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Will & Will

Will & Will

Titel: Will & Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , David Levithan
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höflich beibringen, weil du nämlich nicht gerade vor Intelligenz birst. Zum Beispiel dass du diesen Physiker in Wikipedia nachgucken musstest. Mir fehlt einfach mein Freund, und du hast mich nicht küssen wollen, und wahrscheinlich will ich dich jetzt gerade, weil du
das nicht wolltest, und das ist alles auch gar nicht so wichtig, trotzdem fällt mir jetzt nicht ein, wie ich es dir sagen kann, ohne dich zu verletzen, und weil ich viel einfühlsamer und reflektierter bin als du mit deinem ›süß‹ und ›nicht-süß‹, hör ich nach Ich bin noch nicht mal den Satz einfach auf.«
    Ich rufe wieder Tiny an, diesmal nicht wegen der Maybe Dead Cats, und er hebt nach dem ersten halben Klingeln ab und sagt: »Guten Abend, Grayson.«
    Ich frage ihn, ob er bei dem vermutlichen Ende des Satzes derselben Meinung ist wie ich, und dann frage ich ihn, was wohl seiner Meinung nach in meinem Hirn alle Sicherungen rausgehauen hat, dass ich ihre Nachricht süß genannt habe, und wie es überhaupt sein kann, dass ich mich zu jemand im selben Augenblick hingezogen und nicht hingezogen fühlen kann, und ob ich vielleicht wirklich ein Zombie bin, unfähig zu echten Gefühlen – »… und glaubst du, dass vielleicht meine Regeln von wegen Nichts-an-mich-ranlassen und Immer-das-Maul-Halten mich in ein grässliches Monster verwandelt haben, das niemals jemand lieben oder heiraten wird?« Ich sage das alles und Tiny sagt nichts, was eine bisher beispiellose Wendung in unserer Freundschaft ist, und als ich dann endlich zum Ende gekommen bin, macht Tiny Hrmm auf eine Weise, wie ich es nur von ihm kenne, und dann sagt er – und ich zitiere ihn wortwörtlich –, »Grayson, du kannst manchmal ein solches Mädchen sein .« Und damit legt er auf.
    Der unvollendete Satz arbeitet in mir die ganze Nacht. Und dann beschließt mein Zombieherz, etwas zu tun – etwas von der Art, das einem hypothetischen Mädchen-das-ichmögen-könnte möglicherweise gefallen würde.
     
    Am Freitag verschlinge ich in der Schule mein Mittagessen, so schnell ich kann, was kein Problem ist, weil Tiny und ich mit Theaterkurs-Leuten an einem Tisch sitzen, die über Tiny Dancer diskutieren und alle mehr Wörter pro Minute sprechen als ich an einem ganzen Tag. Die Verlaufskurve ihres Gesprächs folgt einem ganz bestimmten Muster – die Stimmen werden schneller und lauter, der Geräuschpegel schwillt an, bis Tiny, dessen Stimme die aller anderen überdröhnt, einen Witz macht und der Tisch vor Lachen explodiert. Daraufhin ist es für kurze Zeit ruhig, dann setzen die Stimmen wieder ein, und das Ganze steigert und steigert sich erneut bis zur erwartbaren Eruption. Sobald man dieses Muster einmal erkannt hat, ist es schwierig, nicht andauernd hinzuhören und auf den Knall zu warten. Aber ich konzentriere mich hartnäckig auf meine Enchiladas, stürze meine Cola runter und stehe dann auf.
    Tiny hält eine Hand hoch, um den Chor zum Schweigen zu bringen. »Wo willst du hin, Grayson?«
    »Muss was nachgucken«, sage ich.
    Ich kenne den ungefähren Standort von ihrem Schließfach. Es befindet sich in der Eingangshalle irgendwo gegenüber der Wandmalerei, auf der eine grob hingespinselte Ausgabe unseres Schulmaskottchens Willie the Wildkit in einer Sprechblase »Ein Wildkit respektiert ALLE Lebewesen« sagt, was auf mindestens vierzehn Ebenen eine ziemlich lächerliche Aussage ist, und um nur die vierzehnte und letzte zu nennen: So ein Wildkit gibt es in der Natur gar nicht. Willie the Wildkit an der Wand ähnelt entfernt einem Berglöwen, und ich bin zwar kein Experte in Zoologie, aber eins weiß ich ziemlich sicher, nämlich dass Berglöwen keineswegs alle Lebewesen respektieren.
    Also, ich steh so gegen die Willie-the-Wildkit-Wandmalerei gelehnt da, dass man fast glauben könnte, ich sei derjenige, der sagt, dass Wildkits alle Lebewesen respektieren, und da steh ich und warte ungefähr zehn Minuten und tu die ganze Zeit so, als wär ich mit irgendwas beschäftigt, und wünsche mir, ich hätte wenigstens ein Buch dabei, damit ich nicht so aggressiv nach einem Stalker aussehe, und dann klingelt es endlich und die Eingangshalle füllt sich mit Leuten.
    Jane tritt an ihr Schließfach, und ich mache ein paar Schritte in die Mitte der Eingangshalle, wo die Leute für mich auseinanderweichen, und dann mache ich einen Schritt nach links, um genau den richtigen Blickwinkel zu haben, und ich sehe, wie Janes Hand sich nach dem Schloss ihres Schließfachs ausstreckt, und spähe

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