Will Trent 01 - Verstummt
Angebot sie noch mehr verärgert oder einfach nur wütend gemacht hatte.
»Hier«, sagte er, richtete sich auf, ging zu ihr und legte ihr das Geld in die Hand. Es waren viele Einer, ein paar Fünfer - sein gesamter Anteil an der gemeinschaftlichen Trinkgeldkasse in der Waschanlage.
Er sagte: »Ich behalte die Hose an, okay. Keine komischen Sachen.«
Sie versuchte, ihm das Geld zurückzugeben. »Verarsch mich nicht, okay?«
»Bestimmt nicht«, erwiderte er, und ein Anflug von Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit. Er war schon wieder dabei, sie zu verscheuchen, und diesmal würde kein Geld der Welt sie zurückholen. »Nur reden«, sagte er und drückte ihr das Geld erneut in die Hand. »Erzähl mir einfach etwas.«
Sie verdrehte die Augen, behielt aber das Geld. »Was soll ich dir erzählen?«
»Irgendwas«, antwortete er. »Erzähl mir...« O Gott, ihm fiel einfach nichts ein. »Erzähl mir...« Er starrte sie an, als suchte er in ihrem Gesicht nach einem Hinweis - irgendwas, das sie noch ein bisschen länger bei ihm halten würde. Er betrachtete ihren wunderschönen Mund, wie er vor Ärger und vielleicht auch so etwas wie Neugier zuckte. »Dein erster Kuss«, sagte er schließlich. »Erzähl mir von deinem ersten Kuss.«
»Jetzt nimmst du mich aber wirklich auf den Arm.«
»Nein«, sagte er. »Tu ich nicht.« Er entfernte sich ein paar Schritte von ihr und streckte die Hände seitlich weg, um ihr zu zeigen, dass er sich keinen runterholen wollte. »Erzähl mir einfach von deinem ersten Kuss.«
»Was, willst du hören, dass es mit meiner Schwester war? Mit meinem Vater?«
»Nein«, entgegnete er kopfschüttelnd. »Bitte nicht lügen.«
Sie verschränkte die Arme und musterte ihn noch einmal von Kopf bis Fuß. »Du gibst mir fünfzig, nur damit ich dir von meinem ersten Kuss erzähle?«
Er nickte.
Sie schaute hinter sich, dann wieder zu ihm. Sie zählte das Geld, die Scheine wanderten von einer Hand in die andere, während ihre Lippen sich stumm bewegten. »Na gut«, meinte sie schließlich und steckte das Geld vorne in ihr T-Shirt. »Stewie Campano.«
Er lachte über den Namen.
»Ja«, sagte sie und lächelte nun zum ersten Mal. Sie hatte perfekte, gerade Zähne. »Ein echter Romeo, unser Stewie.« »Bist du mit ihm gegangen?«
»Mann, nein«, erwiderte sie ein wenig beleidigt. »Er war zwei Jahre jünger als ich, ein Freund meines kleinen Bruders. Wir haben da eines Tages halt so rumgespielt.«
»Was gespielt?« Sie runzelte die Stirn, und er fügte schnell hinzu: »Nein, um das geht es mir nicht. Ich will einfach nur wissen, was ihr gemacht habt.«
»Sind in seinem Pool geschwommen«, sagte sie zögernd, weil ihr anscheinend noch immer nicht ganz klar war, worauf er eigentlich hinauswollte. »Das war der einzige Grund, warum ich mit meinem Bruder zu ihm gegangen bin, weil Stewie einen Swimmingpool hatte.«
John spürte, dass sein Lächeln zurückkehrte.
Sie hatte beschlossen, die Geschichte weiterzuerzählen. »Also, wie gesagt, es war ziemlich spät an einem Abend, Vollmond und das alles, und wir haben im Pool geplanscht, einfach nur herumgealbert, und er hat mich angeschaut, und ich hab ihn angeschaut, und dann hat er sich einfach herübergebeugt und mich geküsst.«
»Richtiger Kuss oder Kinderkuss?«
»Kinderkuss«, sagte sie, und ihr Lächeln legte einen Zauber über ihr Gesicht. Sie war wirklich wunderschön, eine dieser dunkelhaarigen Frauen mit olivfarbenem Teint, von denen die Dichter immer schwärmten.
Ihr Lächeln wurde schelmisch. »Und dann ein richtiger Kuss.«
»Weiter so, Stewie«, sagte John und stellte sich die Szene vor -der Garten hinterm Haus, der Mond, das Kleinzeug, das im Wasser des Familienpools trieb. »Wie alt warst du damals?«
»Dreizehn«, gab sie zu.
»Dann war Stewie also...«
»Zehn. Ich weiß.« Sie hob die Hände. »Kinderverderberin. Ich bekenne mich schuldig.«
John staunte über den Wagemut dieses Jungen. »Gott, ich glaube, als ich zehn war, wusste ich überhaupt noch nicht, was ein Zungenkuss ist.«
»Na ja, ich war dreizehn, und ich wusste es auch nicht«, erklärte sie. Dann lachte sie, vielleicht über die Erinnerung, vielleicht über die Absurdität der Situation. Auch John lachte, und es war eine so süße Befreiung,
dass er zum ersten Mal in fünfundzwanzig Jahren wirklich glaubte, mit ihm sei alles okay.
»Ach du meine Güte«, sagte Robin, »an diesen Jungen habe ich seit Jahren nicht mehr gedacht.«
»Was macht er jetzt, was meinst
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