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Will & Will

Will & Will

Titel: Will & Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , David Levithan
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einen Parkplatz, und Jane steuert mit mir eine unscheinbare Glastür neben einem Hotdog-Restaurant an. Auf der Tür ist GOLD COAST COPY AND PRINT zu lesen. Wir steigen die Treppe hoch – Duftschwaden durchziehen die Luft, die auf köstliche Hotdogs schließen lassen – und betreten dann einen winzigen, büroähnlichen Laden. Er ist extrem sparsam möbliert, was heißt, dass sich darin nur zwei Klappstühle befinden, ein Kätzchenposter, eine vertrocknete Topfpflanze, ein Computer und ein hochmoderner Drucker.
    »Hey, Paulie«, sagt Jane zu einem ganzkörpertätowierten Kerl, offenbar der einzige Angestellte in dem Laden. Der
Hotdog-Duft ist verschwunden, aber nur weil es im Gold Coast Copy and Print unverkennbar nach Gras riecht. Der Kerl kommt um die Theke herum und umarmt Jane mit einem Arm, und dann sagt sie »Das ist mein Freund Will«, und der Typ streckt die Hand aus, und als ich ihm die Hand schüttle, sehe ich, dass er auf die Knöchel H-O-P-E tätowiert hat. »Paulie und mein Bruder sind befreundet. Sie waren zusammen auf der Evanston.«
    »Stimmt, da waren wir zusammen«, sagt Paulie. »Aber den Abschluss haben wir dort nicht zusammen gemacht, weil ich nämlich immer noch keinen habe.« Er lacht.
    »Ja, Paulie, genau. Also, Will hat seinen Ausweis verloren«, sagt Jane.
    Paulie grinst mich an. »Na so was, mein Junge.« Er reicht mir einen Zettel und sagt: »Ich brauche deinen vollständigen Namen, deine Adresse, Geburtsdatum, Sozialversicherung, Größe, Gewicht und Augenfarbe. Und hundert Dollar.«
    »Ich, äh –«, sage ich, weil ich keine hundert Dollar bei mir habe. So viel Geld trage ich normalerweise nicht mit mir rum. Aber noch bevor ich den Mund aufmachen kann, legt Jane schon fünf Zwanziger auf die Theke.
    Jane und ich setzen uns auf die Klappstühle und erfinden zusammen meine neue Identität: Mein Name ist Ishmael J. Biafra, meine Adresse lautet 1060 W. Addison Street in Wrigley Field. Ich habe braune Haare und blaue Augen. Ich bin eins achtzig groß und wiege fünfundsiebzig Kilo, meine Sozialversicherungsnummer besteht aus neun willkürlich ausgewählten Ziffern, und im vergangenen Monat bin ich zweiundzwanzig geworden. Ich gebe Paulie den Zettel, und dann zeigt er auf einen Streifen Klebeband am Boden und
sagt, dass ich mich da hinstellen soll. Er hält sich eine Digitalkamera vors Gesicht und sagt: »Lächeln!« Ich hab noch nicht mal für das Foto meines echten Führerscheins gelächelt, da werde ich es für dieses Foto ganz bestimmt nicht tun.
    »In einer Minute bin ich wieder da«, sagt Paulie, und ich stehe an die Wand gelehnt da und bin so nervös, dass ich gleich einen gefälschten Ausweis bekomme, dass ich ganz vergesse, nervös zu sein, weil ich hier mit Jane herumstehe. Obwohl ich weiß, dass ich ungefähr der dreimillionste Mensch bin, der einen gefälschten Ausweis bekommt, bin ich mir nach wie vor sicher, dass das eigentlich ein schweres Verbrechen ist, und ich habe grundsätzlich etwas dagegen, schwere Verbrechen zu begehen. »Ich trink noch nicht mal Alkohol«, sage ich, halb zu mir selbst und halb zu Jane.
    »Ich benutze meinen auch nur für Konzerte«, sagt sie.
    »Darf ich mal sehen?«, frage ich. Sie langt in ihren Rucksack, der über und über mit den Namen von Bands und mit Zitaten vollgeschrieben ist, und holt ihren Geldbeutel heraus.
    »Ich hab ihn hier drin versteckt«, sagt sie und zieht einen Reißverschluss auf der Rückseite auf. »Wenn ich nämlich bei einem Unfall sterbe oder so was, möchte ich nicht, dass das Krankenhaus versucht, die Eltern von Zora Thurston Moore anzurufen.« Das ist also ihr falscher Name und der Ausweis sieht für mich total echt aus. Das Foto von ihr ist großartig: Ihr Mund scheint im allernächsten Moment lächeln zu wollen, und genau so hat sie damals in Tinys Wohnzimmer ausgesehen, nicht so wie auf ihren Facebook-Fotos.
    »Das ist ein tolles Foto von dir. Genau so siehst du aus«, sage ich. Und es ist wahr. Aber genau das ist auch das Problem: So viele Dinge sind wahr. Es ist wahr, dass ich sie mit
Komplimenten überschütten möchte, und es ist wahr, dass ich sie lieber nicht zu nahe an mich rankommen lassen möchte. Es ist wahr, dass ich will, dass sie mich mag, und es ist wahr, dass es das ist, was ich nicht will. Die ganze dumme Wahrheit, die endlos aus der großen, dummen Bocca della Verità hervorquillt. Und das ist auch der Grund, warum ich jetzt blödsinnig weiterquatsche: »Es ist ja so, dass man selber gar nicht

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