele Sachen sind schlecht für mich.« Er zählte einige Beispiele auf. »Schokolade. Süßstoff. Passivrauchen.«
»Leidenschaft«, sagte sie und drückte sich die Faust ans Herz. »Ich will, dass du Leidenschaft erlebst, Will. Ich will, dass du erfährst, wie es ist, sich in jemanden zu verlieben, nachts wach zu liegen und zu denken, man stirbt, wenn man denjenigen nicht bekommt.«
»Ich habe viel Nächte wach gelegen und an dich gedacht.« »Du hast dir Sorgen um mich gemacht«, verbesserte sie ihn.
»Ich bin kein altes Paar Schuhe, das du für den Rest deines Lebens trägst, weil es so bequem ist.«
Will wusste nicht, was falsch daran war, wenn man es gerne bequem hatte, aber er hielt bei dem Thema den Mund und fragte lieber: »Wo soll ich denn sonst eine andere Frau mit deinen niedrigen Ansprüchen finden?«
»Ist Amanda Wagner nicht verfügbar?«
»Aua«, stöhnte er. »Das tut weh.«
»Hast es verdient, du beschissener Analphabet.«
Er lachte, und Betty bewegte sich.
»Gott, ist dieses Ding hässlich.« Sie tätschelte Wills Bein. »Hilf mir auf.«
Will klemmte seine Hand unter ihren gesunden Arm und hievte sie hoch. »Wo willst du hin?«
»Mir die Stellenanzeigen ansehen.« Sie deutete auf ihr gebrochenes Handgelenk und ihre Hände. »Ich habe nicht vor, die nächsten zwanzig Jahre hinter einem Schreibtisch zu verbringen, und nicht einmal die Polizei von Atlanta ist so verzweifelt, dass sie mir wieder eine Waffe in die Hand drückt.« Sie zuckte die Achseln. »Außerdem wäre es schön, einen Job zu finden, bei dem ich mich nicht anziehen muss wie eine Hure, außer ich will es.«
»Eigentlich brauchst du gar keinen Job.« Das war als Angebot gemeint.
Sie ließ ein überraschtes Lachen hören. »Du Trottel. Glaubst du wirklich, ich bleibe zu Hause und koche und putze, während du in der Arbeit bist?«
»Es könnte Schlimmeres geben.«
»Das bezweifle ich.«
»Betty könnte eine Mutter gebrauchen.«
»Sie könnte eine Plastiktüte über dem Kopf
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