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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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ihr Telephon vielleicht abgehört wurde. „Ich bin gerade einkaufen. Wir treffen uns im Engel. Dann können wir zusammen essen. Ich habe einen Riesenhunger!“
    Behrmann erwiderte, dass er sich sofort auf den Weg machen würde. Er war noch in den Katakomben des Präsidiums, die natürlich keine waren. Aber ganz unzutreffend war diese Bezeichnung für das Untergeschoss, in dem der Erkennungsdienst residierte, auch nicht. Schließlich befasste er sich im Keller des Präsidiums ja mit den Toten. Wenn auch meistens nur mit einer winzig kleinen Spur von ihnen.
    Mechthild radelte das Steintor entlang. Kurz vor der Sielwallkreuzung fiel ihr eine Reklame im Schaufenster eines Afro-Shops auf: „Supergünstige Prepaid-Handys“. Sie hielt an und kaufte sich eines. Bevor es weiterging, sandte sie eine SMS mit ihrer neuen Telephonnummer an Klaus Haschner. Sicher war sicher.
    Vor dem Café Engel hatte es sich Fritz Behrmann schon an einem Tisch unter der roten Markise gemütlich gemacht. Als Mechthild mit ihrem Fahrrad ankam, ging er schnellen Schrittes zu ihr hinüber. Dann schlang sie ihre Arme um ihn und presste sich fest an seine Brust. Behrmann legte zärtlich seine Hand hinter ihren Kopf, durchstreifte ihr Haar und küsste sie auf die Stirn. „Ich liebe dich, Mechthild“, säuselte er leise. Das tat ihr gut. In diesem Augenblick des Glücks vergaß sie all die Not, in der sie sich gerade befand.
    „Komm, lass uns drinnen sitzen. Jetzt, wo alle bei dem Wetter auf der Terrasse sitzen wollen, sind wir dort unter uns“, bestimmte Mechthild und zog ihren Geliebten ins Innere des Engel. Sie setzten sich hinter ein paar Pflanzen an ein Fenster, und Fritz winkte einem jungen Mann zu, der hinter der Theke an einem Kaffeeautomaten hantierte.
    In Theke und Rückbüfett des Engel waren Teile der Einrichtung der hier ehemals ansässigen, gleichnamigen Apotheke verarbeitet worden. Das gab dem Café zusammen mit den etwas kitschigen Boticelli-Engeln an der Wand einen gemütlichen, nostalgischen Charakter. Nachdem die beiden ihre Bestellung aufgegeben hatten, bemerkte Fritz Behrmann, dass Mechthild wie unauffällig immer wieder zwischen den Pflanzen auf der Fensterbank nach draußen auf den Ostertorsteinweg blickte. „Erwartest du noch jemanden?“
    Mechthild sah ihn an. „Besser nicht“, gab sie ernst zurück, und Behrmann hatte das Gefühl, als wäre seine Geliebte den Tränen nahe. Er ergriff ihre Hände und schloss sie fest in seine ein. „Was ist los? Ich seh doch, dass dich irgendetwas bewegt. Mir kannst du doch alles sagen.“
    Mechthild nickte. Fritz Behrmann hatte recht. Wenn sie ihm nicht mehr vertrauen würde, gab es niemanden mehr auf der Welt, mit dem sie sprechen konnte. Sie nahm einen kräftigen Schluck Rotwein und erzählte dann von ihrem neuesten Coup: wie sie den Verfassungsschützer losgeworden war und was sie mit Haschner besprochen hatte.
    „Dafür kannst du ganz schön viel Ärger bekommen“, kommentierte Behrmann, „aber ich glaube, dass du das Richtige getan hast. Ich mache mir schon seit einiger Zeit große Sorgen um dich. Seit dem Anschlag auf Ayse denke ich, dass es genauso auch dich hätte treffen können. Ich hoffe, du hast immer deine Waffe dabei.“
    Mechthild hatte feuchte Augen bekommen und schniefte, als sie Behrmann demonstrativ ihre Umhängetasche zeigte und sie beruhigend mit der Hand tätschelte. „Keine Sorge, Fritz. Die ist immer dabei.“
    Behrmann blieb ernst. „Und was denkst du, wie geht es weiter?“
    „Wenn Haschner etwas rauskriegt ... Konspirativ geht’s dann weiter. Konspirativ.“
    Fritz Behrmanns Sorgen wurden nicht kleiner. Nach dem Essen schlug er seiner Geliebten vor, die Nacht bei ihm zu verbringen. Es bedurfte keiner großen Überredungskunst: Mechthild wollte gar nichts anderes. Bei Behrmann angekommen, kuschelten sie sich im Bett aneinander, schliefen zärtlich miteinander, legten ihre Gesichter ganz nah beisammen und flüsterten sich die halbe Nacht ihre Träume, manch eine Phantasterei und ihre Wünsche zu. Gemeinsame Wünsche. Bis ihnen vor Müdigkeit die Augen zufielen. Sie schmiegten sich Arm in Arm aneinander und schliefen ein. In dieser Nacht dachte keiner der beiden an den toten Christian Dunker und die verwirrenden Ermittlungen. In dieser Nacht waren sie geborgen im warmen Haus ihrer Liebe.
    Prompt verschliefen beide am kommenden Morgen. Hektisch hatte Fritz Behrmann Mechthild aus dem Schlaf geholt, hielt ihr das Zifferblatt seiner Armbanduhr vor die Nase

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