Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Will & Will

Will & Will

Titel: Will & Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , David Levithan
Vom Netzwerk:
bis in der letzten Szene vor der Pause das ganze Publikum mitsingt, als Oscar Wilde neben dem schlafenden Tiny verkündet:
     
    Ach, wenn die Wahrheit
nur so einfach wäre!
Wie soll ein Junge
sich denn da auskennen,
wenn Lüge und Wahrheit
so nahe beieinanderliegen?
     
    Als das Lied zu Ende ist, schließt sich der Vorhang und im Zuschauerraum gehen die Lichter an. Pause. Tiny läuft zu Jane und mir, legt jedem von uns eine Pranke auf die Schulter und lässt einen Freudenjapser los. »Es ist urkomisch«, sag ich zu ihm. »Echt. Einfach … superwahnsinnstoll.«
    »WOOHOO! Die zweite Hälfte wird aber viel ernster. Das ist der romantische Teil. Okay okay okay okay, bis später!«, und er saust davon, um den Darstellern zu gratulieren  – und womöglich in der Umkleide auch eine Halbzeitkritik zu machen.
    Jane zieht mich in eine abgeschiedene Ecke hinter dem Bühnenbild und fragt: »Ist das wirklich alles wahr? Du hast dich in der Little League so um ihn gekümmert?«
    »Ähm, na ja, er hat sich auch um mich gekümmert«, sage ich.
    »Mitgefühl ist eine wunderbare Sache«, sagt sie, und dann küssen wir uns. Nach einer Weile gehen die Lichter kurz aus und dann wieder an. Jane und ich eilen zurück an unseren Logenplatz seitlich der Bühne. Im Zuschauerraum wird es dunkel, die Pause ist vorbei. Nach einem kurzen Augenblick verkündet eine Stimme von hoch oben: »Liebe ist ein Wunder, das uns allen widerfahren kann.«
    Zuerst denke ich, spricht da Gott zu uns oder wer, aber dann begreife ich, dass es Tinys Stimme ist, die über die Lautsprecher kommt. Die zweite Hälfte des Stücks beginnt.
    Tiny sitzt am Bühnenrand im Dunkeln und sagt: »Liebe ist immer ein Wunder, egal wann, egal wo. Aber für uns liegen die Dinge noch mal anders. Ich will nicht unbedingt sagen, dass sie noch wunderbarer ist«, sagt er und erntet dafür ein paar Lacher, »obwohl das natürlich stimmt.« Die Scheinwerfer blenden langsam auf, und erst jetzt sehe ich, dass hinter Tiny auf der Bühne eine Schaukel aufgebaut ist, die tatsächlich so aussieht, als hätte er sie aus einem Spielplatz ausgebuddelt und hierhergeschafft. »Unser Wunder unterscheidet sich von dem Wunder der anderen, weil es für unmöglich
gehalten wird. Das Buch Levitikus sagt: ›Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau.‹« Er blickt kurz zu Boden und dann ins Publikum, und ich weiß, dass er dort nach dem anderen Will Grayson sucht und ihn nicht findet. Er steht auf.
    »Aber das Buch Levitikus sagt nicht, dass ich mich nicht in einen Mann wie in eine Frau verlieben darf. Weil es undenkbar ist, dass das geschieht? Weil Schwule nur Tiere sind und bloß ihre Triebe befriedigen wollen? Unmöglich, dass Tiere sich wirklich verlieben. Und doch –« Plötzlich knicken Tinys Beine weg und er sackt in sich zusammen. Ein Schrecken durchfährt mich, und ich will schon auf die Bühne rennen, um ihn hochzuhieven. Aber Jane packt mich blitzschnell am Ärmel, weil Tiny nämlich den Kopf hebt und sagt: »Ich stürze mich ins Leben und in die Liebe.«
    Und genau in diesem Augenblick vibriert mein Handy. Ich ziehe es heraus. Der Anrufer heißt: Will Grayson .

zwanzig
    was da vor mir steht, ist das unglaublichste, was ich jemals gesehen habe. bei weitem.
    ehrlich gesagt hab ich nicht gedacht, dass gideon und ich es rechtzeitig schaffen würden. der verkehr in chicago ist ja immer dicht, aber diesmal war er sogar noch dichter als das hirn eines kiffers. gideon und ich mussten zwischendrin einen richtigen fluchwettbewerb veranstalten, um nicht wahnsinnig zu werden.
    und jetzt, wo wir es geschafft haben, bin ich fest davon überzeugt, dass unser plan niemals funktionieren wird. der plan ist total verrückt und genial, wie es gar nicht anders sein kann, wenn es um tiny geht. und ich musste dafür eine menge dinge tun, die ich normalerweise nie tun würde, einschließlich:
     
    – fremde menschen ansprechen
    – fremde menschen um einen gefallen bitten
    – dazu bereit sein, mich vollkommen zum narren zu machen
    – mir von einem anderen (gideon) helfen lassen
     
    außerdem hängt sein gelingen von einer anzahl von dingen ab, die sich völlig meiner kontrolle entziehen, einschließlich:
     
    – der freundlichkeit fremder menschen
    – der fähigkeit fremder menschen zur spontaneität
    – der fähigkeit fremder menschen, etwas schneller auto zu fahren
    – der hoffnung, dass tinys musical länger als einen akt dauert
es wird ein totales desaster werden, da bin ich mir

Weitere Kostenlose Bücher