Will Trent 02 - Entsetzen
hat.«
»Warum sollte er sie verschleppen, um sich ihrer zu entledigen?«, fragte Will, und die Frage brachte ihn zum Grübeln. Das war der Grund, warum er über ein Profil des Verdächtigen reden wollte. »Der Mörder kam mit Handschuhen, Seil, Isolierband und einem Messer zum Haus. Er hatte einen Plan. Er ging dorthin, um jemanden zu überwältigen. Adam und Kayla ließ er im Haus zurück. Wenn seine Absicht war, Emma umzubringen, hätte er es gleich dort getan. Wenn seine Absicht war, sie mitzunehmen, damit er noch mehr Zeit mit ihr verbringen konnte, dann hat er sein Ziel erreicht.«
»Und das APD hatte ihm genügend Zeit gegeben, es zu tun«, fügte Faith reumütig hinzu.
Bei dem Gedanken beschlich Will das starke Gefühl, dass die Zeit drängte. Seit der Verschleppung des Mädchens waren weniger als vierundzwanzig Stunden vergangen. Wenn der Entführer sie mitgenommen hatte, damit er sich mit ihr Zeit lassen konnte, dann war Emma möglicherweise noch am Leben. Die Frage war jetzt, wie viel Zeit blieb ihr noch?
Er holte sein Handy heraus und schaute auf die Zeitangabe. »Ich muss um neun Uhr bei den Campanos sein.«
»Glauben Sie, sie wissen was?«
»Nein«, gab er zu. »Aber ich muss Paul um eine DNS-Probe bitten.«
Das Unbehagen aufs Faiths Gesicht war vermutlich ein Spiegelbild seiner Miene, aber Amanda hatte es ihm aufgetragen, und Will hatte keine andere Wahl.
Er sagte: »Lassen Sie uns jetzt mit den Lehrern reden, damit wir einen allgemeinen Eindruck von den Mädchen bekommen. Wenn die glauben, dass es irgendjemanden gibt, mit dem wir reden müssen - ob Schüler oder Hausmeister -, will ich, dass Sie das tun. Wenn sich nichts ergibt, hätte ich gerne, dass Sie bei den Autopsien anwesend sind. Adam Humphreys Eltern werden heute Abend kommen. Wir brauchen ein paar Antworten für sie.«
Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, und Will dachte, inzwischen kenne er Faith Mitchell gut genug, um zu erkennen, wenn etwas sie aus der Fassung brachte. Er wusste, dass ihr Sohn im selben Alter war wie Adam Humphrey. Zusehen zu müssen, wie ein Achtzehnjähriger seziert wurde, war für jeden grässlich, aber für eine Mutter musste das besonders schmerzhaft sein.
Er versuchte, einfühlsam zu sein, und sagte: »Glauben Sie, Sie schaffen das?«
Sie verstand seine Frage falsch und wurde wütend. »Wissen Sie, ich bin heute Morgen aufgestanden und habe mir gesagt, ich werde heute mit Ihnen arbeiten und mich bemühen, kollegial zu sein, und dann haben Sie die Nerven, mich - eine Detective des Morddezernats, die fast jeden Tag Leichen sieht - zu fragen, ob ich eine der Grundanforderungen meines Jobs schaffe.« Sie legte die Hand auf den Türöffner. »Und weil wir gerade dabei sind, Arschloch, wie kommen Sie damit durch, dass Sie einen Porsche fahren und gegen meine Mutter wegen Diebstahls ermitteln?«
»Ich habe nur ...«
»Machen wir doch einfach unsere Arbeit, okay?« Sie stieß die Tür auf. »Glauben Sie, Sie können mir diese professionelle Höflichkeit erweisen?«
»Ja natürlich, aber ...« Sie drehte sich zu ihm um, und Will spürte, dass sein Mund sich bewegte, aber es kam nichts heraus. »Ich entschuldige mich«, sagte er schließlich, obwohl er nicht so recht wusste, wofür er sich entschuldigte, sondern nur wusste, dass er damit die Sache auf jeden Fall nicht schlimmer machen konnte.
Sie atmete langsam aus, starrte den Kaffeebecher in ihrer Hand an und überlegte sich offensichtlich, wie sie reagieren sollte.
»Bitte schütten Sie mir den Kaffee nicht ins Gesicht«, sagte Will.
Sie schaute ihn ungläubig an, aber seine Bitte hatte die Spannung gelöst. Will gestattete sich insgeheim ein kleines Selbstlob. Es war nicht das erste Mal, dass er sich aus einer angespannten Situation mit einer wütenden Frau herauswinden musste.
Faith schüttelte den Kopf. »Sie sind der merkwürdigste Mann, den ich in meinem ganzen Leben kennengelernt habe.«
Sie stieg aus, bevor er etwas erwidern konnte. Will nahm es als positives Zeichen, dass sie die Tür nicht zuknallte.
7
D ie Hitze draußen war so intensiv, dass Faith ihren Kaffee nicht austrinken konnte. Sie warf den Becher in die Mülltonne, bevor sie zum Verwaltungsgebäude ging. In den letzten zwei Tagen hatte sie mehr Zeit in Schulen verbracht als in ihrem ganzen ersten Jahr in der Highschool.
»Ma'am«, sagte einer der privaten Sicherheitsmänner und tippte sich an den Hut.
Faith nickte, der Mann tat ihr leid. Sie konnte sich noch gut erinnern, wie
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