Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
Vom Netzwerk:
Ein fingerdickes Rohr schaute in Kopfhöhe aus der Wand, etwas weiter darunter war ein verrostetes Rad für den Wasserhahn. Besser als keine Dusche, dachte Dunker. Das Klima war schwüler geworden. Es waren vielleicht noch gerade dreißig Grad, also bei weitem nicht mehr so heiß wie in Managua, aber die Luftfeuchtigkeit hatte hier in der höheren Lage stark zugenommen. Man brauchte sich nicht lange zu bewegen, und die Kleidung klebte einem am Körper. Er entschloss sich, vor dem Schlafen noch zu duschen, aber jetzt erschien es ihm nicht ratsam. Vielmehr wollte er sich in der Stadt umsehen. Schließlich war es noch hell, und wer wusste, ob er jemals wieder hierher kommen würde. Leider konnte er keinen seiner Mitstreiter dazu bewegen, ihn zu begleiten, und so machte er sich allein auf den Weg. Was ihm gar nicht so recht war. Es war immer besser, mindestens zu zweit unterwegs zu sein.
    Christian Dunker schlenderte die Hauptstraße entlang. An einer Kreuzung entschied er sich, nach rechts abzubiegen. Auch diese Straße war breit, aber unbefestigt. Die festgefahrene Erde schimmerte dunkelrot in der Sonne. Obwohl die Straße schlechter war als die Hauptstraße, tauchten hier große, mehrgeschossige Steinhäuser auf. Alle in spanischem Stil verziert und sehr gepflegt. Hier schienen die Wohlhabenden Juigalpas ihr Zuhause zu haben. In den Einfahrten vor den Garagen standen große Jeeps oder Pick-ups. Nicht ganz neu, aber gepflegt. Die dahinterliegenden Grundstücke waren angelegt und befanden sich sicher in den Händen von Gärtnern.
    Christian Dunker sah, dass sein weiterer Weg zwangsläufig in eine Armensiedlung führen würde. Hinter einer dicht überwucherten Freifläche sah er schon die niedrigen, kleinen Bauten von Holzhäusern. Jetzt wurde ihm bewusst, dass er seit dem Verlassen der   hospidaje   nicht einem Menschen auf der Straße begegnet war. Es wurde ihm ein wenig unheimlich, und er entschloss sich, zurück ins Zentrum zu gehen.
    Als er die Hauptstraße wieder erreichte, entdeckte er nach einigen Metern ein Hinweisschild auf ein Heimatmuseum. Er bog ab und stand nach wenigen Minuten vor einem hallenartigen Bau, vor dem im Eingangsbereich steinerne Stehlen aufgestellt waren, die ihn an die Figuren auf den Osterinseln erinnerten. Nur kleiner. Er ging den schmalen Weg zum Eingang und trat ins Museum ein. Auch hier war niemand zu sehen. Die Tür stand einfach offen. Innen gab es nur spärliches Licht. Die heimatkundliche Sammlung war ziemlich unsortiert, und nur selten beschrieben kleine Tafeln die Exponate. Besonders fiel Christian Dunker ein ausgestopftes, zweiköpfiges Kalb auf, das in einer gläsernen Vitrine ausgestellt war. Aber dieses Museum begeisterte ihn nicht. Er verließ es alsbald und rechnete sich aus, dass er, wenn er der Straße folgen würde, an der Rückseite der   hospidaje   herauskommen müsste. Doch er hatte sich getäuscht. Nachdem er die Straße weiter entlanggegangen war, hörte die Ortschaft einfach auf. Seine Hoffnung, dass ihn eine Stichstraße wieder zurückführen würde, wurde enttäuscht. Trotzdem ging er weiter. Als die Dämmerung einsetzte, wurde ihm klar, dass er leichtsinnig geworden war. Das Tageslicht erlosch langsam aber stetig, und eine Straßenbeleuchtung gab es nicht. Abseits der Straße, etwas tiefer gelegen, sah er drei Männer, die auf Pferden einen schmalen Pfad entlangritten. Waren sie Freunde, waren sie Feinde? Er war froh, dass er nicht so einfach gesehen werden konnte. Er erklomm einen höhergelegenen Hügel, um eine bessere Rundumsicht zu erlangen. Von irgendwoher hallten Schüsse. Mündungsfeuer konnte er nicht ausmachen. Als er entfernt die Straßenlaternen der Hauptstraße Juigalpas entdeckte, merkte er, wie weit er gegangen war. Wieder hörte er Schüsse. Ihm wurde mulmig. Auch von seinem erhöhten Standort war eine Stichstraße, die ihn zurückführen konnte, nicht zu finden. Also wählte er die einzig sichere Variante, nämlich genau den Weg zurückzugehen, den er gekommen war. Er brauchte fast eine Stunde, bis er erleichtert wieder vor den mittlerweile verschlossenen Toren des Heimatmuseums stand. Jetzt fühlte er sich sicherer. Ihm wurde klar, dass die Landschaft außerhalb der Ortschaften völlig unübersichtlich war; besonders in der Dunkelheit. Es war ein Leichtes sich zu verstecken oder sich verdeckt anzuschleichen. Er verstand nun, warum es nicht so einfach war, konterrevolutionäre Söldner zu bekämpfen. In einem Gelände, das man vielleicht auf

Weitere Kostenlose Bücher