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Will & Will

Will & Will

Titel: Will & Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , David Levithan
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die Bettkante und vergewissert sich erst mal, ob der Boden überhaupt noch da ist. Der Boden ist einfach immer da. Bis er auf einmal weg ist.
    Ich kann dem anderen Will Grayson nicht etwas vorwerfen, das bereits geschehen ist, bevor es den anderen Will Grayson gab. Das wäre einfach nur dumm. Und trotzdem.
    Und trotzdem kann ich nicht aufhören, an ihn zu denken, an ihn und seinen starren Blick, als er in Frenchy’s auf jemanden gewartet hat, der nicht existiert. In meiner Erinnerung werden seine Augen immer größer und größer, bis sie fast so groß sind wie die einer Manga-Figur. Und ich muss an den Jungen denken, Isaac, hinter dem ein Mädchen steckte. Aber was zwischen den beiden, zwischen dem anderen Will Grayson und Isaac, gesagt worden war und weshalb der andere Will Grayson bei Frenchy’s war und ihn treffen wollte, das blieb trotzdem gesagt. Es war wirklich.
    Plötzlich greife ich nach dem Handy auf meinem Nachttisch und rufe Jane an. Nur die Mailbox. Ich schaue aufs Display: 21:32 Uhr. Ich rufe Gary an. Er geht nach dem fünften Klingeln dran.
    »Will?«
    »Hallo, Gary. Weißt du, wo Jane wohnt?«
    »Ja. Und?«
    »Kannst du es mir bitte sagen?«
    Eine Pause. Dann: »Bist du als Stalker unterwegs, Will?«
    »Nein, ich schwör’s dir. Ich muss sie nur was wegen Physik fragen«, sage ich.
    »Du musst sie am Dienstagabend um halb zehn was wegen Physik fragen?«
    »Richtig.«
    »1712 Wesley.«
    »Und wo ist ihr Zimmer?«
    »Ich muss dich warnen, Mann, auf meiner Stalker-Messskala ist der Zeiger jetzt im dunkelroten Bereich.« Ich sage nichts und warte. Schließlich antwortet er: »Wenn du vor dem Haus stehst, ganz links.«
    »Super, danke.«
    Auf dem Weg zur Hintertür schnappe ich mir die Schlüssel von der Küchentheke. Dad fragt mich, wohin ich will, und ich versuch’s erst mal mit einem »Noch kurz raus«, aber das führt nur dazu, dass der Fernseher stumm gestellt wird. Dad steht auf und nähert sich mir bis auf wenige Zentimeter, wie um mir zu demonstrieren, dass er immer noch ein kleines bisschen größer ist als ich, und fragt dann noch einmal ernst und streng: »Mit wem und wohin?«
    »Tiny will mit mir noch was wegen seinem blöden Musical besprechen.«
    »Um elf bist du wieder da«, ruft Mom von der Couch.
    »Okey-dokey«, sage ich.
    Ich gehe die Straße entlang zu meinem Auto. Ich kann meinen Atem sehen, aber ich spüre die Kälte nicht, außer an meinen handschuhlosen Händen, und bleibe neben dem Auto noch eine Sekunde stehen, schaue in den Nachthimmel hoch, der über der Stadt im Süden eine orange
Färbung angenommen hat. Die entblätterten Bäume stehen still am Straßenrand. Mit einem Knarzen öffne ich die Autotür und fahre das nicht sehr lange Stück bis zu Janes Adresse.
    Ich parke ein paar Häuser weiter und geh dann zurück zu dem einstöckigen alten Haus mit der breiten überdachten Veranda. Solche Häuser kosten einiges. Im Zimmer ganz links brennt Licht, aber als ich vor dem Haus stehe, zögere ich. Vielleicht besser, ich klopf nicht. Was, wenn sie sich gerade auszieht? Was, wenn sie schon im Bett liegt und dann sieht sie plötzlich, wie sich ein unheimliches Jungsgesicht an ihr Fenster presst? Was, wenn sie mit Randall McTuntenquäker rumknutscht? Deshalb schick ich ihr lieber eine SMS: »Bitte versteh das nicht als Stalkertum: Ich bin draußen vor eurem Haus.« Es ist 21:47 Uhr. Ich beschließe, bis 21:50 Uhr zu warten und dann zu verschwinden. Eine Hand stecke ich in die Hosentasche, mit der anderen halte ich mein Handy und drücke jedes Mal auf eine Taste, sobald das Display erlöscht. 21:49 Uhr. Es dauert noch mal mindestens zehn Sekunden, bis die Haustür aufgeht und Jane nach draußen späht.
    Ich winke schüchtern, die Hand gerade mal in Stirnhöhe. Jane presst einen Finger auf die Lippen, schleicht dann theatralisch auf Zehenspitzen aus dem Haus und zieht vorsichtig die Tür hinter sich zu. Sie kommt die Eingangsstufen herunter, und im Lichtschein der Laterne über der Tür kann ich erkennen, dass sie ihren grünen Kapuzenpulli anhat, aber diesmal mit einer roten Flanellschlafanzughose und Socken. Nur Socken.
    Sie geht auf mich zu und sagt flüsternd: »Etwas unheimlich, aber schön, dich zu sehen.«
    Und ich sage: »Ich habe eine rein naturwissenschaftliche Frage.«
    Sie lächelt und nickt. »Verstehe. Du willst wissen, wie es wissenschaftlich möglich ist, dass du so hinter mir her bist, seit ich einen Freund habe, während du vorher überhaupt kein Interesse an mir

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