Will Trent 02 - Entsetzen
seinem Willen öffnen.
Seit der Sache mit dem Urin hatte Faith es aufgegeben, ihn verstehen zu wollen. Sie ging zur Gegensprechanlage des Gebäudes, die ein Klingelbrett mit den Namen aller Studenten enthielt. Über die Klingelknöpfe hatte jemand einen handgeschriebenen Zettel geklebt mit dem Hinweis: »KAPUTT!! NICHT BERÜHREN!!« Aus Neugier überflog sie die Namen. Humphrey, A. stand neben 310.
Will stellte sich neben sie. Sie glaubte, er würde ebenfalls die Namen lesen, bis er fragte: »Was ist eine MILF?«
Sie spürte, wie sie errötete. »Das war eine private Unterhaltung.«
»Entschuldigung.«
Er streckte die Hand nach dem Klingelbrett aus, aber sie warnte ihn: »Es ist kaputt.«
Er lächelte ein wenig verlegen. »Das sehe ich.« Dann drückte er auf die blaue Behindertentaste unter dem Klingelbrett. Ein Summen war zu hören, dann ein deutliches Klicken, als eine Verriegelung geöffnet wurde und die Tür ächzend aufschwang.
Sie wartete auf einen wohlverdienten, sarkastischen Kommentar. Doch er bedeutete ihr nur stumm, dass sie vorausgehen solle.
Das Foyer war leer, aber der Geruch nach jungen Männern überwältigend. Faith wusste nicht, was mit den Jungs zwischen fünfzehn und zwanzig Jahren passierte, aber was es auch war, es ließ sie riechen wie benutzte Socken und Tigerbalsam. Wie sie dies nicht hatte bemerken können, als sie selbst noch ein Teenager war, war eines der großen Geheimnisse des Lebens.
»Kameras«, sagte Will und zeigte nach oben. »Wie war die Zimmernummer gleich wieder?«
»Drei-zehn.«
Er ging zur Treppe, und Faith folgte ihm. Bei der Art, wie Will sich bewegte, vermutete sie, dass er ein Läufer war. Das würde auf jeden Fall erklären, warum er weniger Körperfett hatte als ein Windhund. Faith beschleunigte ihre Schritte, um ihm zu folgen, aber als sie den obersten Stock erreichte, steckte Will bereits den Schlüssel ins Schloss, wobei er die Plastiktüte als Schutz benutzte, um keine Fingerabdrücke auf dem Metall zu hinterlassen.
Er öffnete die Tür, ging aber nicht hinein. Stattdessen lief er den Gang entlang. Drei-zehn lag bequem direkt neben der Küche und gegenüber den Badezimmern. Will klopfte an die Tür von 3 11 . Er wartete, doch nichts rührte sich. Dann ging er weiter und versuchte es an der nächsten Tür.
Faith wandte ihre Aufmerksamkeit Adams Zimmer zu, während Will von einer geschlossenen Tür zur anderen ging. Sie hörte das langsam sich entfernende Klopfen. Wie Jeremys Zimmer war auch dieses knapp zwanzig Quadratmeter groß, ungefähr die Größe einer Gefängniszelle. An jeder Seitenwand stand ein Bett mit je einem Schreibtisch am Fußende. Es gab eine Garderobe und einen Wandschrank für jeden Studenten. Nur ein Bett war bezogen, aber auf dem anderen lag ein Kissen an einem Ende, ein Fernseher stand direkt gegenüber. Es sah so aus, als hätte Adam beide Betten benutzt und gehofft, dass Harold Nestor nie auftauchte.
Will sagte: »Im Augenblick scheint niemand zu Hause zu sein.«
Sie schaute auf ihre Uhr. »Warten Sie mal zwanzig Minuten. Was soll ich tun?«
»Meine Handschuhe sind in meinem Sakko. Haben Sie ein Reservepaar dabei?«
Faith schüttelte den Kopf. Sie hatte es sich längst abgewöhnt, bei der Arbeit eine Handtasche zu tragen, und das eine Paar, das sie immer in der vorderen Hosentasche hatte, hatte sie am Campano-Tatort benutzt. »Ich habe eine Schachtel im Kofferraum. Ich kann ...«
»Ich hole sie«, sagte er und klopfte sich auf die Taschen, eine Geste, die ihr inzwischen vertraut war. »Ich habe auch mein Handy in der Jacke gelassen. Wo habe ich heute nur meinen Kopf?«
Sie gab ihm die Autoschlüssel. »Ich sorge dafür, dass niemand etwas berührt.«
Er rannte zur Treppe.
Faith beschloss, sich erst einmal einen Überblick zu verschaffen. Sie ging zum ersten Schreibtisch, auf dem sich Papierschnipsel, benutzte Lehrbücher, Druckbleistifte und ein kleiner Stapel Magazine türmten. Es waren alles alte Ausgaben von Get Out, und alle schienen Wandern zum Thema zu haben. Auf dem anderen Schreibtisch stand das, was man wohl als College-Grundausstattung betrachtete: ein LCD-Fernseher, eine Playstation-Konsole, ein paar Spiele und ein Stapel DVDs mit handgeschriebenen Etiketten. Sie erkannte die Titel von einigen neueren Hollywood-Blockbustern, auf anderen stand einfach nur das Wort Porno mit einer Sternmarkierung daneben, die, wie sie vermutete, den Härtegrad anzeigte.
Eine der Schreibtischschubladen stand ein Stück offen, und
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