Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
zehn Lehrer in einem Halbkreis um zwei leere Stühle sitzen sah. Wie es sich für eine progressive Schule mit einer Ausrichtung auf die kommunikativen Künste gehörte, war die Lehrerschaft ein multikultureller Haufen, der so ziemlich jede Farbe des Regenbogens repräsentierte: chinesisch-amerikanisch, afrikanisch-amerikanisch, moslemisch-amerikanisch und - um alles noch ein bisschen bunter zu machen - indigen-amerikanisch. In der ganzen Truppe gab es nur eine Kaukasierin. Mit ihren Hanfsandalen, dem Batikkleid und dem langen, grauen Pferdeschwanz, der ihr auf den Rücken hing, verströmte sie weißes Schuldbewusstsein wie ein billiger Heizlüfter.
    Sie streckte die Hand aus und sagte: »Ich bin Olivia McFaden, Rektorin von Westfield.«
    »Detective Faith Mitchell, Special Agent Will Trent«, entgegnete Faith und setzte sich. Will zögerte kurz, und einen Augenblick lang glaubte sie, Nervosität bei ihm zu erkennen. Vielleicht überfiel ihn gerade eine schlechte Erinnerung an die eigene Schulzeit, oder vielleicht machte ihm die Spannung in dem Raum zu schaffen. Die Wachleute draußen sollten den Leuten eigentlich ein Gefühl der Sicherheit vermitteln, doch Faith hatte den deutlichen Eindruck, dass sie das genaue Gegenteil bewirkten. Jeder schien angespannt zu sein, vor allem die Rektorin.
    Dennoch ging McFaden jetzt durch den Raum, stellte die Lehrer samt ihrer Unterrichtsfächer vor und sagte, welches Mädchen in ihrer Klasse war. Da Westfield eine kleine Schule war, gab es beträchtliche Überschneidungen; die meisten Lehrer kannten beide Mädchen. Faith schrieb sich ihre Namen sorgfältig in ihr Notizbuch und erkannte dabei sehr schnell die einzelnen Charaktere: Der Modische, der Weltfremde, der Schwule und diejenige, die ihre Zeit nur noch absaß und frustriert auf ihre Pensionierung wartete.
    »Verständlicherweise sind wir alle sehr bestürzt über diese Tragödie«, sagte McFaden. Faith wusste nicht, warum sie eine so spontane Abneigung gegen diese Frau hatte. Vielleicht kamen ihr selbst einige schlechte Erinnerungen an die Schulzeit. Oder vielleicht deshalb, weil McFaden von all den Lehrern im Zimmer die Einzige war, die offensichtlich nicht geweint hatte. Einige der Frauen und ein Mann hatten tatsächlich Taschentücher in den Händen.
    Faith sagte zu den Lehrern: »Ich werde den Eltern Ihr Mitgefühl übermitteln.«
    Will beantwortete die offensichtliche Frage: »Wir können eine Verbindung zwischen dem, was gestern passiert ist, und der Schule nicht völlig ausschließen. Es gibt keinen Grund für übermäßige Besorgnis, aber es wäre gut, wenn Sie alle gewisse Vorkehrungen treffen könnten. Betrachten Sie Ihre Umgebung mit wachen Augen, sehen Sie zu, dass Sie immer wissen, wo die Schüler sind, melden Sie alle unentschuldigten Abwesenheiten.«
    Faith fragte sich, ob er das auch anders hätte formulieren können, um ihnen noch mehr Angst einzujagen. Als sie sich im Zimmer umsah, glaubte sie es eher nicht. Faith hielt einen Augenblick inne und schaute noch einmal in die Gesichter der Lehrer. Ihr fiel wieder ein, was die Sekretärin am Empfang gesagt hatte. »Fehlt noch jemand?«
    McFaden antwortete: »Nur Mr. Bernard. Er hatte ein schon früher vereinbartes Treffen mit Eltern, das so kurzfristig nicht verlegt werden konnte. Er wird bald hier sein.« Sie schaute auf ihre Uhr. »Ich fürchte nur, die Zeit wird ein wenig knapp, bevor die Vollversammlung anfängt.«
    »Vollversammlung?« Faith schaute Will scharf an.
    Er hatte den Anstand, ein verlegenes Gesicht zu machen. »Amanda will, dass einer von uns bei der Versammlung dabei ist.«
    Faith glaubte bereits zu wissen, wer hier das kürzere Streichholz ziehen würde. Sie warf ihm einen hasserfüllten Blick zu.
    McFaden schien das nicht zu bemerken. »Wir hielten es für das Beste, alle Schüler zusammenzurufen und ihnen zu versichern, dass ihre Sicherheit bei uns oberste Priorität hat.« Ihr Lächeln strahlte im Megawattbereich, die Art, mit der man einen widerwilligen Schüler dazu bringen will, eine bereits vorab getroffene Entscheidung zu akzeptieren.
    »Ich helfe sehr gerne«, sagte Faith zu der Frau und zwang sich nun selbst zu einem Lächeln. Sie fand die Idee dieser Vollversammlung eigentlich gar nicht schlecht, aber sie war wütend, dass ihr diese Aufgabe zufiel, nicht zuletzt deshalb, weil sie es hasste, in der Öffentlichkeit zu sprechen. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie die Versammlung ablaufen würde: Myriaden von Teenagermädchen in

Weitere Kostenlose Bücher