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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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zwanzig Meter noch ausspähen konnte, das aber dann alles in einer grünen Masse von üppiger Vegetation zu verschlucken schien, war es schwierig, sich vor Angriffen zu schützen.
    Als er in die   hospidaje   zurückkehrte, saß der Rest der Brigade auf der Veranda und aß. Die Chefin des Hauses hatte extra einen Truthahn geschlachtet, und so gab es Reis, Bohnen und Fleisch. Nach den schon geleerten Flaschen auf den Tischen zu urteilen, schien es auch unbegrenzt Bier zu geben. Dunker nahm auf einem wackeligen Stuhl Platz und ließ sich ebenfalls einen vollen Teller bringen. Er griff sich eine der ungeöffneten Bierflaschen und erzählte den anderen von dem Kalb mit den zwei Köpfen. Über seine Eindrücke in der Dämmerung am Ende der Stadt schwieg er.
    Die Nacht in der   hospidaje   verlief für die meisten Brigadisten etwas unruhig. In den hohlen Trennwänden zwischen den fensterlosen Zimmern schien eine ganze Reihe von Kreaturen zu hausen. Mäuse und Eidechsen rumorten in den Hohlwänden, und auch die Moskitos gingen in der schwülen Nacht zum Angriff über. Am kommenden Morgen waren viele der Bridgadisten übernächtigt. Einige auch ziemlich zerstochen – sie hatten geschwollene Gesichter.
    Nach dem Frühstück warteten alle auf die ersehnte Auskunft des CNSP, dass sie weiterfahren konnten. Es wurde Schach gespielt, und eine Brigadistin verteilte Knoblauchzehen. Deren Geruch sollte die Mücken fernhalten können.
    Renate kam mit einem Mitarbeiter des CNSP auf die Terrasse und teilte mit, dass noch keine Genehmigung für ihre Weiterfahrt vorliegen würde. Sie sollten sich noch etwas gedulden und ihrem Begleiter zuhören, der etwas über seine Arbeit und die Region 5, zu der Juigalpa gehörte, erzählen wollte. Der CNSP-Vertreter war ein schlaksiger, junger Mann in uniformähnlicher, beiger Kleidung. Er berichtete über die Landreform, und dass eintausendsechshundert   mansanas   an die Bauern verteilt worden waren. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass eine mansana etwa 2,4 Hektar entsprach. Viele Bauern hatten sich anschließend zu Kooperativen zusammengeschlossen, und heute wurden in dieser Gegend fast fünfzig Prozent des gesamten Maisaufkommens des Landes angebaut. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage und der fehlenden Infrastruktur verbliebe der Mais leider in der Region und würde an Schweine verfüttert werden. Diese würden dann irgendwann in die Städte transportiert, und auf diesem Wege käme der Mais sinnbildlich dann doch noch nach Managua.
    Noch während seines Vortrages kam ein weiteres Mitglied des CNSP zu den Brigadisten und unterbrach seinen Kollegen. Die Bezirksregierung hatte zugestimmt, dass sie ihre Reise bis nach Nueva Guinea, der nächstgelegenen Stadt auf ihrem Weg, fortsetzen konnten. Eine Militäreskorte würde es zwar nicht geben, aber ein weiterer Lkw wollte sich der Brigade anschließen.
    Eilig packten die Brigadisten ihre Sachen zusammen und beluden ihren Lkw. Eine blaue IFA kam die Straße heruntergefahren und hielt genau hinter ihnen. Wie sich herausstellte, war sie mit mechanischen Nähmaschinen beladen, Spenden aus Europa, die für ein Frauenprojekt in Nueva Guinea bestimmt waren. Als es losgehen sollte, waren die Brigadisten verwundert, dass sie vorweg fahren sollten. Aber der IFA-Fahrer bestand darauf. Er betonte mehrmals, dass die Nähmaschinen wichtiger seien als ein paar Brigadisten. Für die meisten eine beunruhigende Haltung.
    Nachdem sie Juigalpa verlassen hatten, begann es zu regnen. Nicht so wie in Managua, sondern schwächer, aber dafür stetig. Die Straßen wurden lehmiger, und der Lkw musste an den Steigungen der Berge jetzt besonders langsam fahren, um nicht in den Graben zu rutschen. Zu beiden Seiten der Straße und auf den nahen Hügeln war alles dicht mit Gestrüpp und kleinen Bäumen zugewachsen. Wenn hier irgendwo noch die Contra lauern würde, hätte die Brigade keine Chance gehabt, ihnen zu entgehen.
    In Senken mussten die Lkw kleine Flüsse queren. Wenn es Brücken gab, waren diese von sandinistischen Soldaten bewacht und gesichert. Überhaupt sahen die Brigadisten nun immer mehr Soldaten und militärisches Gerät. Truppenverbände standen mit ihren Lkw abseits der Straße, Jeeps mit angehängten Geschützen überholten sie. Die Brigade war im Kriegsgebiet angekommen.
    Der Regen hatte aufgehört, als sie Nueva Guinea endlich erreichten. Der Himmel war noch von Wolken verhangen. Wärme und Feuchtigkeit klebten sich regelrecht an die

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