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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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nichts außer einem Stapel Magazinen und einem dieser Prinzessinnentelefone, wie Joyce sie einst als junges Mädchen besessen hatte. Sogar die dicke Schnur, die von dem Apparat wegführte, hing in gerader Linie nach unten, als hätte auch sie Angst, Lydias Missfallen zu erregen.
    Das ganze Haus wirkte wie ein Mausoleum.
    »Er bekam eine Belobigung, weil er einer Frau das Leben rettete«, fuhr Lydia stolz fort. »Habt ihr das gewusst?«
    John wäre die Antwort fast in der Kehle stecken geblieben. »Nein. Ich nicht.«
    »Es war ein Autounfall. Er zog sie heraus, bevor das Auto explodierte.«
    John verschlug es die Sprache. Michael mochte eine Frau gerettet haben, aber unzählige andere hatte er ruiniert, hatte den Mädchen auf dem Strich Drogen verkauft und sie wegen seines eigenen, kranken Vergnügens vergewaltigt und ermordet.
    »Michael war gut«, beharrte Lydia. »Dieser andere Teil von ihm« - sie machte eine wegwerfende Handbewegung, als wollte sie das Schreckliche, das Michael angerichtet hatte, einfach so abtun - »das war nicht mein Michael. Mein Michael war ein guter Junge. Er hatte so viele Freunde.«
    So viele Freunde, die er drogenabhängig gemacht hatte, dachte John. Wie Aleesha.
    »Und so vielversprechend war er«, fuhr sie fort.
    »Das kannst du nicht tun.« Joyces Stimme zitterte vor Wut. »Du kannst nicht hier sitzen und uns erzählen, was für ein Engel Michael gewesen ist. Er war eine Bestie.«
    »Joyce«, ermahnte John sie. Sie kannte die Regeln nicht, wusste nicht, wie man die Kontrolle abgab. Ihr hatte man noch nie Kot ins Gesicht geworfen, nur weil sie gerade in die falsche Richtung schaute. Sie hatte nie versucht zu schlafen, während ein sechzigjähriger Mann in der Nachbarzelle flüsterte, was für einen wunderschönen Körper man doch habe, und in allen Details ausführte, was er damit anstellen wolle.
    Lydia hob eine dünne Augenbraue. »Du solltest auf deinen Bruder hören, junge Dame.«
    »Wag es ja nicht, über meinen Bruder zu reden.«
    Belustigung blitzte in Lydias Augen auf. John wusste, dass sie verloren hatten. In diesem einen Moment hatte er alles verloren.
    Lydia fragte: »Willst du mir drohen?« Joyce fuhr wie ein Blitz von der Couch auf und schrie: »Du hast gewusst, dass John Mary Alice nicht umgebracht hatte!« »Ich wusste nichts dergleichen.«
    »Wie kannst du ihn verteidigen?« John versuchte, sie wieder auf die Couch zu ziehen, aber Joyce schlug seine Hand weg. »Wie kannst du einfach hier sitzen...«
    »Du hast keine Kinder, deshalb verstehst du es nicht«, blaffte Lydia. »Du und deine... Freundin.«
    Joyce ballte die Fäuste. »Nein«, entgegnete sie. »Ich habe keine Kinder. Du hast recht. Ich habe kein Kind großgezogen. Ich habe aber auch keinen Vergewaltiger und Mörder großgezogen.«
    Lydia machte ein Gesicht, als hätte man sie geschlagen. »Du hast kein Recht, mit mir in diesem Ton zu sprechen.«
    »Hast du es Mama gesagt?«, wollte Joyce nun wissen. »Als du damals im Krankenhaus warst? Hast du ihr da gesagt, was tatsächlich passiert war, dass dein Sohn Mary Alice umbrachte und nicht ihrer?«
    »Lass die Toten in Frieden ruhen«, entgegnete Lydia nur.
    John wusste nicht, ob sie Emily oder Michael meinte. Was ihn selber anging, wusste er nicht so recht, ob Michaels Tod ihm Frieden brachte. Dort in diesem Keller in Tennessee hatte er mit jeder Faser seines Körpers gewünscht, das Leben in Michaels Brust zurückzuprügeln. Alles hätte er getan, um ihn am Leben zu erhalten, nur damit er ihn eigenhändig noch einmal umbringen konnte.
    Aber er hatte es nicht getan und stattdessen Jasmines Leben gerettet. Sie hatte aufgehört zu atmen, und er hatte sie wiederbelebt und sich über vierzig Minuten lang um sie gekümmert, bis der Krankenwagen bei der kleinen Hütte eintraf, die Michael in Johns Namen gekauft hatte. Dieselben Hände, die Cynthia Barrett verstümmelten, hatten einem anderen Mädchen das Leben wiedergegeben. Darin musste doch eine gewisse ausgleichende Gerechtigkeit liegen. Irgendwann musste es doch auch für ihn Frieden geben.
    John verfolgte, wie seine Schwester ans andere Ende des Zimmers ging, um ein wenig Abstand zu der Frau zu bekommen, die ihre Familie zerstört hatte.
    Joyce versuchte nur, ihn zu verteidigen. Er wusste das. Er wusste aber auch, dass sie jede Chance, seinen Namen reinzuwaschen, zunichtegemacht hatte.
    Trotzdem musste er es versuchen. John hatte auf eine Art Geduld gelernt, wie seine Schwester es nie musste, und auch, wie man mit

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