Will Trent 02 - Entsetzen
verschiedenen Stadien der Hysterie, die alle wollten, dass man ihre Hände hielt und ihre Ängste besänftigte, während Faith die ganze Zeit nur damit beschäftigt war, ihre Stimme nicht zittern zu lassen. Das war eher etwas für einen Schulpsychologen als für eine Polizistin des Morddezernats, die sich vor der mündlichen Prüfung in ihrem Detective-Examen hatte übergeben müssen.
Die Rektorin beugte sich vor und faltete die Hände. »Nun denn, sagen Sie mir, wie können wir Ihnen helfen?«
Faith wartete darauf, dass Will etwas sagte, aber er saß nur steif und kerzengerade auf dem Stuhl neben ihr. Also übernahm sie und fragte: »Könnten Sie uns einen Eindruck von Emma und Kayla vermitteln - sowohl sozial wie schulisch?«
Mathew Levy, der Mathematiklehrer, machte den Anfang. »Ich habe bereits gestern mit Ihrem Kollegen darüber gesprochen, aber ich vermute, ich muss es noch einmal sagen. Im Grunde genommen passten die Mädchen in keine soziale Gruppe. Ich hatte sowohl Kayla wie Emma in meinem Klassenzimmer. Die beiden blieben immer lieber für sich.«
Faith fragte: »Hatten sie Feinde?«
Die Lehrer tauschten untereinander Blicke, und Levy antwortete: »Sie wurden gepiesackt. Ich weiß, da kommt einem sofort die Frage in den Sinn, wie wir darüber Bescheid wissen und nichts dagegen unternehmen konnten, aber Sie müssen eben die Dynamik der Schulsituation verstehen.«
Faith ließ sie wissen, dass sie das tat. »Kinder verpetzen keine Schikanierer, weil sie Angst vor Vergeltung haben. Und Lehrer können Aktivitäten nicht bestrafen, die sie nicht sehen.«
Levy schüttelte den Kopf. »Da steckt noch mehr dahinter.« Er hielt inne, wie um seine Gedanken zu sammeln. »Ich habe Emma zwei Jahre lang unterrichtet. Mathematik war nicht gerade ihre größte Stärke, aber sie war eine gute Schülerin - ein wirklich reizendes Mädchen. Sie war fleißig, machte keine Probleme. Sie hielt sich im Randbereich einer unserer populären Gruppen auf und schien mit den anderen gut zurechtzukommen.«
Eine der asiatischen Frauen, Danielle Park, fügte hinzu: »Bis Kayla auftauchte.«
Faith war erstaunt über den scharfen Tonfall der Lehrerin. Park schien es völlig kaltzulassen, dass das Mädchen brutal ermordet worden war. »Warum das?«
Park erklärte: »Wir erleben so etwas immer wieder. Kayla hatte einen schlechten Einfluss.« Die gesamte Lehrerschaft nickte zustimmend. »Emma war lange mit einem Mädchen namens Sheila Gill befreundet. Sie standen sich sehr nahe, aber zu Beginn des letzten Schuljahrs wurde Sheilas Vater nach Saudi-Arabien versetzt. Er arbeitet für einen dieser seelenlosen, multinationalen Ölkonzerne.« Sie tat es mit einer Handbewegung ab. »Wie auch immer, Emma hatte niemanden mehr in ihrer Gruppe, an den sie sich wenden konnte. Es gibt einige Mädchen, die sich eher zu einer einzelnen Person als zu einer Gruppe hingezogen fühlen, und ohne Sheila hatte Emma keine Gruppe mehr. Sie wurde introvertierter, beteiligte sich weniger am Unterricht. Ihre Noten wurden nicht schlechter, sondern sogar ein wenig besser, aber man merkte, dass sie einsam war.«
»Auftritt Kayla Alexander«, warf Levy mit demselben abfälligen Tonfall wie Park ein. »Mitten im Schuljahr. Sie ist der Typ, der ein Publikum braucht, und sie wusste genau, wen sie sich aussuchen musste.«
»Emma Campano«, ergänzte Faith. »Warum kam Kayla mitten im Schuljahr hierher?«
Nun meldete sich McFaden: »Sie kam von einer anderen Schule zu uns. Kayla war eine Herausforderung, aber wir hier in Westfield stellen uns Herausforderungen.«
Faith verstand, was damit gemeint war. Sie richtete ihre nächste Frage an Levy, der kein Problem damit zu haben schien, das tote Mädchen zu kritisieren. »Kayla wurde aus ihrer letzten Schule rausgeworfen?«
McFaden versuchte, das Gespräch diplomatisch zu halten. »Ich glaube, man hat sie gebeten zu gehen. Ihre alte Schule war auf ihre speziellen Bedürfnisse nicht ausgerichtet.« Sie straffte die Schultern. »Hier in Westfield sind wir stolz darauf, auf die speziellen Bedürfnisse von Kindern einzugehen, die die Gesellschaft als eher schwierig bezeichnet.«
Zum zweiten Mal an diesem Tag musste Faith sich beherrschen, um nicht die Augen zu verdrehen. Jeremy hatte die ganze Bandbreite der modischen Störungen gehabt: ADS, ADHS, soziale Störung, Persönlichkeitsstörung. Die ganze Sache wurde allmählich ziemlich lächerlich, und es überraschte sie, dass es nicht spezielle Schulen für langweilige,
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