Will Trent 02 - Entsetzen
wie ihm ein Schweißtropfen den Rücken hinunterlief. Die Blitzlichter schienen den Raum noch heißer zu machen. Er öffnete die Tür, um ein wenig frische Luft hereinzulassen.
»Wann glauben Sie, wird es zu einer Verhaftung kommen?«, fragte jemand aus der vordersten Reihe.
Amanda wich geschickt aus. »Sobald wir sicher sind, dass wir unseren Täter haben.«
»Welche anderen Ermittlungsrichtungen verfolgen Sie?«
»Wir gehen jeder einzelnen Spur nach.«
»Und die sind?«
Amanda lächelte. »Einzelheiten kann ich Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nennen.«
Will fing wieder Abigails Blick auf. Er sah, dass sie schwankte, und wusste nicht, ob es die Hitze oder die Umstände waren. Ihr Gesicht war völlig weiß. Sie sah aus, als würde sie gleich ohnmächtig werden.
Will hob das Kinn, und das genügte, um Amandas Aufmerksamkeit zu erregen. Sie brauchte Abigail nicht anzusehen, um zu wissen, was ihm Sorgen machte. Anstatt die Konferenz für beendet zu erklären, fragte sie: »Gibt es noch weitere Fragen?«
Ein Mann weiter hinten in einem Blazer, der New York schrie, und mit einem höhnischen Grinsen, das noch lauter Yankee schrie, fragte: »Meinen Sie nicht auch, dass wegen der Inkompetenz des Atlanta Police Department wertvolle Zeit verloren wurde?«
Amandas Augen fanden den Mann, und sie schenkte ihm ein für sie so typisches, spezielles Lächeln. »Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind wir mehr darauf konzentriert, Emma Campano zu finden, als Sündenböcke zu suchen.«
»Aber würden Sie nicht...«
Amanda schnitt ihm das Wort ab. »Sie hatten Ihre Chance. Lassen Sie auch die anderen ran.«
Will hörte einige der erfahreneren Reporter kichern. Er war allerdings mehr interessiert an Abigail Campano. Sie hatte den Kopf gesenkt und stöberte wieder in ihrer Tasche. Sie saß zu weit vorgebeugt auf ihrem Stuhl. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde sie zu Boden kippen, aber Paul fing sie im letzten Moment auf, legte den Arm um sie und stützte sie. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, und Abigail nickte benommen. Sie schaute hoch zu den Menschen, die sie bedrängten und jede Emotion aus ihrem Gesicht aufsaugen wollten. Sie öffnete den Mund, um Luft zu holen. Die Kameras blitzten wild. Will konnte beinahe hören, wie die Reporter sich Adjektive für die Bildunterschriften zurechtlegten: niedergeschmettert, am Boden zerstört, gramgebeugt, gebrochen. Amandas Plan hatte wunderbar funktioniert. Abigail hatte sie alle auf ihre Seite gezogen, ohne auch nur ein Wort zu sagen.
Es wurden noch mehr Fragen gestellt, alle nach mehr Details, doch Amanda bog jede einzelne geschickt ab. Einige waren begründet - man wollte noch einmal wissen, welche Spuren gefunden, welche Fortschritte gemacht worden waren. Andere waren bewusst reißerisch, wie die des Mannes, der wissen wollte, ob dies das Werk eines sadistischen Mörders sei, der »es auf reiche, junge Mädchen abgesehen habe«.
Amanda gab ihnen rein gar nichts, klopfte zum Abschluss nur mit den Knöcheln auf den Tisch wie ein Richter, der eine Sitzung beendet, und geleitete dann die Campanos von dem Podium herab.
Ein letztes Sperrfeuer aus Blitzlichtern folgte, als Amanda den Eltern zum Ausgang folgte. Abigail konnte kaum allein gehen. Sie stützte sich auf Paul wie auf eine Krücke. Die Reporter blieben auf Distanz, stürmten nicht auf die Gruppe zu. Wenn Will es nicht besser gewusst hätte, hätte er schwören können, dass sie Respekt zeigten.
Draußen nahm Amanda Abigails Hand und sagte: »Das haben Sie perfekt gemacht.«
Abigail nickte nur, offensichtlich traute sie ihrer Stimme nicht. Die Tortur hatte ihr auch noch den letzten Rest Kraft geraubt.
Amanda fuhr fort: »Der zweite Anruf vom Kidnapper wird in drei Stunden kommen. Ich werde bei Ihnen im Haus sein.«
Paul sagte: »Vielen Dank.«
Amanda gab Paul die Hand. Will warf sie einen scharfen Blick zu. »Mein Büro. In zehn Minuten.« Er nickte, und sie ging zur Treppe.
Zum ersten Mal, seit dies alles begonnen hatte, schien Paul wirklich besorgt um seine Frau. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Mir war einfach ein bisschen zu warm«, murmelte sie, die Hand flach auf dem Bauch.
Will wollte ihr beistehen. »Da hinten ist eine Toilette.«
Sie schaute ihn nicht an. Noch immer auf ihren Mann gestützt, wankte sie zur Damentoilette. Vor der Tür legte sie die Hand an sein Gesicht, dann auf seine Brust. »Ich bin okay.«
»Bist du sicher?«
Sie drückte ihre Fingerspitzen auf seinen Mund und ging
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